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Rassismus in Kinderbüchern„Es sind auch meine Kinderbücher!“

Die Journalistin Hadija Haruna über diskriminierende Ausdrücke in Kinderbüchern, die Abwehrreflexe von Feuilletonisten und Rassismus in den Medien.

Lesen fördert die Fantasie. Oder Vorurteile Bild: dapd
Daniel Bax
Daniel Bax
Interview von Daniel Bax und Daniel Bax

taz: Frau Haruna, verstehen Sie, warum die Debatte um diskriminierende Begriffe in Kinderbüchern solche Wellen schlägt? Die Zeit macht auf ihrem Titel alberne Witze, der Literaturkritiker Denis Scheck hat sich in seiner ARD-Sendung das Gesicht schwarz geschminkt. Warum reagieren erwachsene Feuilletonisten so kindisch?

Hadija Haruna: Ich glaube, dahinter steht die Angst, sich von den eigenen Vorurteilen verabschieden zu müssen. Anders kann ich mir diese heftigen Abwehrreaktionen nicht erklären. Viele benutzen das N-Wort noch immer, bewusst oder unbewusst. Vielleicht fühlen sie sich dabei ertappt. Reflektieren zu müssen, dass man einen rassistischen Begriff benutzt, obwohl man um seine abwertende Bedeutung weiß, ist schmerzhaft. Manche weichen dem lieber aus - oder setzen verhöhnend noch einen drauf.

Kritiker sehen in der Änderung von Kinderbüchern einen Akt der Zensur. Sie nicht?

Wenn ein Autor und ein Verlag sich aus freien Stücken dazu entscheiden, kann man nicht von Zensur reden. Änderungen in der Literatur sind ja nichts Neues. Und andere Änderungen hat man hingenommen, ohne dass es so einen Aufschrei gab.

Viele sagen, das N-Wort zu lesen mache noch niemanden zum Rassisten - und habe Ihnen persönlich nicht geschadet.

Die Debatte zeigt, dass es ihnen offenbar doch geschadet hat. Denn manche tun jetzt so, als wollten sich irgendwelche Fremden an deutschem Kulturgut vergreifen. Sie ignorieren, dass nicht alle Menschen in Deutschland weiß sind - und damit auch nicht alle Leser. Das sind auch meine Kinderbücher, ich habe die auch als Kind gelesen! Und genau wie die neunjährige Ishana, die ihre Wut in einem Leserbrief an die Zeit auf den Punkt gebracht hat, habe ich dieses Gefühl der Entwertung, das sich mit diesem Wort verbindet, als eine Verletzung empfunden. Die Reaktion ist dann häufig: Sei doch nicht so empfindlich! Es ist nicht so gemeint! Das kriegen schwarze Kinder ständig zu hören. Damit werden ihre Lebensrealität und ihre Erfahrungen negiert.

Bild: privat
Im Interview: Hadija Haruna

, Jahrgang 1980, ist Journalistin und in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISd) aktiv. Sie lebt in Frankfurt und arbeitet für den Hessischen Rundfunk, den Tagesspiegel, die Zeit u.a.

Denis Scheck meint, das Wort sei früher nicht rassistisch konnotiert gewesen - und Kinder sollten lernen, das Sprache einem steten Wandel unterliegt.

Das N-Wort war früher schon rassistisch. Aber früher gehörte dieser Rassismus eben zum guten Ton. Heute weiß man darum - und benutzt diese Worte trotzdem weiter. Aber was machen Kinder denn, wenn sie diesen Worten in Kinderbüchern begegnen? Weiße Kinder lernen, was "N" sind, und das Weiße ihnen überlegen sind. Schwarze Kinder lernen, dass sie mit "N" gemeint und minderwertig sind.

Ist es nicht auch eine Form der Geschichtsfälschung, diesen Rassismus nachträglich tilgen zu wollen?

Man kann Astrid Lindgren und ihr Werk, dass dem damaligen Zeitgeist entspricht, nicht umschreiben. Darum geht es auch nicht. Aber man kann ihm die Spitze nehmen - damit dieses Denken endlich aus den Köpfen verschwindet. Wir reden hier ja nicht über Shakespeare. Wir reden über Bücher für Kinder. Wie will man denen erklären, dass man ihnen ein Wort vorliest, dass sie selbst nicht benutzen sollen? Zumal Kinder bekannt dafür sind, dass sie etwas, das ihnen verboten wird, erst recht machen? Das frage ich mich.

Einer Umfrage zu Folge sind gerade höher Gebildete gegen jede Änderung von Kinderbüchern. Was sagt uns das?

Vielleicht sind einfache Leute da pragmatischer. Es geht in der Diskussion ja längst nicht mehr nur um Kinderbücher. Es geht um die Frage, ob man das N-Wort noch benutzen darf oder nicht. Das N-Wort übt offenbar auch auf viele Intellektuelle noch eine starke Faszination aus. Manchmal denke ich, es ist reizvoll für sie, etwas Verbotenes zu sagen. Dass Denis Scheck sich dann auch noch "blackfaced", sich also schwarz anmalt und damit eine rassistische Tradition bedient - da fehlen mir die Worte.

Hat sich die Diskussion dadurch verändert, dass es in den Medien immer mehr afrodeutsche Journalisten gibt?

Es ist ein Fortschritt, dass die Zeitungen heute auch unsere Stimmen zu Wort kommen lassen. Aber von einem Gespräch auf Augenhöhe kann man noch nicht sprechen. Es ist für schwarze Journalistinnen und Journalisten auch nicht immer einfach, sich in solchen Debatten in ihren Redaktionen zu behaupten.

Welche Bücher würden Sie selbst Ihrem Kind vorlesen?

Ich will niemandem vorschreiben, was er seinen Kindern vorliest. Aber Eltern fällen damit pädagogische Entscheidungen. Wer seinen Kindern eine rassistische Weltsicht beibringen will, der soll das machen. Aber ich würde meinen Kindern zum Beispiel entsprechende Szenen aus Pippi Langstrumpf oder das Buch Jim Knopf nicht vorlesen, weil ich sie nicht diesen Bildern aussetzen möchte.

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39 Kommentare

 / 
  • L
    Lidwina

    @ alles beim Alten und viele andere

     

     

    Die Bedeutung eines Wortes bestimmt sich nicht nur daraus, was ein Wort seinem ursprünglichen Sinn nach meint, sondern aus dem Kontext, in dem es verwendet wurde, aus seinen Nebenbedeutungen, aus dem Verhältnis der Menschen zueinander, die sich damit bezeichnen und aus seiner historischen Entwicklung. Im Mittelalter war „wîp“ („Weib“) eine neutrale Bezeichnung für „Frau“, heute ist es das nicht mehr. Vielleicht ist „negro“ ein neutrales Wort im Spanischen, scheinbar entsprechende Formulierungen im Deutschen oder Englischen sind es aber nicht, denn sie entstanden und wurden verwendet im Kontext von Kolonialismus, Sklaverei und Segregation. Diese Bezeichnungen waren auch niemals neutral, denn sie waren seit jeher konnotiert mit rassistischen Zuschreibungen der Minderwertigkeit, Unzivilisiertheit, Unmündigkeit.

     

    Auf dem Recht zu beharren, diese Bezeichnungen zu verwenden, ist also nicht nur sachlich falsch, sondern auch arrogant und ignorant, denn: das Wort ist beleidigend und abwertend und darüber haben nicht diejenigen zu entscheiden, die damit nicht gemeint sind.

     

    Sich als Weißer den Kopf darüber zu zerbrechen, wie man denn nun jetzt am besten zu Schwarzen sagen soll oder selbstmitleidig darüber zu jammern, was man denn eigentlich überhaupt noch sagen darf, ist jedoch völlig unnötig. Wieso sich nicht einfach informieren, wie sich Schwarze selbst bezeichnen? Als Schwarze. Oder auch als Afrodeutsche.

     

    Diese Begriffe sind aber keine „objektive“ Beschreibung einer „äußeren Eigenschaft“ (das ist die Bezeichnung „weiß“ genauso wenig), vielmehr um die Kennzeichnung einer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, deren gemeinsamer Erfahrungshorizont unter anderem darin bestehen dürfte, von Weißen darüber belehrt zu werden, durch welche Begriffe man sich beleidigt fühlen darf.

  • S
    Sandra

    Liebe Mitmenschen,

     

    all zu gerne würde ich doch wissen wollen, welche Hautfarbe diejenigen haben, die behaupteten das N-Wort wäre nicht rassistisch. Doch leider müssen Sie, die sich jetzt wohl angesprochen fühlen gar nicht antworten, denn Ihre Überheblichkeit die Definitionsmacht an sich zu reißen und historische Kontexte zu verdrehen und verharmlosen hat Sie bereits als Weiße entlarvt.

     

    Vielleicht sollten diejenigen unter uns die behaupten dieses höchst diskriminierende Wort wäre zu Beginn seiner Entstehung nicht rassistisch gewesen, sich mal fragen zu welchem Zweck Menschen aufgrund von Hautfarben bezeichnet und benannt wurden..

  • VI
    von Ira

    Aus meiner Kindheit weiß ich, dass bestimmte Wörter schon immer verletzend und abwertend gemeint waren, natürlich gesellschaftlich akzeptiert. Ich fand als Kind diese Wörter immer schon doof und habe mich gefragt, warum sie benutzt werden, wenn doch alle Menschen gleich wert sind. Aber wir weißen Menschen sind ja nicht gemeint, darum ist es ja alles nicht so schlimm, nicht?

  • M
    Minstrel

    Frau Haruna, Herr Bax: "Neger" war einmal ein ganz einfacher Ausdruck für Menschen mit dunkler Hautfarbe und Wurzeln in Afrika - im Gegensatz zu dunkelhäutigen Südindern, dunkelhäutigen australischen Ureinwohnern und hellhäutigen Nordafrikanern. Die rassistische Variante von "Neger" war zu meiner Jugendzeit der "Bimbo", und wer diesen Ausdruck gebrauchte, der meinte es auch rassistisch.

  • W
    weißkraut

    Danke, für diese sehr gute Interview!

     

    An den meisten Kommentaren kann man leider mal wieder erkennen, dass die Leute weder zuhören können, noch verstehen wollen, was die Interviewte sagt... echt ärmlich!

  • T
    tommy

    @Tim Leuther:

     

    "Denn das Wort Afrika kommt vom römischen Senator und Feldherren Scopio Africanus. Sein "Verdienst" war es Tunesien (also ein afrikanisches Land) militärisch plattzumachen."

     

    Das ist natürlich Unsinn - "Africanus" ist ein Siegestitel, den Scipio für seinen Sieg über "Africa" (was für die Römer Nordafrika war) erhielt (ähnlich wie z.B. andere Feldherren oder später Kaiser "Sarmaticus" oder "Parthicus" für Siege über Sarmaten oder Parther genannt wurden). Afrika als geographische Bezeichnung ist also ursprünglich, die genaue Etymologie finden Sie sicherlich bei Wikipedia.

  • TL
    Tim Leuther

    Der Grund warum sich manche Leute dagegen wenden das die Bücher der Vergangenheit geändert werden ist folgender:

     

    Das N-Wort hat in sich nichts rassistisches. Es ist allein die Assosiation. Das N-Wort kommt aus dem Spanischen oder Portugisischen. Negro heißt Schwarz. Es kommt aus dem Spanischen/Portugisischen, weil die nunmal zuerst hochseetaugliche Schiffe gebaut haben. Das Wort war nie als rassistische alternative zu einem anderen Wort benutzt worden. Das ist auch der Grund warum es die -mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit NICHT rassistische- Frau Lindgren verwendet hat.

     

    Das man nun statt dem N-Wort Schwarzer sagt ist kein echter Fortschritt. Es ist schlichtweg die Euphemismustretmühle. Man verwendet einen anderen Begriff, der genauso ist wie der andere. Genau genommen hat man das N-Wort nur vollständig ins Deutsche übersetzt, anstatt das eingedeutschte spanische Wort zu verwenden.

    Nun geht es darum die Quellen zu löschen die belegen dass das N-Wort mal auch in Nichtrassistischen Kontexten verwendet wird.

     

    PS: Wissen Sie welches Wort wirklich politisch inkorrekt sein müsste: Afrikaner.

     

    Denn das Wort Afrika kommt vom römischen Senator und Feldherren Scopio Africanus. Sein "Verdienst" war es Tunesien (also ein afrikanisches Land) militärisch plattzumachen. Das ist unkorrekter als das spanische Wort für schwarzer.

  • A
    alex

    Vielen Dank für das sehr gute Interview.

     

    @Schwarze Rassistin: Gibt es schon. Nennt sich NPD.

  • L
    Lucanus

    So weit sind wir jetzt also! Das "N-Wort". Daneben gibt es das "F-Wort", das "S-Wort" und was weiss ich sonst noch alles. Und alle diese Worte "sagt man nicht"!

     

    Ich würde mich vehement dagegen wehren, wenn mich jemand als offen oder latent rassistisch bezeichnen würde. Und ich scheue mich trotzdem nicht, "Neger" zu sagen. Ich bin mit diesem Wort groß geworden und es hatte für mich keinerlei rassistische Nebenbedeutung - damit wurde schlicht und einfach ein Mensch dunkler Hautfarbe bezeichnet.

     

    Viel peinlicher - wenn nicht gar rassistischer - scheinen mir da die heutigen Versuche, das angestammte Wort mit angeblich politisch korrekten Formulierungen zu vermeiden. "Farbiger" - sind wir nicht alle farbig? "Schwarzer" - das sind die wenigsten, die so bezeichnet werden; meist ist es ein Braun in unterschiedlichen Helligkeitabstufungen. "Afrikaner" - Nicht alle Neger leben in Afrika und nicht alle in Afrika lebende sind Neger. "Mitbürger dunklerer Hautfarbe" - einfach nur ekelhaft diese sich winden!

     

    Die Ächtung und Vermeidung des Wortes ist doch nur oberflächlicher Aktionismus um zu vermeiden, etwas gegen den unzweifelhaft vorhandenen "echten" Rassismus unternehmen zu müssen. Und wie an vielen Wortmeldungen unmittelbar Betroffener (wie z.B. vorliegenden Interviews) sichtbar ist mit dem Erfolg, das selbst diesen Betroffenen das Lippenbekenntnis wichtiger ist, als die gelebte Realität.

  • P
    petronius

    nein, fr. haruna, das "n-wort" war früher nicht rassistisch. es war die ganz normale bezeichnung für einen menschen dunkler hautfarbe, so wie das wort "negro" im angloamerikanischen. der rassistische schmähbegriff war dort "nigger", was in etwa einem deutschen "scheißneger" oder auch (in schlechter kolonialistischer tradition) dem bildlichen "zulukaffer" entsprach

     

    ich habe als kleiner bub die geschichten um jim knopf geliebt. was mich anscheinend so wenig beeindruckt hat, daß ich es komplett vergessen habe, war die hautfarbe von jim. lag vielleicht daran, daß ein "neger" in unserer familie nichts besonderes, etwa per se minderwertiges, gewesen wäre, sondern eben die bezeichnung für einen, der anders aussah als wir - so wie einer mit schräggestellten augen halt ein "chinese" war, solange mans nicht genauer wußte, und einer jener menschen mit seltsamer aussprache, die unsere touristisch reizvolle gegend im sommer so zahlreich besuchten, "deutsche" waren - also anders als wir, aber nicht schlechter

     

    wenn aber nun meine familie mir die unwerte vermittelt hätte, schwarze seien menschen zweiter klasse - glauben sie, das wäre anders gewesen, wenn jim knopf ein "afrolummerländer" gewesen wäre?

     

    rassismus kommen sie nicht bei, indem sie der reihe nach alle möglichen begriffe zu "rassistischen" erklären und deren verwender somit zu "rassisten". sie müssen die haltung der menschen verändern - dann ändert sich wahrscheinlich auch die sprache

     

    so wie sich auch meine sprache geändert hat (ich verwende das "n-wort" nicht mehr, weil ich eben um seine konnotation heutzutage weiß) - selbst wenn meine einstellung dieselbe geblieben ist. und sehe es deshalb auch nicht ein, mich rückwirkend zum rassisten erklären zu lassen, wie das de facto fr. lindgren, hrn. preußler und hrn. ende passiert

  • P
    Pete

    Schon seit meiner Kindheit gehörten Negerküsse, bzw. Mohrenküsse zu meinen Lieblingssüßikeiten und haben darum bei mir zumindest einen hohen Stellenwert, der absolut positiv besetzt ist. Auch wenn es heute viele Besserwisser anders sehen wollen, das ändert nichts daran. Es macht nur diejenigen in meinen Augen kleinkarriert und unsympathisch die das unbedingt als abwertend interpretieren müssen und das wollen sie doch gerade nicht sein, wenn sie in Deutschland leben und gern gesehen sein wollen. Kuturelle Wurzeln haben Deutsche natürlich auch und Neger bzw. der Negerkuß ist hier nunmal nicht negativ besetzt ! Es ist nicht negativ in Deutschland nochmal für die meinsten! Wenn das nun anders ist, dann frage ich mich wer daran heute wirklich die Schuld trägt ?

  • KN
    Kosher Nostra

    Also wenn das N-Wort schon früher rassistisch war, dann ist also Astrid Lindgren eine Rassistin!? Sorry, aber das ist doch Bullsh....

     

    Jeder kann sich fragen, ob bei ihm z.B. das Wort "Pole" mit "du Lem, du Chopin, du Walesa", oder mit "du Putzfrau, du Autodieb, ..." konnotiert ist.

    Und ob bei ihm "Russe" mit Tschaikowski, Kasparow, Puschkin oder mit Mafiosi, Putin etc. pp. assoziiert ist/wird.

     

    Diskriminierung und Ausgrenzung betrifft Alle und Jeden!

    Wenn ich, um Diskriminierung und Ausgrenzung abzuschaffen, Sprache ändern oder umschreiben möchte, bleibt mir am Ende keine Sprache mehr.

     

    Insofern ist der Wunsch nach Entfernung des Negers sehr verständlich, muß dann aber aus Gerechtigkeitsgründen jeder Person zustehen.

    Und wenn man soweit denken kann, dürfte auch jedem Gutmeinenden auffallen, daß die "reine Sprache" eine Idee von Idioten ist.

  • AB
    alles beim Alten

    Wenn Herr Bax sagt Afrodeutsche, dann scheint ihm nicht bewusst zu sein, dass das eine wesentlich stärkere Aussage ist als Neger. Während Neger nur eine Aussage über den Grad der Hautpigmentierung aussagt (um den es ja gerade geht), impliziert "Afrodeutsche" direkt, dass die Person nach Afrika gehört und nur von deutschen Gnade hier geduldet ist.

     

    Wie wäre also die korrekte Bezeichnung? Neger (von niger=schwarz) und Schwarzer sind Synonyme. Da Neger diskriminiernd ist, muss es Schwarzer auch sein. Farbiger Mensch ist als Begrifflichkeit totaler Unsinn, da man dann verschiedene Hautfarben erwarten müsste. Bleibt noch die Möglichkeit "Mensch mit sehr hohem natürlichen Melaningehalt in der Haut"?

     

    Ich gehe zum Karneval als "Mensch mit sehr hohem natürlichen Melaningehalt in der Haut"...

     

    Sorry Leute, aber die Bezeichnung einer anatomische Eigenschaft ist keine Diskriminierung. Schwarzhäutig, blauäugig, groß, rothaarig,... Erst wenn eine anatomische Eigenschaft mit Behauptungen verknüpft wird, die nicht stimmen und die Personen abwerten sollen (rothaarige sind pathologische Lügner), entsteht Diskriminierung.

     

    Das ist in meinen Augen auch der Grund, warum vor allem das Bildungsbürgertum gegen unnötige Umbenennungen rebelliert.

  • OM
    Olaf Mertens

    Jim Knopf ist auch rassistisch? Da komme ich nun echt nicht mehr mit.

    Ich hätte in meiner Naivität angenommen alle Kinder (Farbe egal)die das Buch vorgelesen bekommen, identifizieren sich mit dem kleinen schwarzen Jungen, er ist ja auch das einzige Kind (jedenfalls so weit ich mich nach bald 30+ Jahren erinnere) das in dem Buch vorkommt. Jim Knopf ist außergewöhnlich, weil er eben mit seinem Freund Lukas diese ganzen Abenteuer besteht und nicht aufgrund seiner Hautfarbe. Und wenn dem so ist, würde ich doch annehmen, dass das eher antirassistische Haltungen befördern würde. Also an der Stelle lässt mich das ansonsten interessante Interview jetzt etwas ratlos zurück :)

  • N
    neubau

    Der ganze Schwachsinn wird hier anschaulich, wenn man "das N" und "das N-Wort" schreiben muss, statt einfach "Neger". Man könnte ja damit klar kommen, dass dieses Wort einst in Gebrauch war - und erklären, warum dies heute nicht mehr angebracht ist. Statt dann, wie hier geschehen, anzudeuten. Denn jeder Leser weiß, was gemeint ist; es wird aber nicht gesagt. Das empfinde ich als politisch korrekte Verschleierung und moralische Selbstzensur...

  • G
    golm

    Ich bin nicht der Meinung, dass man den Rassismus dadurch bekämpfen kann, indem man lediglich ein paar Wörter austauscht bzw. nicht mehr benutzt. Rassimus ist der Ausdruck einer inneren Haltung, die glaubt den Einzelnen vollständig nach seinen äußeren Merkmalen bzw. seinen Gruppenzugehörigkeiten beurteilen zu können.

  • S
    Sowasaberauch

    Bei allem Verständnis: meiner Meinung nach kommt ein Grossteil meines strikten Antirassismus gerade aus der Lektüre von Pippi Langstrumpf, Jim Knopf und Konsorten in Kindheirstagen.

    Das "N" verzeihe ich keinem Zeitgenossen und ebensowenig möchte ich es in keinem neueren Buch antreffen. In "historischem" Material oder Büchern ist es aber, dem damilgen Zeitgeist geschuldet, enthalten.

    Sonst müsste man ja auch die Texte und Zitate der schlimmsten Rassisten heutzutage korrigieren, mit dem fatalen Resultat dass der Eindruck entstünde, dass diese "ja gar nicht so schlimm" waren...

  • A
    anke

    Welcher Autor und welcher Verlag entscheidet schon nur aus "freien Stücken"?

     

    Auf Nachfrage könnte wohl jeder zweite "Insider" ein halbes Dutzend Geschichten erzählen darüber, wie „freie“ Entscheidungen zustande kommen in Verlagen und bei Autoren. Außerdem wäre ich vorsichtig mit Spekulationen darüber, was Leuten, die ich gar nicht kenne, "geschadet" haben könnte. Vor allem dann, wenn ich selbst (der verwendeten "Logik" folgend) kaum unbeschadet davongekommen sein kann. Wäre das "N-Wort" nicht schon negativ besetzt gewesen in Hadija Harunas Kopf, lange bevor der mit Buchstaben gefüllt wurde, wäre womöglich überhaupt nichts passiert beim Lesen. Das Wort wäre ein Wort geblieben. Neutral wie (für) andere. An den Büchern oder ihren Autoren hat es jedenfalls zuletzt gelegen, wenn das Kind Hadija ein "Gefühl der Entwertung" und "eine Verletzung empfunden" hat aus Anlass der Lektüre. Vermutlich hat eher der "Übersetzer" gefehlt, ein "weiser" (kein weißer!) Mensch, der den Schmerz hätte erkennen, erklären und heilen können.

     

    Bücher zu "bereinigen" ist leicht, wenn man einen Verlag besitzt. Man kann eine Menge "Punkte sammeln" damit in einer Öffentlichkeit wie unserer. Die Arbeit an sich selbst ist da schon schwerer. Von den globalen Ursachen rassistischer Übergriffe nicht zu reden. Leider hört der Schmerz der Betroffenen nicht auf, wenn die Bücher "sauber" sind. Es gibt schließlich eine "Mundpropaganda", und die wird besonders häufig von Leuten bemüht, die mit Büchern gar nichts anfangen können. Dass, um im Bild zu bleiben, der Eisberg taut, wenn gutwillige Menschen ihm "die Spitze nehmen", ist jedenfalls recht unwahrscheinlich. "Dieses Denken" verschwindet erst, wenn in jedem einzelnen Kinds-... äh: Kinderkopf geklärt ist, was es bedeutet, ausgegrenzt und beschimpft zu werden. Wer aber nicht jedem Kind einschlägige, womöglich schädigende Erfahrung bereiten will, der braucht genau dafür die alten Bücher. Unzensiert. Und natürlich Bezugspersonen, die damit umgehen können.

  • J
    joni

    Das Wort heißt Neger. Man sollte niemanden so nennen, aber wenn man über dieses Wort redet, sollte man es auch benutzen.

  • S
    Sandra

    Wie verklemmt muss man eigentlich sein, um die Begriffe über die man reden möchte nicht zu nennen? Was bitte ist ein N-Wort? Nudisten, Nudelfabrikanten, Nichtsnutze, Nattern, Nonnen, Nachhaltigkeit oder was sonst noch? Wer etwas gegen das Wort Neger hat, sollte es auch beim Namen nenne und nicht so herumdrucksen wie eine Nonne beim Schwangeschaftsbruch. Es ist echt eine Schande wie kindisch hier mir Sprache und Begriffen umgegangen wird.

  • B
    Brennessel

    Ich verstehe die ganze Diskussion kein bißchen. Ich habe als Kind am liebsten "Negerküsse" gegessen und bin trotzdem kein Rassist geworden. Heute lese ich meinem Sohn den Struwwelpeter vor und er nennt sein "maximalpigmentierten" oder "afrodeutschen" oder "was auch immer politisch korrekt ist" Spielkameraden trotzdem nicht Mohr! Je mehr man Unterschiede benennt und auf ihnen rumreitet desto schlimmer wirds. Und was bitte ist so schlimm an Neger? das kommt doch von negro - also schwarz- oder!?! Ich bin ein Weißer und fühle mich dadurch auch nicht beleidigt und schon gar nicht ggüb. Schwarzen aufgewertet. Außerdem fühlt sich ein in dritter Generation in Deutschland Geborener mit mit dunkler Hautfarbe nicht beleidigt, wenn man ihn als Afrodeutschen bezeichnet? Dann bin ich auch Sachso-Deutscher. Kommt mal runter es gibt weiß Gott wichtigeres worüber man sich aufregen kann!

  • DS
    Dr. Schreck

    Zwei Dinge musste ich lernen, als ich diese Diskussion mit den verschiedensten Leuten geführt habe und als Literaturwissenschaftler und vor allem als Leser zuerst völliger Gegner dieser Eingriffe war.

     

    Erstens, wie Hadija Haruna richtig bemerkt, sind das Kinderbücher, also sozusagen Gebrauchsliteratur, die zuerst einen Zweck zu erfüllen hat und erst dann Literatur an sich ist. Als Gebrauchsliteratur ist es durchaus legitim, sie dem heutigen Gebrauch anzupassen - so lange man die bearbeitete Version als solche kennzeichnet und die Originaltexte weiterhin frei zugänglich sind.

     

    Und zweitens, und das war das eigentlich Erschreckende für mich, wird diese Diskussion eben nicht von den tatsächlich von der Sache Betroffenen geführt (ihnen bleibt, wie z.B. Hadija Haruna, meist nur noch die Reaktion, nicht aber die initiative Aktion), sondern von den Diskursführern, und die sind hierzulande immer noch die blonde, weiße Oberschicht. Und damit verliert deren Antirassismusbehauptung leider ihren Wert: Ich nehme einer Kristina Schröder eben nicht die Sorge um die tatsächlich vom Rassismus Betroffenen ab, jedenfalls nicht zu 100 Prozent, weil sie eher die Sorge umtreibt, wie ihre heile Sauberwelt schön heil und sauber zu halten ist.

     

    Und die tatsächlich Betroffenen (seien das nun die unter Rassismus Leidenden, seien das die Bücher und ihre Leser) werden von allerhand Großkopferten in Politik und Feuilleton wieder einmal bevormundet, zum einen von denen, die an ihrer Stelle "Rassismus" brüllen, zum anderen von denen, die als Reaktion eben nicht auf die Betroffenen, sondern auf die sich betroffen Gebenden laut "Zensur" brüllen und damit den Diskurs vereinnahmen.

     

    Und denen, denen es wirklich um die Sache geht, bleibt nichts, als sich ins eine oder ins andere Lager zu schlagen. Und denjenigen, die sich wirklich zur Sache äußern wollen, bleiben keine Argumente mehr, denn es gibt keine richtigen Argumente im falschen Diskurs. Alles, was an Richtigem zu sagen ist, ist bereits vereinnahmt von den verschiedenen Positionen auf der Herrschaftsseite des Diskurses.

     

    Deshalb kann sich ein betroffenes Mädchen nicht äußern, ohne von den antirassistischen Gutmenschen auf Facebook usw. dafür vereinnahmt zu werden, den anderen ihren moralischen Zeigefinger unter die Nase zu reiben, und deshalb kann auch ein Literaturliebhaber nicht mit dem Argument der Texttreue kommen, ohne in vermeintlich rassistisches Fahrwasser zu kommen, deshalb kann jemand nicht den Vorschlag machen, Kinderbücher dem heutigen Gebrauch anzupassen, ohne als Geschichtsfälscher bezichtigt zu werden (wie ich es auch zuerst getan habe).

     

    All diese diskussionswerten und grundsätzlich erstmal wertneutralen Positionen sind bereits besetzt von denen, die laut genug an den Quellen der Informations- und Meinungsverbreitung sind.

     

    MfG, Dr. Schreck

  • J
    Jan

    Selten einen solchen Quatsch gelesen! Mich (meine Zeitgenossen eingeschlossen) haben weder Wilhelm Buschs Mohr noch die Negersklaven in so manchem sozialistischen Kinderbuch zu Rassisten gemacht.

     

    Wie kann man Kinder so maßlos unterschätzen?! Sie können sehr gut unterscheiden und entscheiden wenn sie ein vernünftiges Umfeld haben, in dem ihnen die wirklich wichtigen Werte vermittelt und vorgelebt werden.

  • LB
    Lars B.

    Liebe Frau Haruna,

     

    Kinder werden nicht zu Rassisten, wenn sie "N"-Wort benutzen oder vorgelesen bekommen - zumindest nicht wenn Die Eltern verantwortungsvoll ihren Erziehungsauftrag wahrnehmen und Toleranz und Offenheit vorleben! Denn Kinder begreifen viel weniger intellektuell als wir Erwachsenen die Welt und zuallererst geht es ihnen um eine gute, spannende Geschichte!

    Ich selber habe alle von Ihnen genannten Werke in meiner Kindheit verschlungen und noch viele mehr - und dennoch engagiere ich mich seit über einem Jahrzehnt für die Integration und Gleichberechtigung aller in Deutschland lebenden Menschen! Und natürlich verwende ich das "N"-Wort nicht und achte da im Sprachgebrauch sehr drauf! Jetzt aber hinzugehen und nachträglich Texte zu verändern, empfinde ich als unberechtigten Eingriff! Denn Literatur (und ja, auch Kinder- und Jugendbücher sind Literatur) ist immer auch Teil und Spiegel der Zeit in der sie entstanden ist!

    Dennoch finde ich diese Diskussion wichtig - denn sie schafft ein Bewußtsein für dieses Thema - und führt hoffentlich zu einer umsichtigeren Wortwahl in zukünftigen Veröffentlichungen!

  • B
    BBBB

    Hallo,

    es ist schon ein Weilchen her, dass ich Jim Knopf gelesen habe, aber ich tue mich jetzt schwer nachzuvollziehen welchen "Bildern" ein Kind dabei ausgesetzt werden kann. Der Held des Buches ist schwarz. Er ist ein großartiger Mensch, der spannende Abenteuer erlebt, viele Menschen glücklich macht und selbst sein Glück findet. Da sehe ich jetzt keine Bestätigung irgendwelcher Klischees, können mir natürlich entfallen sein. Nebenbei: Ist die unendliche Geschichte dann nicht viel rassistischer: Atreju hat olivgrüne Haut und die "Grünhäute" erinnern doch schwer an "Prärieindianer". Was für Bilder ruft das hervor?

  • S
    schwatter

    Mit Schwatta statt Neger wirds ja jetzt richtig Berg auf gehen.

  • A
    atalaya

    Das N-Wort (Neger) soll also schon immer rassistisch gewesen sein. Zu dumm, dass man damals kein anderes hatte, um etwa einen Stamm, der aus Menschen dunkler Hautfarbe bestand, näher zu bezeichnen. Und genau hier liegt der Hund begraben: Menschen heute schwarz zu nennen ist genauso viel oder wenig rassistisch wie damals, als man sie Neger nannte.

     

    Man kann sich da natürlich aus der Affäre "winden", indem man von African Americans redet (als wenn Afrika nicht in den Köpfen der meisten mit "schwarzen Menschen" zusammengedacht wird) oder statt von Indianern von indígenas (was auch nichts weiter heißt als "Eingeborener" auf Spanisch.

     

    Fazit: nicht die Benennung macht den Begriff. Wenn etwa Freud oder Adorno von Negern schrieben, meinten sie schlicht jene Menschen, denen wir heute andere Namen geben. Wenn Rassisten hingegen damals von Negern sprachen, haben sie durchaus dasselbe gemeint, was ein Rassist heute meint, wenn er - politisch noch mehr oder weniger geduldet - von Schwarzen redet.

     

    Die gesamte Debatte ist in meinen Augen und Ohren mehr als töricht. Wir wissen heute, dass es keine Menschenrassen gibt, wenn man nicht die Primaten dafür halten will. Um anders aussehende Menschen aber als Menschen wie man selbst einer ist zu sehen und zu behandeln, ist diese Zensur kein geeignetes Mittel. Vielmehr liegt ihr vornehmlicher Zweck im Exorzimus eigener rassistischenr Anwandlungen. Mir ist jedenfalls lieber, jemand nennt den "African American" Neger als dass er gemeinhin den Nichtrassisten mimt und nur im Kreise von Gleichgesinnten sein wahres Gesicht zeigt.

     

    Der Rassismus geht uns alle an (auch die Autorin) und wir würden gut daran tun, das zu erkennen, statt die Sprache zum Zwecke der Abwehr oder Selbstglorifzierung - auch noch rückwirkend - zu beugen und zu zensieren.

  • UZ
    und zu

    Ich kann mich noch erinnern, damals, vor vielen Jahren, da empfand ein junger Mann die Sprache eines Buches auch einfach nicht mehr zeitgemäß. Sie war veraltet, die Menschen verstanden diese Sprache nicht mehr; viele Intellektuelle dieser Zeit verteidigten trotzdem mit aller Kraft die Sprache dieses Buches.

    Dennoch, der junge Mann machte sich daran, dieses Buch in eine zeitgemäßere Form zu übersetzen und fand, als er es denn getan hatte, sehr viele Freunde. Nicht nur unter "einfachen" Menschen, sondern auch unter Intellektuellen, schuf sogar eines der erfolgreichsten Bücher aller Zeiten.

     

    Der Mann? Martin Luther.

    Das Buch? Die Bibel. Auf deutsch.

    Die Folgen? Selbst die Fanatiker des Lateins übersetzten die Bibel anschließend ins Deutsche, weil sie einsehen mussten, dass ihr diskriminierende Sprache nicht mehr funktionierte.

     

    Ich halte den Fall für durchaus vergleichbar, zumindest für analog: Auch die lateinische Bibel war ein Mittel der Herabsetzung, weil dem Priester Herrschaftswissen gegeben wurde, die Nichtlateiner wurden offen diskriminiert.

    Stellte man die alte und die modernisierte Fassung nebeneinander ins Regal (auch das wäre ja denkbar), kaufte praktisch niemand die alte.

     

     

    Und wo schon Shakespeares angesprochen wurde: Romeo und Julia ist letztlich nur eine Aktualisierung von Pyramus und Tisbe oder auch von Tristan und Isolde, ist selbst mehrfach aktualisiert worden - freilich als "Neuschöpfungen", ist ja nicht urheberrechtlich geschützt - sowohl unter anderem (z.B. West Side Story), als auch unter selbigem Namen.

    Wird Denis Scheck etwa auch demonstrativ von einer Klippe pissen, wenn im Oktober mal wieder ein Romeo & Julia in die Kinos kommt, das nicht absolut textgetreu ist? Ich bezweifle das doch stark.

    Und was beweist das? Hier geht's nicht um Texttreue, der Mann will seine "N*" zurück. Und nicht nur er - ein Grund mehr, dieses Wort im Klo der Geschichte zu entsorgen.

  • L
    Lucanus

    So weit sind wir jetzt also! Das "N-Wort". Daneben gibt es das "F-Wort", das "S-Wort" und was weiss ich sonst noch alles. Und alle diese Worte "sagt man nicht"!

     

    Ich würde mich vehement dagegen wehren, wenn mich jemand als offen oder latent rassistisch bezeichnen würde. Und ich scheue mich trotzdem nicht, "Neger" zu sagen. Ich bin mit diesem Wort groß geworden und es hatte für mich keinerlei rassistische Nebenbedeutung - damit wurde schlicht und einfach ein Mensch dunkler Hautfarbe bezeichnet.

     

    Viel peinlicher - wenn nicht gar rassistischer - scheinen mir da die heutigen Versuche, das angestammte Wort mit angeblich politisch korrekten Formulierungen zu vermeiden. "Farbiger" - sind wir nicht alle farbig? "Schwarzer" - das sind die wenigsten, die so bezeichnet werden; meist ist es ein Braun in unterschiedlichen Helligkeitabstufungen. "Afrikaner" - Nicht alle Neger leben in Afrika und nicht alle in Afrika lebende sind Neger. "Mitbürger dunklerer Hautfarbe" - einfach nur ekelhaft diese sich winden!

     

    Die Ächtung und Vermeidung des Wortes ist doch nur oberfläcghlicher Aktionismus um zu vermeiden, etwas gegen den unzweifelhaft vorhandenen "echten" Rassismus unternehmen zu müssen. Und wie an vielen Wortmeldungen unmittelbar Betroffener (wie z.B. vorliegenden Interviews) sichtbar ist mit dem Erfolg, das selbst diesen Betroffenen das Lippenbekenntnis wichtiger ist, als die gelebte Realität.

  • M
    mgs

    Niemand kann und will Frau Haruna dazu zwingen, ihren Kindern "das Buch Jim Knopf" vorzulesen, aber schade drum ists schon irgendwie.

     

    Da könnten sie nämlich schlimmstenfalls etwas hören/lernen über das Suchen und Finden von Gemeinsamkeiten und darüber, dass man den Dingen/Menschen erstmal auf den Grund gehen muss, bevor man sich ein Urteil darüber erlaubt, weil man seine Welt sonst erheblich ärmer macht.

     

    Eine derart undifferenzierte (Nicht-)Auseinandersetzung hat weder die Diskussion noch (mindestens) dieses Buch verdient.

  • J
    Jules

    Also ich (als Farbiger) verstehe die Autorin überhaupt nicht. Wer sagt denn, dass "Neger" immer und in jedem Kontext rassistisch gemeint sein muss?!

    Wenn meine Kumpel zu mir aus Spaß "Neger" sagen, dann ist das freundschaftlich gemeint, und ich kann es auch so auffassen, weil ich weiß, dass meine Freunde mich nicht beleidigen wollen.

     

    Wittgenstein: Die Bedeutung eines Begriffs ergibt sich aus seiner Verwendung. Heißt: es kommt auf den Kontext der Sprechsituation und die Absicht des Sprechers an, nicht auf das bloße Wort.

     

    Man kann theoretisch jedes Wort als Schimpfwort verwenden (so zB. neuerdings der ursprünglich völlig wertneutrale Vorname "Horst"). Sollte man deswegen niemanden mehr Horst nennen dürfen?

     

    Diese ständige Panik von meist nicht mal selbst betroffenen Leuten vor dem angeblich omnipräsenten "Rassismus" geht mir auf die Nerven. Jeder weiß, dass Astrid Lindgren nichts gegen andere Ethnien hatte. Also was soll die Diskussion?!

     

    Außerdem wird man dann irgendwann auch die Ersatzausdrücke "Schwarzer" oder "Farbiger" etc. nicht mehr verwenden können, Stichwort "Pejorative Tretmühle".

  • M
    matthias

    ich freue mich schon wenn in märchen nichtmehr von "prinzessin" die rede ist sondern von "designierte thronfolgerin eines inhärent illegitimen systems autokratischer herrschaft."

     

    wer tatsächlich glaubt es gäbe einen kausalen zusammenhang zwischen der lektüre "politisch inkorrekter poesie" während der kindheit und einem dasein als verbrähmter rassist- dem kann man ob seines rudimentären weltbildes nur gute besserung wünschen.

  • TL
    Tim Leuther

    "Man kann Astrid Lindgren und ihr Werk, dass dem damaligen Zeitgeist entspricht, nicht umschreiben. Darum geht es auch nicht. Aber man kann ihm die Spitze nehmen - damit dieses Denken endlich aus den Köpfen verschwindet."

     

    Damit sagt Sie ja das in Lindgrens Bücher Rassismus drin ist, inhaltlich, von dem Benutzen des Wortes abgesehen.

     

    Wenn man Spanisch kann dann wirkt die Änderung von "N****" in "Schwarzer" eh wie Satire. Die Nachträgliche Änderung dann wie die Steigerung davon. Es geht eben grade darum das Lindgren das Wort NICHT in einem rassistischen Kontext benutzt.

     

    Wie früher Krüppel nicht zwangsläufig abwertend war. Und Behinderter auch nicht.

  • M
    matthias

    ich freue mich schon wenn in märchen nichtmehr von "prinzessin" die rede ist sondern von "designierte thronfolgerin eines inhärent illegitimen systems autokratischer herrschaft."

     

    wer tatsächlich glaubt es gäbe einen kausalen zusammenhang zwischen der lektüre "politisch inkorrekter poesie" während der kindheit und einem dasein als verbrähmter rassist- dem kann man ob seines rudimentären weltbildes nur gute besserung wünschen.

  • T
    tzzzzzzzzz

    einfach nur lächerlich wie hier so eine kleinigkeit aufgebauscht wird, alsob wir in deutschland keine richtigen probleme hätten

  • GE
    guillermo emmark

    In Deutschland wurde der inzwischen von fortschrittlichen Menschen anscheinend nur noch als 'N-Wort' bezeichnete Begriff seit den 1970er Jahren zunehmend als pejorativ empfunden oder kommentiert. ( http://de.wikipedia.org/wiki/Neger ). Anderen war das allerdings schon wesentlich früher aufgefallen, z.B. Hans-Jürgen Massaquoi, der seins schwarze Kindheit im braubnen Deutschland in dem Buch "Neger, Neger, Schornsteinfeger" beschreibt.

     

    In anderen Sprachen und kulturellen Umfeldern ist diese Negativbewertung nicht immer und unbedingt der Fall - siehe Leopold Senghor und "Negridude' ( http://de.wikipedia.org/wiki/N%C3%A9gritude ) oder auch Marcus Garvey ( http://de.wikipedia.org/wiki/Universal_Negro_Improvement_Association ).

     

    Als 'Neger' oder 'Negride' wurden aber nicht alle Menschen dunkler Hautfarbe bezeichnet, sondern nur die aus bestimmten Regionen Afrikas, nämlich denen, aus denen die Sklaven für die Amerikas und die Karibik stammten. Dies ist einerseits ein Beleg für die auch historisch pejorative Konnotation. Andererseits macht es das nachträgliche Herumdoktern an Kinderbüchern erst recht obsolet: Aus dem 'Negerkönig' wird ein 'Südseekönig', obwohl es in der Südsee zwar dunkelhäutige Menschen gibt, die aber eben nicht unter den tradierten Begriff 'Neger' fallen.

     

    Es ist halt wirklich ein Kreuz mit der politisch korrekten Sprache und allemale pädagogisch sinnvoller, den Kindern solche Begriffe zu erklären, als sie wegzuschönen.

  • N
    N-Wort-Schnecke

    Ich hoffe die Verlage und Autoren der Kinderbücher werden ich notfalls gerichtlich gegen das unter dem Deckmantel der sog. "Politischen Korrektheit" geplante Umschreiben ihrer Werke wehren.

     

    Nebebei, Koran und Bibel sind das Übel, aus denen Kindern "vorgelesen" wird. Wo bleibt die Forderung das mal endlich umzuschreiben ?

  • P
    Peter

    Die Debatte über Rassismus, Sprachgebrauch in Büchern ist wichtig.

    Aber statt alte Bücher mit alten Inhalten verändern, könnten Kinderbücher/Märchen komplett neu geschrieben werden. An dem Neuen, der positiven Fortschreibung kann man sich vielleicht mehr erfreuen. Sie könnten sogar Bestseller werden.

    Das Taka-Tuka-Land gibt es. Vor paar Jahren wurden durch Auswertung von Satelittenbildern per Zufall hunderte neue Inseln im Pazifik gefunden ;-)

     

    Maßstabsgerecht, wieviele Filme aus Hollywood müssten geändert werden?

     

    Trifft es zu das Ehrenbürger keine Steuern zahlen? D.h. wenn der Ehrenbürger ein Autor ist, seine Autorenhonorare komplett steuerfrei sind? Diese können vererbt werden.

    Nun verstehe ich warum François Genoud(Willi Winkler, "Der Schattenmann"!) seine Erben und das bayerische Finanzministerium bestimmte Ehrenbürgschaften nicht aberkennen und woher bestimmte Verlage viel Geld haben.

    Geht es um Honorare oder um Inhalte?

  • T
    tommy

    "Aber ich würde meinen Kindern zum Beispiel entsprechende Szenen aus Pippi Langstrumpf oder das Buch Jim Knopf nicht vorlesen, weil ich sie nicht diesen Bildern aussetzen möchte."

     

    "Jim Knopf" ist rassistisch? Irgendwie denke ich, dass eher das Gegenteil von Michael Ende intendiert war, als er einen schwarzen Jungen zum Helden der Geschichte machte (der wenn ich mich recht erinnere, auch noch eine chinesische Freundin hatte und sich am Ende als König herausstellt, also sicherlich kein Herrschaftssubjekt weißer Herrenmenschen ist). Dass diese Geschichte, die in den 1980er Jahren zweifellos antirassistisch gemeint war, heute als "rassistisch" gesehen wird, nun ja...

    Aber sowas wie Intention des Autors, Erzählzusammenhang der Geschichte etc. zählt natürlich nicht - gegen das subjektive Empfinden von Angehörigen ewig diskriminierter Gruppen kann ein "privilegierter" Weißer (erst recht wenn es sich um einen heterosexuellen Mann handelt) nur verlieren.

    Wenn ich sehe, über welche Themen in diesen Tagen die Berufsbetroffenen sprechen (Kinderbücher, Herrenwitze), während andernorts Wirtschaftssysteme zusammenbrechen, blutige Konflikte mit ethnisch motivierter Gewalt toben und Umweltprobleme sich zusehends verschärfen, kann ich nur zu einem Schluss kommen: Dem nicht-produktiven Bürgertum in "Bildungs"wesen und Medien (wozu sowohl Bax als auch Frau Haruna gehören) mit seiner Vorliebe für identitätspolitische Themen geht es in diesem Land und in anderen Ländern Westeuropas noch immer viel zu gut. Den Herren und Damen ist zu wünschen, dass sich das in den heraufziehenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verwerfungen ändern wird.