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Rassismus in Thüringen42 Prozent fühlen sich „überfremdet“

Es leben nur 2,3 Prozent Ausländer in Thüringen, aber 42 Prozent der dortigen Bevölkerung haben Angst vor ihnen. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung der Uni Jena.

Diese NPD-Demonstranten im thüringischen Gera fühlen sich ganz bestimmt auch „überfremdet“ Bild: dpa

ERFURT dpa | Die Ressentiments der Bürger in Thüringen gegenüber Ausländern sind trotz deren geringen Anteils an der Bevölkerung weiterhin hoch. Bei einer Untersuchung der Universität Jena im Auftrag der Landesregierung meinten 42 Prozent, Deutschland sei durch Ausländer „überfremdet“.

Das geht aus dem Thüringen-Monitor hervor, den Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Donnerstag mit einer Regierungserklärung dem Landtag vorlegte. Danach sank der Anteil der Menschen mit Ängsten und Ressentiments gegenüber Ausländern: Zwischen 2001 und 2010 lag er im Durchschnitt noch bei 53 Prozent, 2012 bei 49 Prozent. Für die jährliche Untersuchung zu Stimmungen in der Bevölkerung werden 1012 Menschen befragt.

Auch wenn die Ängste vor Ausländern auf den bisher niedrigsten Wert gesunken seien, sei dieser Wert bei einem Ausländeranteil von 2,3 Prozent in Thüringen nur schwer erklärbar, sagte Lieberknecht. „Wir wollen ein weltoffenes, der Welt zugewandtes Thüringen“, erklärte die CDU-Politikerin. „Wir stehen für eine Willkommenskultur in unserem Land.“

Es sei eine Chance für die Thüringer, aber auch die Wirtschaft mit ihren Nachwuchsproblemen, wenn motivierte und gut qualifizierte Menschen aus dem Ausland in den Freistaat kämen.

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17 Kommentare

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  • J
    Jenaer

    Bei der letzen Wahl gab es in Thürigen mehr 2. Stimmen für die NPD als für die Grünen. Noch Fragen?

  • 3
    3kurze

    1012 Befragte sprechen für ein ganzes Bundesland. Das ist ja so ein Schwachsinn wie der Deutschlandtrent der ARD und ZDF.

    Aber hier steht es wenigstens noch mit im Artikel was bei den politisch gesteuerten ÖR ja teilweise schon nicht mehr zu erwarten ist.

  • G
    Gast

    Ich wünschte hier wäre ein echter Meinungsaustausch. Leider wird meine Meinung immer wieder zensiert

  • In wie weit man Deutschland (!) für überfremdet hält, hat nichts mit dem Ausländeranteil im befragten Bundesland zu tun.

     

    Dann hätte die Frage anders gestellt werden müssen.

    So viel analytisches Wissen sollte auch in der Uni Jena vorhanden sein; aber wahrscheinlich brauchte man dringend wieder mal einen Aufhänger bezüglich des "Rassismus in der Mitte der Gesellschaft"; so kurz vor Weihnachten muß der deutsche Michel dringendst mal wieder zurechtgebogen werden.

     

    Für mich stellt sich aber auch die spannende Frage, ab welchem Anteil man denn überhaupt von einer Überfremdung reden darf- ich denke da an Schulklassen mit 100% Ausländeranteil.

    Wäre da der Punkt erreicht, oder ist es der erstrebenswerte Zielzustand, auf den es deutschlandweit mit aller Kraft hinzuarbeiten gilt?

     

    Gruß

    Beteigeuze

  • „Ausländer kommen hierher, um unser Sozialsystem auszunutzen“

    Das ist O-Ton Friedrich, fka Innenminister.

    • @vic:

      Quelle?

      • @Beteigeuze:

        Panorama, Monitor, Frontal21?

        Tut mir leid, so genau weiß ich das nicht mehr. Aber ich weiß es.

        • @vic:

          Na ja, das ist zwar nicht überzeugend, aber ich will es Dir dann einfach mal glauben.

           

          Kommen wir zum Inhaltlichen:

          Was ist falsch an der Aussage?

           

          Gibt es keine Ausländer, die hierher kommen, um unsere Sozialsysteme auszunutzen?

  • I
    Ichbineinmensch

    gibt's auch Daten zu anderen Bundesländern?

  • WU
    what's up

    Ganz klarer Fall von Measurement Error. Die Befragten haben die Fragen falsch verstanden. Die Ergebnisse sind verzerrt. Die Untersuchung ist eigentlich für die Tonne.

  • D
    Danni

    Mit Fragestellungen und Einordnungen dieses Thüringen-Monitors habe ich so meine Probleme.

    Wenn also die Zustimmung zur abgefragten Aussage:

    „Die Bundesrepublik ist durch Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet“ in der Studie ohne weitere Begründung pauschal als allgemeine Fremdenfeindlichkeit,

    oder andererseits die Verneinung der Aussage:

    „Die meisten Muslime in Deutschland akzeptieren unsere Werte, so wie sie im Grundgesetz festgeschrieben sind“, als „Islamfeindlichkeit“(!) und damit Teil einer rechtsextremistischen(!) Einstellung gewertet wird, ist das für mich genau so ein Unsinn wie der, dass die taz die Bejahung der ersten Aussage in der Überschrift flugs zu „Rassismus“ ummünzt.

    Mit ähnlich abenteuerlichen Schlussfolgerungen hatte sich vor einiger Zeit schon die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Rechtsextremismus in Ostdeutschland hervorgetan, wo manipulative Fragestellungen und daraus resultierende Aussagen wie „Ausländer kommen hierher, um unser Sozialsystem auszunutzen“ Beleg für in der gesellschaftlichen Mitte verankerten Rechtsextremismus waren.

    Jedem Interessierten ist die komplette Lektüre dieses Thüringen-Monitors nur zu empfehlen.

    Die irreführenden und pauschalisierenden Zusammenfassungen der Autoren dieser Studie, die von den meisten Medien offenbar ohne eigene Recherche übernommen wurden, zeichnen ein verzerrendes und teilweise falsches Bild, das nach eigener Lektüre dieses Berichts wohl schon etwas anders aussehen würde.

  • K
    Kaboom

    So langsam merken die Ossis, dass es einfach nicht mit ihrer Mentalität zusammenpasst, dass die keine Mauer mehr haben.

    Aber wenigstens gibt es eine Partei, die die Belange der Ossis vetrtritt: Die PARTEI. Die PARTEI ist die einzige Partei, die sich vorbehaltlos für den sofortigen Wiederaufbau der Mauer einsetzt.

  • DQ
    Don Quichote

    Dass Rassismus umgekehrt korreliert ist mit dem Prozentsatz an Ausländern in der Bevölkerung ist an sich nichts Neues (muß aber nicht sein). Es legt nahe, daß das Problem Rassismus viel mit Unvertrautheit, Mangel an Kontakten und dementsprechend hohem Freilauf für z.T. hysterische Projektionen zusammen hängt.

     

    Ich arbeite täglich mit Ausländern aller Art zusammen und komme mir vor wie Don Quichote, wenn ich sehe wie wenig diese verzerrten Bilder, die von gewissen Medien gefüttert und ausgenutzt werden, mit der Realität zu tun haben. Befragt man Migranten zu sehr deutschen Werten wie Arbeit, Ehrlichkeit oder Tüchtigkeit stellt man immer wieder fest, wie sehr sie diesbezüglich eigentlich schon integriert sind. Der Respekt Deutschland und den Deutschen gegenüber ist bei Neuankömmlingen systematisch sehr hoch, bröckelt jedoch umso länger sie schon hier sind und ihre sehr positiven Projektionen von der Realität eingeholt werden.

    • G
      gast
      @Don Quichote:

      umgekehrt auch

  • N
    noeffbaux

    Wie lautete die Frage in dieser Umfrage denn genau?

     

    Ich gehe davon aus, dass viele Bürger dieses "Überfremdungsgefühl" schnell haben dürften; da ist es hilfreich, in einer Stadt wie Mannheim oder in Berlin aufzuwachsen und sich frühzeitig daran zu gewöhnen, dass Mustafa und Fatma genau so nett sind, wie Christine und Torben!

  • Das Problem ist, dass der Begriff "Überfremdung" ziemlich schwammig ist. Für manchen ist bereits ein Schwabe fremd, für andere muss es schon jemand sein, der kein deutsch spricht oder so aussieht, dem nächsten ist eine NPD-Horde höchst fremdartig.

     

    Der Anteil der Berliner, die sich durch Schwaben und andere deutsche Bevölkerungsteile überfremdet fühlen, dürfte jedenfalls ähnlich hoch sein. Und der Grüne Ströbele hat in Berlin sogar auf einem Kiez gegen McDonalds demonstriert, weil das "da nicht hingehöre".

     

    Stellt sich nur noch die Frage, warum der Anteil derer, die sich überfremdet fühlen, doch so klar gesunken ist, und wie der Anteil für ganz Deutschland aussieht.

     

    Werte von über 40% bleiben natürlich ein Massenphänomen, und die Politik muss eine Antwort darauf finden.

     

    *** Dieser Kommentar hat die taz-Qualitätsprüfung durchlaufen ***