Rassismus in US-Gastronomie: Polizeizugriff im Waffle House
Nach der Festnahme schwarzer Männer bei Starbucks, kursiert nun ein Video, das zeigt, wie Beamte in Alabama eine schwarze Frau zu Boden werfen.
Ein weißer Polizeibeamter steht neben einer schwarzen Frau, die auf einem Barhocker sitzt. Die linke Hand des Polizisten liegt auf ihrem Nacken, seine rechte greift nach dem rechten Handgelenk der Frau. Diese blickt ängstlich, der Polizist versucht beide Hände zu halten. Dann springt das Video.
Man sieht, wie zwei Polizisten die Frau auf den Boden drücken. Die Frau fragt an einem Punkt: „Was machen Sie?“. Einer der Polizisten antwortet: „Ich werde deinen Arm brechen, das werde ich machen.“ Beim Zugriff verrutscht das Top der Frau, und ihre Brüste werden sichtbar.
Der Vorfall ereignete sich in der Nacht von Samstag auf Sonntag in einer Filiale der Kette Waffle House in Saraland im US-Bundesstaat Alabama. Die Betroffene heißt Chikesia Clemons. Das Video hat eine Freundin der 25-jährigen gefilmt.
Streit um Plastikbesteck?
Die Nachrichtenseite AL.com berichtet später unter Berufung auf die Mutter der jungen Frau, Chiquitta Clemons-Howard, dass sich der Vorfall wegen einer Auseinandersetzung um Plastikbesteck ereignet habe: Clemons habe danach gefragt. Eine Mitarbeiterin der Waffle-House-Filiale habe 50 Cent dafür verlangt. Laut Angaben ihrer Mutter habe Clemons nach einer kurzen verbalen Auseinandersetzung nach den Kontaktdaten des Managers gefragt, um sich bei diesem beschweren zu können. Die Polizei sei aufgetaucht, als ihre Tochter noch auf die Karte des Managers gewartet habe.
Die Polizei von Saraland äußerte sich zunächst auf ihrer Facebook-Seite zu dem Vorfall. Wenige Stunden nach der Festnahme erklärte sie dort, dass die Behörde sich bewusst über die Verbreitung des Videos im Internet sei und die Situation gründlich untersuche.
Waffle House: „Der Zugriff war angemessen“
Montagmittag meldete sich auch Waffle House, das mehr als 2100 Filialien in 25 US-Bundeststaaten betreibt, zu Wort: Man werte immer noch Informationen aus, klar sei aber bereits: Nach Prüfung der Aufnahmen der Sicherheitskameras und der Angaben von Augenzeugen sei der Polizeieinsatz angemessen gewesen.
In einem Artikel der Washington Post von Montagabend heißt es, Clemons, eine Freundin und ein Freund – beide ebenfalls schwarz –, mit denen sie sich im Restaurant aufgehalten habe, seien bei dem Vorfall unter Alkoholeinfluss gewesen. In einer Pressekonferenz erklärte die Polizei am Montagnachmittag, dass sich die drei Personen aggresiv verhalten sowie Mitarbeiter des Restaurants beschimpft und bedroht hätten.
Laut Polizeisprecher Collette Little sei ein Notruf eingegangen, in dem eine Waffle House-Mitarbeiterin mitgeteilt habe, dass drei Personen das Lokal mit Alkohol betreten hätten. Die Gäste seien darauf hingewisesen worden, dass dies nicht erlaubt sei und sie den Raum verlassen sollten. Nach ein paar Minuten sei die Situation zwischen Gästen und Personal eskaliert, so Little, der das Vorgehen der Polizei rechtfertigte. Polizist Brian Mims sagte, die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Vorfall in keinerlei Zusammenhang mit Rassismus stehe.
Grundlose Festnahmen bei Starbucks
Der Polizeiansatz in Alabama erregt die Gemüter – auch wenn sich die Angaben von Polizei und Mutter der Betroffenen widersprechen. Bereits am 12. April wurden in Philadelphia zwei schwarze Männer in einer Starbucks-Filialie festgenommen, wegen angeblichem Hausfriedensbruch. Andere Kunden empörten sich damals über den Polizeieinsatz, für den sie keinen Grund sahen. Die Wut war dermaßen groß, dass die Polizei sich bei den beiden Männern entschuldigte und Starbucks erklärte, dass das Unternehmen am Nachmittag des 29. Mai landesweit 8.000 Filialien schließen werde, um ein Antirassismus-Training mit 175.000 Angestellten durchzuführen.
Nach Angaben von Al.com protestierten Mitglieder der schwarzen Community Sonntagnachmittag auf dem Parkplatz von Waffle House in Saraland gegen den Polizeieinsatz. Auf einem Video, das auf Twitter geteilt wurde, sieht man, wie die Polizei gegen einzelne Protestierende vorgeht.
Viele zeigen sich unter dem Hashtag #WaitingWhileBlack verärgert und stellen den Vorfall in Saraland explizit in Zusammenhang mit den Festnahmen in der Starbucks-Filialie in Philadelphia. Darunter finden sich auch prominete Stimmen wie die des Musikers Chance the Rapper: „Das ist falsch, das ist unfair und passiert sehr vielen Frauen, wenn keine Kameras da sind.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen