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Rassismus in den USAWarum Trump Programme gegen Polizeigewalt abräumt

Leon Holly
Kommentar von Leon Holly

Der US-Präsident spielt mit Ressentiments: Wenn er Polizeigewalt weniger verfolgen will – und wenn er von einem „Genozid“ in Südafrika spricht.

Los Angeles, 21. Mai: Gedenkmarsch für George Floyd, der am 25. Mai 2020 von einem Polizeibeamten getötet wurde Foto: Ethan Swope/ap

F ür das Timing seiner kleinen und großen Grausamkeiten hat Donald Trump ein gutes Gespür. Es war bestimmt kein Zufall, dass seine Regierung mehrere Programme gegen rassistische Polizeigewalt einstellt, wenige Tage bevor sich die Tötung des Afroamerikaners George Floyd durch einen Polizisten zum fünften Mal jährt. In Minneapolis hatte sich der Beam­te Derek Chauvin damals fast zehn Minuten lang auf Floyds Hals gekniet und ihm die Atemwege abgeklemmt. Floyd rief mehrmals: „Ich kann nicht atmen“, bevor er starb.

Das Justizministerium hatte mit der Stadt Minneapolis daraufhin eine längst überfällige Abmachung ausgehandelt, laut der der Bund rassistische Übergriffe der Polizei und Amtsmissbrauch kontrollieren konnte. Dieses Abkommen kündigt Trump jetzt auf – nicht nur für Minneapolis, sondern auch für Louisville im Bundesstaat Kentucky. In mehreren anderen Städten – darunter Memphis, Phoenix und Oklahoma City – stellt das Justizministerium außerdem noch Untersuchungen gegen Bürgerrechtsverletzungen von Polizeistellen ein.

Nach der Tötung Floyds war unter dem Motto „Black Lives Matter“ eine riesige Protestwelle durchs Land gezogen. Konservative sahen diese Demos als Gefahr für Recht und Ordnung. Dabei ging es jedoch um sehr viel mehr als um die gewaltsamen Ausschreitungen und Plünderungen mancherorts. Wenn die Rechten die Polizei als „dünne Linie“ zwischen Ordnung und Chaos feiern, dann geht es ihnen um die Aufrechterhaltung des Status quo. Und zu dem zählt, neben der langen Tradition der weißen Vorherrschaft und der Gewalt gegen Minderheiten, auch die ökonomische Benachteiligung der Schwarzen, die auf die Zeit der Sklaverei zurückgeht.

Gleichzeitig fühlen sich Rechte vom Szenario einer USA bedroht, in der die Weißen bald weniger als die Hälfte der Bevölkerung stellen, die Mehrheit also ethnisch divers ist. Und der Präsident weiß ganz genau, wie er die Ängste seiner Basis nutzen kann.

Projektion auf Südafrika

Trump spielt eine ähnliche Melodie, wenn er den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa ins Oval Office einlädt, um dort den Verschwörungsmythos vom „Genozid“ an der weißen Minderheit in Südafrika auszubreiten, oder wenn er 59 weiße Afrikaaner als „Flüchtlinge“ in die USA holt. In Wahrheit sucht Südafrika mit seinen Landreformen das Unrecht aus der Apartheidzeit auszugleichen, und Trump sorgt sich nicht um weiße Farmer, sondern um die südafrikanischen Wirtschaftsinteressen seiner Oligarchenfreunde.

Bislang bleibt es auf den Straßen der USA recht ruhig – doch die nächste Protestwelle sollte niemanden verwundern.

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Leon Holly
Jahrgang 1996, studierte Politik und Nordamerikastudien in Berlin und Paris. Von 2023 bis 2024 Volontär der taz Panter Stiftung. Schreibt über internationale Politik, Kultur, und was ihn sonst so interessiert.
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9 Kommentare

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  • Der Staat hat ein Gewaltmonopol, entsprechend ist Polizeigewalt an sich erstmal legitim, die Frage, die sich stellt, ist stets nur die nach der Verhältnismäßigkeit. Aktivisten behaupten freilich sie gingen nur dann auf die Straße, wenn diese Verhältnismäßigkeit verletzt wurde, doch tatsächlich ist die Unterstellung von unverhältnismäßiger Gewaltanwendung längst zu einem Reflex verkommen, der jedes Mal greift, wenn das vermeintliche Opfer einer Minderheit angehört und das völlig abseits der (anfangs meist völlig unklaren) Sachlage. Das gilt mitunter selbst dann, wenn die Polizisten selber Schwarz sind.

    Von daher: Ja, Trump spielt mit Ressentiments, doch da ist er in bester Gesellschaft, denn die Aktivisten sind in dieser Hinsicht nicht anders als er.

  • "...oder wenn er 59 weiße Afrikaaner als „Flüchtlinge“ in die USA holt."



    Das klingt in Wort und Inhalt aber 1:1 nach einer blau getarnten Partei...

  • Das ist purer Faschismus und erst der Anfang. Hoffentlich wird die Demokratische Partei nun endlich mal wach und hält dagegen. Es ist unverständlich, wieso das nicht längst geschieht.



    Doch in einem sollten wir Deutschen vorsichtig sein: Strafverfolgung und entsprechende Strafen für Übergriffe deutscher Polizisten werden auch sehr gern vermieden oder bagatellisiert. Oldenburg ist eines !! vieler Beispiele. Die Politik -vor allem die CSDU- sieht ungerührt zu oder verhindert gar eine wissenschaftliche Aufarbeitung rechtsextremer Tendenzen in unserem Polizeicorps. Noch ist es nicht zu spät, jedoch spätestens Kanzlerin Weidel oder Kanzler Höcke wird das nutzen - wir kennen schon aus unserer Geschichte was dann passiert. Doch dann ist es zu spät....

  • Es scheint, als dürften nur noch zertifizierte Rassisten in die USA einreisen.

  • Eine erschreckende Nachricht überholt die andere, was diesen diktatorischen Unhold angeht. Dieses vor Selbstgefälligkeit strotzende Land (in seiner eigenen Einschätzung, eine uralte Demokratie mit Offenheit/Möglichkeiten für alle zu sein) hat mich trotz landschaftlicher Schönheiten noch nie gereizt. Aber jetzt würde ich erst Recht keinen Fuß mehr auf diesen Boden setzen und auch jedem anderen davon abraten.

  • Das ist schlimm. Wenn erstmal die Polizei Gewalt unbestraft ausüben kann braucht man nicht mehr auf andere Zeichen zu warten.

  • ''auch die ökonomische Benachteiligung der Schwarzen, die auf die Zeit der Sklaverei zurückgeht.''



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    Die Sklaverei und auch die Zeit danach.



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    Nach dem 2WK konnten die Veteranen sehr guenstig an Haeuser kommen, nur eben nicht die Schwarzen. Das war eine enorme Benachteiligung, weil letztere so kein Vermoegen im selben mass aufbauen konnten, wie Weisse US Amerikaner. Die Segregation der Viertel haelt zum Teil sogar bis heute an, wenn auch illegal. Selbst jetzt noch werden POC benachteiligt. Wenn eine schwarze Frau von einem Makler einen niedrigeren Hauspreis geschaetzt bekommt zum Bsp., als wenn ein Weisser sich als Inhaber des selben Objektes ausgibt. Auch sind Giftige Industrieanlagen oder Giftmuellhalden meisst in Vierteln mit ueberdurchschnittlich vielen Farbigen. Usw. usw.



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    Waere ja schoen wenn die Sklaverei das einzige dunkle Kapitel des Landes gewesen waere.

  • To be clear: Die Trumpfamilie ist rassistisch. Schon immer gewesen. Trump lässt seit Amtsantritt systematisch People of Color, Frauen und queere Menschen aus allen Behörden und dem Militär entfernen, tauscht sie gegen weiße christliche Heteromänner aus. Er lässt sogar Vitas und Einträge auf öffentlichen Webseiten löschen. Auf seinen Wahlkampfveranstaltungen wimmelte es nur so von fanatischen Christen, Rechtsradikale und Neonazis, die ganz offen mit der Hakenkreuzfahne aufgetreten sind. Nicht zu vergessen, sein Stunt, den er in einer Kirche einer schwarzen Gemeinde veranstaltet hat. Schwarze durften nicht rein, die Kirche war ausschließlich mit weißen Trumpanhängern gefüllt, die T-Shirts mit der Aufschrift "Blacks for Trump" trugen und ihn gefeiert haben. Also seine rassistische Agenda sollte wirklich niemanden mehr überraschen.

    • @Minelle:

      Überraschen tut beim gar nichts mehr.