Autorin über Rassismus in Kinderbüchern: Pippi und der Kolonialismus
Deutsche verteidigen rassistische Wörter und blenden gleichzeitig ihre koloniale Vergangenheit aus. Das sagt die Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo.
taz: Frau Otoo, wird die Welt besser, wenn man diskriminierende Wörter wie „Neger“ aus Kinderbüchern streicht?
Sharon Dodua Otoo: Das ist komplizierter, als es scheint. Der Rassismus in „Pippi Langstrumpf“ zum Beispiel hängt nicht davon ab, ob die Schriftstellerin Astrid Lindgren ursprünglich das N-Wort benutzt hat. Auch wenn man dieses Wort streicht, wird Rassismus weiterhin eine Rolle spielen.
Warum?
Die Geschichte, dass Pippis Vater irgendwo hinsegelt und sagt „Ich bin jetzt König“, das ist kurz gesagt die Geschichte von Kolonialismus, das ist Rassismus.
Also macht es keinen Unterschied, ob das Wort verwendet wird oder nicht?
Ich finde es gut, dass es künftig gestrichen wird. Denn Kinder sollten nicht lernen, dass das N-Wort ein neutrales Wort ist.
40, ist Britin, Autorin und Herausgeberin der englischsprachigen Buchreihe „Witnessed“ in der Edition Assemblage. „the things i am thinking while smiling politely“ ist ihre erste Novelle und erschien im Februar 2012. Otoo ist seit Jahren in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland aktiv und Mutter von vier Kindern. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Ist es nicht hilfreicher, wenn man den Begriff so stehen lässt und dafür darüber redet?
Nein, man braucht keine beleidigenden Wörter, um sich in dieser Gesellschaft mit Rassismus zu beschäftigen. Ich muss auch nicht „Schlampe“ und „Hure“ in Kinderbücher schreiben, um über Sexismus zu sprechen. Außerdem geht dieser Gedanke von der Annahme aus, man würde sonst keine Gelegenheit haben, mit Kindern über Rassismus zu sprechen. Das ist für schwarze Kinder natürlich überhaupt nicht zutreffend.
Streicht man mit dem Wort nicht auch die Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus?
Als schwarze Person, die in Deutschland lebt, erlebe ich, wie sehr der Kolonialismus in Deutschland ausgeblendet wird. Es gibt so viele ExpertInnen zur deutschen Kolonialzeit, die jeder Zeit ihr Wissen mit allen teilen würden. Aber sie werden ignoriert. Viele Menschen glauben, dass Deutschland keine Kolonien hatte oder sie sagen, „das war nur so eine kurze Zeit“. Wer weiß denn heute von der Afrikakonferenz 1884 in Berlin? Genau hier ist es passiert, dass Afrika zerteilt und verschenkt wurde wie ein Stück Kuchen. Es ist deshalb umgekehrt: Erst durch die N-Wort-Debatte reden weiße Deutsche jetzt auch über Rassismus und das deutsche Kolonialerbe.
Sie sagen selbst, dass Stereotype auch ohne den Begriff bestehen bleiben. Wie entscheidet man, was geändert werden muss?
Es gibt verschiedene Grade von Verletzungen, die die Würde des Menschen betreffen. Die Rolle der Frau zum Beispiel in Kinderbüchern besteht oft einfach nur darin, hübsch zu sein und darauf zu warten, von einem Prinzen gerettet zu werden. Das empfinde ich als Frau auch als problematisch. Aber ich habe Vertrauen, dass Mädchen heute verstehen, dass es sich um eine Männerfantasie handelt und dass sie diese Rollenbilder nicht bedienen müssen. Denn sie haben genügend Vorbilder in ihrer Realität, die etwas anderes verkörpern.
Was unterscheidet dann ein einzelnes Wort von einer ganzen Handlung, die beispielsweise eine Frau in einer klischeehaften Rolle zeigt?
Bei einem ausgeschriebenen Wort ist es etwas anderes als bei einer ganzen Handlung. Der Begriff wird ja nicht problematisiert. Pippi fragt sich ja nicht, wie die Leute sich selbst nennen, nein, sie sagt, die heißen so und so und die lügen und machen dies und das. Das führt dazu, dass Menschen und Kinder, die das Wort lesen, denken, es wäre ein normales Wort.
Ist es nicht Zensur, wenn man Wörter, die man politisch nicht korrekt findet, streicht?
Leute, die sagen, das sei Zensur, haben nicht verstanden, was Zensur ist, und sie haben auch nicht verstanden, was Recht in einer Demokratie ist. Ein Vater hat sich an den Thienemann Verlag gewendet und auf ein Problem aufmerksam gemacht. Er hat von seinem Recht Gebrauch gemacht, Dinge zu kritisieren. Der Verlag hat sich daraufhin mit der Familie Preußler zusammengesetzt und diskutiert. Und sie haben dann entschieden, das N-Wort in Neuauflagen nicht mehr zu drucken. Wo ist da Zensur?
Aber Bezeichnungen für das „Fremde“ haben sich schon immer geändert. Zum Beispiel von „Asylant“ zu „Ausländer“ zu „Migrant“ zu „Mensch mit Migrationshintergrund“. Muss man jetzt alle paar Jahre Wörter in Kinderbüchern ändern? Wann hört das auf?
Es hört nicht auf.
Ist das die Lösung? Wörter immer wieder auszutauschen?
Es gibt immer wieder Sprachreformen. Ich habe Germanistik in London studiert. Da habe ich gelernt, dass „dass“ mit „ß“ geschrieben wird, ich habe damals gelernt, dass „Du“ immer großgeschrieben wird. Es gab kein „skypen“, kein „liken“. Sprache ändert sich. Wörter ändern sich.
Könnte man sich das nicht ersparen und sich darauf konzentrieren, was sich die Autoren und Autorinnen gedacht haben? Gerade Ottfried Preußler und Astrid Lindgren galten als große Aufklärer.
Es kann sein, dass Astrid Lindgren es nicht rassistisch gemeint hat. Auch für mich war Pippi ein großes Vorbild. Aber meine Definition von Rassismus beruht nicht darauf, dass jemand schwarze Menschen töten oder durch die Straßen jagen möchte. Bei Rassismus geht es nicht um die Intention, sondern um Wirkung. Er schafft ein System, in dem Ungerechtigkeiten und Gewalt ausgeübt und verharmlost werden. Rassismus ist auch schädlich für weiße Personen. Sie sind weniger bereit, empathisch zu sein. Das sieht man auch in dieser Debatte.
Inwiefern?
Menschen werden als „politically correct“ beschimpft, man spricht von Zensur, von der Freiheit der Kunst, nur weil man sagt, dass man ein Wort als rassistisch empfindet und nicht in Kinderbüchern lesen will. Warum will man krampfhaft ein Wort verteidigen, von dem angeblich jeder weiß, dass es verletzend ist?
Sie sind selbst Schriftstellerin. Finden sie es nicht problematisch, in literarische Werke einzugreifen?
Für mich fällt das N-Wort nicht unter die künstlerische Freiheit, das Wort ist ein Verbrechen. Für jemanden wie mich, die mit zwei Sprachen lebt, ist es aber auch eine Frage der Übersetzung. Gerade wenn man argumentiert, Astrid Lindgren habe es nicht rassistisch gemeint, dann ist es auch in Ordnung, ihre Worte ins Neudeutsche zu übersetzen. Wenn sie einen Menschen beschreiben wollte, der auf einem anderen Teil der Erde wohnt und nicht beleidigen und ein kolonialistisch geprägtes, rassistisches Wort benutzen wollte, dann kann man es ruhig anders übersetzen.
Sie leben als Britin schon lange in Deutschland. Hat diese Kinderbuch-Debatte für Sie etwas typisch Deutsches?
In England ist das N-Wort einfach ein No-go. Da muss man nicht diskutieren. Wenn man jemandem sagt, das empfinde ich als rassistisch, dann folgt in der Regel als erste Reaktion eine Entschuldigung. Was ich als sehr deutsch empfinde, ist dieses ganz sture Recht-haben-Wollen. Da kommen Argumente, wie „Mein schwarzer Freund hat gesagt, er findet das nicht rassistisch“.
Wer darf denn entscheiden, was rassistisch ist und was nicht?
Für mich ist die Bewegung wichtig, Institutionen, Initiativen, genau wie beim Feminismus. Man kann sich nicht als Einzelperson hinstellen und sagen, meine Freundin findet „Tussi“ okay, deshalb ist das nicht sexistisch. Es gibt auch einige Selbstorganisationen in Deutschland, zum Beispiel die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, sie sprechen gerne mit jedem, der in der Lage ist, zuzuhören.
Was steht denn als Alternative in ihrem Bücherregal?
Ich weiß nicht, was wir haben, was andere nicht haben, Harry Potter, Charles Dickens usw. Unser Bücherregal ist wahrscheinlich ziemlich durchschnittlich, wir haben eine Sammlung von den Lieblingskindergeschichten von Nelson Mandela, vielleicht ist das etwas anders. Es wäre schön, wenn es gute Bücher gäbe, die Rassismus thematisieren würden, oder einfach Bücher, in denen schwarze Kinder ganz selbstverständlich vorkommen ohne etwas Besonderes zu verkörpern. Aber die fehlen.
Möchten Sie kein besseres Kinderbuch schreiben?
Doch, doch! Es ist bereits in Arbeit. Ich habe ja sehr gute und vor allem kritische Testleser zu Hause.
Leser*innenkommentare
jnhmsbn
Gast
Charles Dickens?
Solange Sie das Ihren Kindern nicht vorliest. Gerade Oliver Twist ist extrem antisemitisch, aber vielleicht ist das nicht so schlimm - Religion ist ja keine Hautfarbe.
Chipaya
Gast
Zum Beispiel von „Asylant“ zu „Ausländer“ zu „Migrant“ zu „Mensch mit Migrationshintergrund“.
Na, ob diese Begriffe wirklich alle dieselben Personen bezeichnen? Wohl nur für jemanden, der sehr undifferenziert zwischen In- und Outgroup unterscheidet.
ion
Gast
[Teil 1/2]
@ Lidwina (21.02.2013 17:40),
Sorry, würde Ihr Lk, Ihre auch dezidiert an mich adressierte Re mir nicht unmittelbare Kopfschmerzen ob Ihrer ausufernden inneren Wiedersprüchlichkeit verursachen, würde ich eingehender und wohl ‘p.c.’-er darauf eingehen – so bitte ich um Ihr Verständnis für ’s Konzise:
Schließen Sie bitte nicht von sich auf andere, oder ausgesprochen ‘kolonial’(!): alle: "(....) und dass auch wir das noch sind."
Respektieren Sie einfach die Werke anderer und gehen Sie ruhig mal davon aus, dass die Autorin (in ihrer Zeit) wusste, was sie tat; Dass sie also meinetwegen auch bewusst, wie Sie schreiben: "in der Tat die Abbildung von Kolonialismus", "Imperialismus und Kolonialismus" vornahm – auch das wäre keinesfalls per se "rassistisch". Vielleicht ließ ja gerade ihre Zeit erst zu, auch solche ‘Wundertaten’ des in die Welt segelnden, abergläubig-exekutierenden Weißbrotes auch in Kinderbüchern zu thematisieren, zumal die Geschehnisse so oder ähnlich verlief-en und die Autorin somit zumindest auch einigen Eltern den Spiegel vorhielt – und sei ’s durch aufgeweckt nach-fragende Kinder (, nicht Ihre!).
Sofern Sie texten: "Es geht aber nicht um die Frage: „War Frau Lindgren Rassistin?“", widersprechen Sie sich unmittelbar selbst, denn unfraglich behaupten Sie, dass zumindest Sie sie nolen volens für eine halten: "dass sie wie ihre ganze Zeit in rassistisch und kolonial geprägten Denkmustern verhaftet war (....)."
ion
Gast
[Teil 2/2]
@ Lidwina (21.02.2013 17:40),
Sie werden nicht schöner, wenn Sie den Spiegel zerschlagen, der Ihnen etwas (in Ihren Augen) Häßliches zeigt – versprochen! In diesem Kontext also wieder mal die Kinder zu instrumentalisieren, weil die "offensichtlich (....) nicht in der Lage" sind, "sich selbst zu regieren, denn sonst bräuchten sie wohl keinen weißen König.", ist ein perfekt an sich selbst adressiertes Armutszeugnis. Ich lehne es kategorisch ab, dass v-erwachsene ‘Gutmenschen’, die vorgeben, ‘nur’ das unbefleckte Wohl ihrer(!) Kinder im Sinn zu haben, wieder und wieder an Werken anderer rumschrauben wollen, nur, weil sie weder sich, noch ihren Kindern eingestehen wollen, dass die von ihnen in vollen Zügen genossenen Privilegien eben auch auf jener Geschichte Ihrer (ur-eigenen) Weißbrot-Vorfahren basieren!
Und wer weder die Kompetenz noch das Standing hat, Kinder angemessen zu begleiten, sollte sich andere Spielzeuge zulegen, die er, wenn er ausgespielt hat, in der Ecke ablegen und vergessen kann; Oder eben das ‘Private Idaho’ von derlei Werken vermeintlicher ‘RassistInnen’ clean halten; Aber bitte nicht dem Rest der Welt vor-führen, -schreiben, welch ‘gute Absichten’ Sie mit Ihrem kleinen, privaten Reinigungs-Faschismus der Menschheit angedeihen lassen wollen. Mich fern-traumatisieren derlei oder Grimms’ Hexen noch heute!
Wilke
Gast
Zitat von Frau Otoo:
“Die Geschichte, dass Pippis Vater irgendwo hinsegelt und sagt “Ich bin jetzt König”, das ist kurz gesagt die Geschichte von Kolonialismus, das ist Rassismus.”
So war es aber nicht. Pippis Vater ist nämlich nicht einfach “irgendwo hingesegelt“, sondern er wurde während eines Sturmes von Bord seines Schiffes ins Meer geweht und verschwand.
Dann wurde er an eine Insel geschwemmt. Er war also nicht “gezielt” dort und schon gar nicht, um dort König zu werden! Die Inselbewohner haben ihn, als er mit bloßen Händen eine Palme ausriss (der Vater ist nämlich der einzige auf der Welt, der annährend so stark ist wie Pippi), selbst zu ihrem König ernannt.
Auch wird im gesamten Buch nicht ein einziges Mal behauptet, dass Pippi sich nicht fragt, “wie die Leute sich selbst nennen”, oder “die heißen so und so und die lügen und machen dies und das (…)”
Vielmehr ist es so, dass die Kinder, schwarze wie weiße, während Pippis, Thomas’ und Annikas Aufenthalt auf der Takatuka-Insel VON EINANDER lernen, MITEINANDER spielen und sich niemand dem anderen überlegen fühlt.
Ich finde, man sollte Bücher wenigstens (vollständig) gelesen haben, um diese nicht als rassistisch und kolonialistisch fehl zu interpretieren.
Im Übrigen - wer sich ernsthaft mit der Person Astrid Lindgren auseinandersetzt hat, wird niemals auch nur annährend auf die Idee kommen, dieser rassistisches Gedankengut zu unterstellen.
ion
Gast
@ Lidwina,
m-eine Re (23.02.2013 03:11, 2736 Zeichen) zu Ihrem auch an mich adressierten, vor allem von inneren Widersprüchen geprägten Leserkommentar (2271 Zeichen) wurde von der taz nicht freigeschaltet – so viel zum Thema Zensur, egal wessen und im Sinne welcher «Brave New World».
dem lentz
Gast
@Lidwina
lesen sie ihnen einfach pippi nicht vor
es schadet ihnen eh nur
der grauenerregende umgang mit amtspersonen, auch wenn diese extrem wohlmeinend sind
die verweigerungshaltung gegen schulische bildung
das vergöttern von menschen die einen schlecht behandeln(pippis sie vernachlässigender vater, pippi wiederum ihre "freunde" die sie aus einer quasi-guru position herraus dückert)
überhaupt das leben in der phantasie statt in der realität das hier offen propagiert wird
männlichen kindern sollte man mindestens die ohren zu halten, da pippies vater ja durch ignoranz glänzt,obschon er der einzig verantwortliche währe-soll das ein rollenvorbild sein?
es giebt nichts, aber auch überhaupt garnichts an diesen büchern das einer neo-puritanischen inhaltsüberprüfung standhalten kann; diese machwerke sind auf allen ebenen (und es scheint es wurde sich warhaftig mühe gegeben nichts auszulassen)pädagogisch unvertretbar.
genau dafür wurden sie in einem europa das sich gerade aus der absoluten obrigkeit und mehrheitshörigkeit befreien musste geliebt.
nehmen sie das weg, berauben sie es seiner fröhlichen unkorektheit, bleibt ein trauriges, einsames, biestig verlogenes kleines mädchen ohne hoffnung und zukunftsaussichten...wollen sie dieses ihren kindern vorlegen?
vlt werden zukünftige generationen, wenn sie mit dem therapieren ihrer depressionen durch sind, wieder etwas ähnliches schaffen müssen um sich von der erwürgenden direktheit der realität zu befreien
dem lentz
Gast
@ Thomas
halbwertzeiten
literatur hatt halbwertzeiten
die von lindgrens werken scheint nach 2 generationen erreicht
wenn man anfangen muss die geselschaftlichen bedingungen zu erklähren unter denen ein buch geschrieben wurde ist seine direkte wirksamkeit in der welt verpufft, und kein herrumdoktorn an einzelnen wörtern kann da noch helfen
südsee?
ein romantischer begriff wie negerprinzessin
aber das einzige was da(in der südsee)noch an die romantischen bilder die der begriff im kopf erzeugt übereinstimmt sind die hakas der rugbymanschaften
letztlich wird das bizzare nur verschoben, nicht aufgehoben
shakespear im mittelenglischen original hatt eine wucht und stimmigkeit die sich nicht substituieren läst
goethes oder lessings wissenschaftliche werke (deren erkentnisse lange veraltet sind) verständlich zu machen geht noch an, die dichtungen allerdings verlieren in der modernisierten form ihren zusammenhang
lassen wir die bücher doch als das gelten was sie sind
dokumente der kultur des 20jh
nicht des 21
sie können ihren kindern natürlich auch modernisierte varianten von ritterromanen oder jules verne vorlesen, aber bedenken sie das auch tolkien,der immerhinn schon 20jh war, in der kinofassung zumindest einer milden aufwertung der weiblichen rollen bedurfte um nicht völlig vorgestrig zu wirken, erfolglos will ich meinen.
die neuen kulturellen zustände brauchen dokumente ihrer selbst, plagiation hilft da nicht weiter; wer dokumente vergangener zeitalter konsumieren möchte muss leider auch die gedankenwelt der damaligen zeit durchdringen um sie zu verstehen.
JoHnny
Gast
?!: "no-go..."
werte sharon dodua otoo,
es waren yoko ono und john lennon, die bereits
vor jahren die aktuell diskutierte problemsitu-
ation mit dem titel
"the woman is the nigger of the world"
trefflich zum ausdruck brachten!
mfg
Lidwina
Gast
@Vera Gehlkiel und ion und andere
Man kann Frau Lindgren nicht mehr fragen, wie das Wort gemeint ist, aber man kann einen Begriff in seinem literarischen Kontext analysieren.
Wenn Pippis Vater als Weißer über ein schwarzes Volk herrscht ist das in der Tat die Abbildung von Kolonialismus – und rassistisch. Es entsteht im Kopf ein Bild von Wilden, die einen kindlichen Charakter haben (Pippi bezeichnet sie selbst herablassend wie ein Spielzeug oder Haustier als „meine (Kureduten?)“, es werden ihnen moralisch fragwürdige Eigenschaften zugeschrieben und offensichtlich sind sie nicht in der Lage ist, sich selbst zu regieren, denn sonst bräuchten sie wohl keinen weißen König. All das sind Bilder, die im Kontext von Imperialismus und Kolonialismus von Afrikanern gezeichnet wurden: moralisch minderwertig, unselbständig, kindlich.
Es geht aber nicht um die Frage: „War Frau Lindgren Rassistin?“ Es geht darum, anzuerkennen, dass sie wie ihre ganze Zeit in rassistisch und kolonial geprägten Denkmustern verhaftet war und dass auch wir das noch sind.
Natürlich kann man sachlich darüber debattieren, ob es sinnvoll oder gar zulässig ist, Literatur im Nachhinein zu ändern. Im Falle von Kinderbüchern ist es zu befürworten, denn Kinderbücher – und gerade Klassiker wie Pippi Langstrumpf – prägen Weltwahrnehmung nachhaltig. Und Kinder haben nicht immer Lust, über das was gerade vorgelesen wird, zu diskutieren, weil sie in der Welt der Erzählung bleiben wollen. Und Kinder sind manchmal alleine mit dem, was sie lesen, hören oder sehen – und können nicht auf die Fragwürdigkeit eines Begriffs hingewiesen werden oder sind möglicherweise – viel schlimmer noch – allein mit einer Traumatisierung. Der Aspekt, dass es nämlich auch Schwarze Kinder sind, die diese Bücher lesen oder vorgelesen bekommen, wird in der Diskussion meist ignoriert.
Im Ubrigen: Für die Auseinandersetzung mit Rassismus brauchen wir nicht rassistische Begriffe in Kinderbüchern. Die deutsche Gegenwartsrealität bietet uns dazu genug Gelegenheiten sei es die Darstellung von Afrika und Afrikanern durch Hilfsorganisationen, Polizeikontrollen nach Racial Profiling, der Umgang mit Flüchtlingen – und nicht zuletzt die Ausblendung von Schwarzen LeserInnen von Kinderbuchklassikern.
Sabine
Gast
Astrid Lindgren war Schwedin, "Negerkönig" ist eine deutsche Übersetzung. Welche Konnotation hat das Originalwort eigentlich im Schwedischen?
"Negerkönig" hat mit dem absichtlich abwertenden N-Wort,"Nigger", nichts zu tun. Pippi Langstrumpf als kolonialistisches Werk anzusehen, ist lächerlich bzw. bösartig.
Wenn deutsche Kinder sich im Fasching als Prinzessin, Königin oder König verkleiden, ist das dann auch Ausdruck von offen zur Schau getragenem Kolonialismus? Sollte man von nun an nicht auch bestimmte Faschingsverkleidungen verbieten, die Frau Otoo beleidigen könnten?
treibsand
Gast
Zitat Thomas:
"[...] Bibel ("Frau" anstatt "Weib"), [...]"
Das ist ein gutes Beispiel, denn es gibt mehrere "anerkannte" Bibel-Ausgaben, die gleichwohl alle Übersetzungen sind. Also jeder nach seiner Fasson. Ungebrochen beliebt ist übrigens die Lutherbibel 1984. "Weib" wird da ganz selbstverständlich verwendet und ist innerhalb eines klassischen Literaturverständnisses durchaus positiv besetzt.
Schwierig, Thomas, wenn man mit moralischem Rigorismus, aber frei von kulturhistorischen Kenntnissen, die Axt an Kulturgüter legen will.
mein name
Gast
@petronius
"warum, fr. otoo, ist "neger" diskriminierend, "schwarzer" aber nicht?"
Ganz einfach, weil dies vom Zentralrat der deutschen PoC so festgelegt wird. Nächstes Jahr ist was anderes dran. Vielleicht "Schaumkuss".
Weißbrot
Gast
Befreier Francois Hollande wird wohl die korrekten Termini verwendet haben, als er sich von Malis Bevölkerung feiern ließ.
Und natürlich kam er als Gleicher zu Gleichen (wegen der edlen Werte des weißen Mannes), nicht als Kolonialherr, der genau das macht, was er gerade für richtig hält.
Thomas
Gast
Die vielen Kommentare hier zeigen deutlich, wie wichtig ist, diese rassistischen Wörter endlich aus der Sprache zu tilgen.
Im Falle der Bibel ("Frau" anstatt "Weib"), im Falle von Goethe, Shakespeare, Lessing und anderen Autoren passt man die Sprache an - und keiner beschwert sich.
Nur wenn rassistische Wörter entfernt werden sollen, geht es manchen Leuten plötzlich um die "Reinerhaltung" der Literatur.
Wem schadet es, die rassistischen Wörter zu entfernen?
Hunderttausenden nützt es auf lange Sicht.
petronius
Gast
susanna:
wenn sie "Teil eines rassistischen Systems sind", sollten sie lieber aussteigen, als hier den moralischen zeigefinger zu heben
ich wüßte nicht, teil welchen "rassistischen Systems" ich warum sein sollte - jedenfalls werde ich nicht stellvertretend für andere, die zufällig ein der meinen ähnlichen hautfarbe haben, in verbale selbstgeißelung verfallen und mich jedem dunkler häutigen gegenüber in schuldbezeigungen ergehen
im übrigen wollen die das zum größten teil wohl auch gar nicht...
Michael
Gast
@petronius: Wow, ganz klasse!!!
(keine Ironie, muß man ja dazusagen)
Negerlein
Gast
ich lasse mich gerne Negerlein nennen. Negro heisst schwarz (spanisch), black is beautiful :)
Lorenz P. Tews
Gast
'Jedem das Seine' ...lat. suum cuique... stand nach innen gerichtet über dem Eingangstor zum Konzentrationslager Buchenwald.
Darf man diesen ursprünglich der antiken Philosophie entstammenden Gedanken der Verteilungsgerechtigkeit heute noch laut denken ?
der lentz
Gast
zum philosophischen aspekt
einer der wichtigsten eckpunkte in der modernen philosophie ist , seit kant, die handlungen eines menschen an der motivation zu messen, nicht an dem was er tut, denn egal wie gut etwas gemeint ist, schief gehn kann es immer, und egal was der zufall an positivem hervorbringt, es macht einen übelmeinenden nicht zum heiligen.
die umkehrung dessen, nicht nur nicht die motivation einer handlung, so wenig wie sie selber, sondern die subjektive betrachtung durch nicht zwingend von der eigentlichen handlung betroffene in den mittelpunkt der bewertung zu rücken, im derzeitigen ego-diskurs ist absurd, diskriminierend ist was diskriminierend gemeint ist
ich weis aus eigener negativer erfahrung wovon ich rede
ja
alles ändert sich
aber nicht rückwirkend
exi
Gast
Als "N-Wort-Mensch" sollte Frau Otoo wenigstens konsequent sein und ihr Problem direkt beim Namen nennen: am deutschen Wort Neger stört sie, daß es so ähnlich klingt wie das englische Wort Nigger.
Ohne Zweifel verstehe ich, warum Frau Otoo dieses ablehnt. Denn in *ihrer* Sprache wird Nigger als Schimpfwort benutzt. Und was die Amis und Briten mit der Verschleppung und Versklavung unzähliger Neger verbrochen haben, darf niemals vergessen oder bagatellisiert werden.
Aber was ich nicht verstehe ist, warum Frau Otoo ihre Abneigung gegen Groß Britanien, die USA und deren gemeinsame Sprache an den Deutschen (und einer Schwedin) abreagiert. Und sich dabei noch auf ein Wort fixiert das deutlich älter ist als die Greul die ihre Landsleute verbrochen haben. Insbesondere, wenn dieses Wort ein (lateinisch-portugisisches) Synonym für Schwarz ist, gegen das sie selbst keine Einwände finden kann.
treibsand
Gast
Kinderbücher sollen unterhalten und erziehen. Aber sie bleiben Kunstwerk eines Künstlers, der in einer bestimmten Zeit und Welt schrieb. Das macht das Werk unverwechselbar.
Fangen wir an, Kunst zu normieren und zu glätten, verschwinden Werk und Individualismus. Wenn wirklich die humanistische Intention zählt, wie Frau Otoo sagt, dann ist das gebrauchte Wort nicht entscheidend. Dem Bedeutungswandel von Wörtern hinterherzuhecheln, kann für einen Schriftsteller keine Möglichkeit sein.
Das N-Wort betreffend: Ich empfand "Schwarzer" nicht weniger verletzend als "Neger". Ich habe bis heute Zweifel, welches Wort in welchem Zusammenhang politisch korrekt ist. Aber ich weiß, dass Rassisten jedes Wort verhöhnend und verletzend gebrauchen.
Rassismus sucht sich seinen Weg, er braucht keine bestimmten Begriffe. Im Gegenteil. Er wird einfach subtiler.
Fisch
Gast
Zwei Punkte sind mir in den Aussagen von Frau Otoo besonders aufgefallen, die mir sehr missfallen, weil es sich dabei um grundlegende Aspekte der ganzen Rassismusdiskussion handelt:
1. Sie spricht immer nur vom "N-Wort", ohne dass klar wird, welches Wort sie eigentlich meint. Während "Nigger" wohl eindeutig herabwürdigend und rassistisch ist, ist "Neger" gerade für viele ältere Menschen eher ein beschreibender Begriff, der eben Menschen mit schwarzer Hautfarbe und afrikanischer Abstammung meint.
2. Sie erklärt nicht, was für sie Rassismus ist und warum sie die Verwendung des "N-Worts" für rassistisch hält. Wenn Rassismus bedeutet, dass jemand andere Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Abstammung für minderwertig hält und sie ablehnt, dann ist die Verwendung des Worts "Neger" in den meisten Kinderbüchern gerade kein Rassismus, weil der Begriff beschreibend verwendet wird. Stellt man allerdings darauf ab, ob sich jemand wegen seiner Herkunft oder Abstammung auf Grund des Verhaltens anderer herabgesetzt fühlt, dann wäre es wohl Rassismus. Dann allerdings würde der Rassismusbegriff völlig ausufern, weil sich immer irgendwer herabgesetzt oder beleidigt fühlt. Sollen sich jetzt z.B. die Bayern bei den Franzosen über das Wort "les allemands" beschweren ("Ich bin kein Alemanne, ich bin Bayer.")? Die Situation wird weiter erschwert, wenn allein auf die Befindlichkeiten Einzelner abgestellt wird, weil dann noch weniger klar ist, wer wen wodurch beleidigt hat (womöglich ohne es zu wollen und zu wissen).
Montherlant
Gast
Warum nur muß ich bei dieser unseeligen und unsäglichen Diskussion immer Minor Threat denken?
https://www.youtube.com/watch?v=l0tzZ__Z5Qw
Wer Pippi Langstrumpf oder anderes nichts lesen möchte, weil ihn bestimmte Wörte stören, der soll es einfach lassen. Aber er soll bitteschön gegenüber anderen nicht einen völlig unnötigen und überdies absurden moralischen Zeigefinger schwingen.
Es ist wirklich das sinnvollste, Kindern nur antiquarische Ausgaben vorzulesen! Das erweitert zudem häufig nicht nur den Wortschatz der Kinder.
JanedasHuhn
Gast
Es gibt kein Jugendbuch über Rassismus. Dann muss ich eine andere Harry Potter Ausgabe haben. Als positive Identifikations Figur kann ich nur Jim Knopf empfelen.
Ich habe den Eindruck, das diese Debatte die Autoren trifft, deren fantastischen Welten etwas utopisch idyllischs haben. Jetzt fällt auf, dass Brüche da sind. Was soll hier geschützt werden? Die unschuldige Kindheit, wir wissen das sie nicht Existiert. Kinder wissen, dass sie nicht existiert. Es muss aber erlaubt bleiben zu täumen. Davon superstarke Freunde zuhaben, oder omnipotent zu sein und ein König. Wenn man Kinder aus diesen Phantasien heraus wachsen lässt, lernen sie auch, das manche Wörter im Realenleben keinen Platz mehr haben.
der lentz
Gast
zum historischen
es giebt nicht nur fakten sondern auch motivationen
berlin war treffpunkt wg der "neutralität" in der masse der französisch/englischen konflikte
der rest war b.a.u.
http://www.youtube.com/watch?v=c-WO73Dh7rY
Vera Gehlkiel
Gast
Bitte Kopf anschalten! Es droht Gefahr, wenn die "political correctness" sich soweit breit macht, dass schon die Autorenschaft im Namen des Besseren ohne weiteres infrage gestellt werden kann. Frau Lindgren ist tot, niemand kann von ihr persönlich deshalb noch erfahren, wie der "Neger" gemeint war. Diese Diskussion muss daher ausgehalten werden können.
Wer meint, es handelt sich um Rassismus, muss eben für sein Kind andere Bücher kaufen. Ich finde, es sollte aber auch nicht ausser acht gelassen werden, dass dann eine mögliche Gelegenheit, mit seinem Kind zusammen in das Thema einzusteigen, ungenutzt bleibt.
Im Allgemeinen wird man, sollen Übel wie Rassismus irgendwann mal der Vergangenheit angehören, seinen Kindern eher einen Gefallen damit tun, setzt man sich selbst mit dem Thema aktiv auseinander, und nimmt so auf selbstverständliche Art und Weise die Rolle eines Vorbildes ein.
Dies wird nur dann möglich sein, wenn die Geschichte des Rassismus, die selbstredend auch eine Geschichte der Wörter ist, nachvollziehbar bleibt und wird. Klar ist das ein überheblicher und akademischer Standpunkt gegenüber einer jungen Frau, die es wahrscheinlich satt ist, öffentlich beständig vorwiegend über Skills definiert zu werden, die der Mottenkiste vergangener Jahrhunderte entstammen.
Aber anders könnte es halt nur sein, nähme man an, im Sinne Rousseaus sei bewiesen, dass der Mensch von den nativen Grundlagen her gütig, hilfreich und edel sei, ein simpler Naturalismus, der sich gerade wieder ganz schön breit macht. Ausser fortgesetzter Beliebtheit in bestimmten Milieus spricht aber nicht mehr sehr viel für Rousseau. Unwahrscheinlich, das wir unserer Geschichte durch Umetikettierungen und Wechsel der Labels entgehen können. Viel zu riskant, das einfach mal zu glauben und soviel dafür in Kauf zu nehmen wie das Fälschen von Büchern.
tommy
Gast
Ist das Thema nicht langsam durch? Also Euch bei der taz scheints trotz aller Klagen wirtschaftlich immer noch zu gut zu gehen, wenn man sieht, womit Ihr Euch so befasst.
Zum Interview: Immer dieselben Pauschalanschuldigungen, von wegen Deutschland habe seine Kolonialvergangenheit nicht aufgearbeitet etc. Dabei war gerade in den letzten Jahren der Völkermord an den Herero in den Medien (auch in den eher populären) immer wieder Thema. Auch andere Kolonialthemen wurden durchaus thematisiert. Aber insgesamt hat die außereuropäische Kolonialgeschichte eben für Deutschland tatsächlich nicht die Bedeutung für Deutschland wie für GB oder Frankreich, weil sie im Vergleich eben doch zeitlich und geographisch recht beschränkt war. Wenn es heute überhaupt noch Leerstellen in der deutschen Verbrechensgeschichte gibt, dann liegen die woanders - für mich ist immer noch vieles unscharf, was die deutschen Verheerungen in Weißrussland während des 2.Weltkriegs angeht, ein Thema das für mich und viele andere Deutsche aufgrund der familiären Verstrickungen viel relevanter und schmerzhafter ist als der deutsche Kolonialismus. Aber dafür interessiert sich Frau Otoo natürlich nicht, denn hierbei geht es nicht um "people of color".
der lentz
Gast
"dass Pippis Vater irgendwo hinsegelt und sagt „Ich bin jetzt König“,"
dann ist jedem kind das die geschichte hört klar das pippi aufschneidet
eine standardsituation spätestens im kindergarten
die klischees werden ja gerade durch die offensichtlichkeit entlarvt, das zu verbieten, ist wie das verhaften von nazigegnern mit durchgestrichenen hakenkreuzen wg nutzung verf.f.symb.
trefft die faschiste wenn ihr sie schlagt, und nicht ihre gegner
die entlarvung des klischees kann nur in exxemplum geschehen, damit sie verständlich ist
das problem ist der anti-infantile chauvinismus der kinder für zu bekloppt erklährt um zu verstehen was da asteht
früher gab es deshal die bestebungen pippi zu verbieten weil die kinder sich ja umbringen wenn sie versuchen an der decke zu laufen, was sie garantiert tun werden da sie ja nicht zwischen geschichten und realität unterscheidden können...was sie allerdings, wie die kindergenickbruchrate nach der ausstrahlung beweist sehr wohl können.
aber diese haltung gegenüber kindern hatt sich, qed, in den letzten jahrzehnten noch verschlimmert
heute würde pippi nicht mehr in die öffentlichen kommen, ob da der jugendschutz die verbände oder elterninitiativen schneller währen mit dem verhindern währe das einzig spannende
Katharina
Gast
@ Frank Dietz:
Und wenn wir schon bei Mozart und der "Fortschreibung" vermeintlich störender Begriffe und Inhalte sind: Wie halten wir es eigentlich mit Johann Sebastian Bach und all diesen notorischen Störern, deren Passionsmusiken derzeit wieder in allen Kirchen dieses Landes aufgeführt werden - meist auch noch gut besucht? Da wird Jesus bekanntlich gekreuzigt - ich sag jetzt mal sicherheitshalber nicht, von wem. Ist das nicht auch schwierig in diesen Zeiten? Darf man das überhaupt noch wissen? Tja, das ist ein Problem ...
Anna
Gast
Warum wird erst Wochen nach der Debatte endlich mal jemand gehört, die weiß wovon sie spricht. Und das sowohl aus wissenschaftlicher Perspektive als auch persönlicher Erfahrung (und ja, es gibt einen Zusammenhang zwischen Erkenntnis und Erfahrung, deshalb bitte alle, die diese Rassismuserfahrungen nicht machen bitte einfach mal lesen und zuhören). Und wer das Vorgehen des Verlages als Zensur bezeichnet, sollte sich vielleicht mal ein bisschen mehr fortbilden in Geschichte und Demokratieforschung!
British indeed
Gast
...als ob Großbritannien seine Kolonialvergangenheit aufgearbeitet hätte. Gerade in diesen Tagen sieht amn doch, wie sehr eine große Zahl der Briten noch an der alten Herrlichkeit des Empire hängt. Da wird dann auch gern mal in der öffentlichen Wahrnehmung Gandhi zum Ideal britischen Bürgersinns, anstatt als Gegner der brutalen Unterjochung Indiens durch die Briten begriffen zu werden. Abbitte, Aufarbeitung, Entschuldigungen? Lieber Elgars Pomp & Circumstance. Klar ist das N-Wort in England diskussionslos schlecht. Das liegt aber nicht an einer besonderen Sensibilität gegenüber Rassismus, sondern an dem stärkeren Sinn für Höflichkeit. Man pflegt seine Ressentiments eben im Privaten.
ion
Gast
Achtung-Achtung-Achtung! eine Durchsage an alle; Die hohe Kommission der Einwanderer gibt die allerneuste "Sprachreform"-Ergänzung bekannt:
"Deutsche", "(....), das Wort ist ein Verbrechen." !
Wem sich dabei die Fußnägel aufrollen, möge wohin auch immer auswandern – aber nicht kolonialisieren.
⚐
LeCo
Gast
Vielleicht müsste man das ganze mal von einer anderen Seite betrachten: Ich habe in meiner Kindheit und Jugend oft in alten Büchern das "N-Wort" oder ähnliche Bezeichnungen gelesen - und mir dabei oft gedacht, wie gut es doch ist, dass man das heute überhaupt nicht mehr sagen oder schreiben würde, wo das doch vor wenigen Jahrzehnten noch ganz selbstverständlich benutzt wurde.
Streicht man diese Wörter aus Kinderbüchern verhindert man auch, dass Kinder feststellen können, wie sich der Umgang damit in unserer Gesellschaft verbessert hat.
ion
Gast
"Die Geschichte, dass Pippis Vater irgendwo hinsegelt und sagt „Ich bin jetzt König“, das ist kurz gesagt die Geschichte von Kolonialismus, das ist Rassismus." – derlei Logik ‘muss’ frau/man wohl üben?! Ich würde erst mal vermuten, es handelte sich beim "irgendwo" hinsegelnden Ausrufer um einen Spaßvogel oder auf einer Apfelsinenkiste stehenden Durchgeknallten im Hyde Park.
" Wo ist da Zensur?" – es handelt sich immer(!) um Zensur, wenn am Werk eines sich nicht (mehr) dagegen verwahren könnenden Autors, Künstlers, etc. rumgepfuscht wird! Letztlich bleibt eben nur die Freiheit, auf den Konsum des persönlich (oder gemeinschaftlich) inkriminierten Werkes zu verzichten, also bitte: sich selbst zu zensieren(!) u./o. selbst ein vermeintlich voll p.c.-korrektes Kinderbuch zu schreiben, was, wie Frau Sharon Dodua Otoo ja selbst bekräftigt, letztlich unmöglich ist/wäre:
"Es gibt immer wieder Sprachreformen."
"(....), das Wort ist ein Verbrechen." – isch glaub’, esch hackt! Weiterhin viel Vergnügen bei derlei Spiegelfechterei. Noch was: wehe dem, der mir morgen von Indianern oder Rothäuten erzählen will!
atalaya
Gast
Wenn man dieses Diktum, nach dem es nicht um die Intention, sondern um die Wirkung gehe, zur Maxime erheben will, muss man Karrikaturen von Mohammed oder Jesus, Slut Walks, Demonstrationen, Autofahren, Fliegen, Kinder, Zeitungen, Alkohol ... nein, man muss das Leben selbst verbieten. Denn es gibt immer irgendein Handeln, das sich negativ auf andere auswirkt, obwohl es so nicht beabsichtigt ist.
Die Absicht der Autorin ist es sicher nicht, aber in der Wirkung wären ihre konsequent durchgespielten Gedanken der Tod von Freiheit und Demokratie.
@gerald
Gast
"(...)ich weiss das wir Kolonien hatten, dass Bismarck keine wollte und die Kolonien daher erst mit seinem Ruecktritt angefangen haben, dass alle 1914 an andere gegangen sind(...)"
Bereits unter Bismarck gab es die ersten Kolonien. Deutsch-Südwestafrika und Deutsch-Westafrika gab es beispielsweise seit 1884. Bismarck trat erst 1890 zurück. Die letzten Kolonien gingen auch nicht 1914 "an andere" sondern erst 1919 durch den Versailler Vertrag.
Pippi
Gast
Ich habe mich sehr über den Artikel gefreut, denn ich fand die anderen Artikel über rassistische Wörter in Kinderbüchern nicht reflektiert genug. Das Wort "Neger" ist ein Schimpfwort und kann deshalb auch geändert werden, wenn man es mündlich nicht mehr benutzt, warum sollte es dann in Ordnung sein es schriftlich zu verwenden, vor allem da es diskriminierend ist. Sehr schön, dass es nun auch mal einen Artikel gibt, der das ganze kritisch betrachtet und auch auf die Kolonialgeschichte eingeht!
Dirk
Gast
Ich erinnere mich noch an Zeiten, als das Wort "schwul" tabu war - bis es die Schwulen selbst übernahmen und aus der Schmähung etwas Positives machten, siehe Wowi, und das ist auch gut so.
Warum dunkelhäutige Menschen sich selbst durch ein Wort verletzlich machen, indem sie es als beleidigend definieren, ist mir nicht ganz klar.
noevil
Gast
Wenn ein erfreulich kluger Vater eingeht auf die Einwände seines erfreulich klugen Kindes, dann kommt dessen Einwand aus einem Buch, das - heute geschrieben - vermutlich überhaupt keinen Ansatz mehr für irgendwelches kritische Hinterfragen geben würde, sondern nur noch vergnügt konsumiert und dann beiseite gelegt werden würde.
Wären wir dann alle zufrieden mit unseren "political correct"en und vor Nachdenklichkeit schützenden 08/15-Machwerken, die nichts bieten, ausser nicht anzuecken, weil alles aussen vor gelassen und wegradiert wäre, was zeigt, dass auch unsere Kinder wachen und gescheiten Geistes sind?
noevil
Gast
Wenn wir ganz schnell alle "Un"-Wörter aus all unseren Büchern tilgen und durch momentan neutrale Begriffe ersetzen, manipulieren wir dann damit nicht gleichzeitig auch die in diesen Büchern dargestellte Haltung entweder der Verfasser oder der von ihnen Beschriebenen unzulässig, anstatt mit anderen darüber zu sprechen?
Das ist doch eine Relativierung, die mich an die erinnert, die sich an der Tafel verschrieben haben und nun ganz schnell den "Fehler" auslöschen wollen, bevor irgend jemand mit dem Finger darauf zeigen kann. Wollen wir nicht stattdessen zu den zu bestimmten Zeiten gezeigten Haltungen Stellung beziehen und erklären, warum sich was geändert hat und deshalb seit ... nicht mehr so, sondern anders ausgedrückt wird?
Sprache und Literatur sind immer in Bewegung. Das ist auch gut so.Das nennen wir Kultur - unsere Kultur und das Wissen über sie vermittelt auch soziales Verständnis und Haltungen zu anderen Zeiten. Es schafft Präferenzen und Ablehnung.
Mal abgesehen davon, dass sich jederzeit wieder das Verständnis für heute akzeptierte Wörter recht schnell von einem heute positiv besetzten neu zu einem "Un"-Wort in der allgemeinen Deutung verändern kann (Beispiel:"Opfer"). Dadurch gefährden wir den Sinn dessen, was völlig anders gemeint war und geben ihm eigenmächtig einen völlig anderen Sinn.
Das halte ich für gefährlich und unsinnig.
Gespräche über Bücher mit ihren ursprünglichen originalen Ausdrucksweisen und Eigenheiten, die nicht im Sinne einer vielleicht sogar noch geschichtsklitternden Adaption an momentan akzeptierte Ausdrucksweisen dem Mainstream hinterher hecheln, sind ehrlicher und selbstkritischer und gehören als Bestandteil einer anständigen familiären und schulischen Erziehung in das Leben und die Entwicklung junger Menschen hinein - von Anfang an.
Gerald
Gast
aha, wir blenden unsere koloniale Vergangenheit aus. Ich versuche mit 'Leben des Brian' zu antworten: Ich nicht! ich weiss das wir Kolonien hatten, dass Bismarck keine wollte und die Kolonien daher erst mit seinem Ruecktritt angefangen haben, dass alle 1914 an andere gegangen sind, und wissen sie was Frau Otoo: deswegen verliere ich keinen Schlaf.
Ich blende das nicht aus, ich bringe es in den historischen Kontext unter 'nicht-so-wichtig'. sorry.
timriddim
Gast
Kein Wort kann ein Verbrechen sein nichtmal so ein strunzdummes wie "Sachzwang" denn weder Worte noch Sachen können einen zu irgendetwas zwingen. Demagogie oder Hetze entsteht nicht durch einzelne Worte sondern durch den Kontext, die Diktion, die Inhalte die damit transportiert werden. Wer sich also für sprachliche No-Gos einstetzt(was für mich natürlich Zensur bedeuetet) bewirkt nichts ausser mehr Verunsicherung und Scheindebatten. Besser als jedes Verbot ist der verantwortungsvolle Umgang mit mißverständlichen oder negativ konotierten Worten. Keiner Minderheit wird es jemals in irgendeiner Hinsicht besser gehen weil man bestimmte Worte nicht mehr benutzen darf.
Frank Dietz
Gast
Wenn man von höherwertigen Kinderbüchern redet, zu denen sicher Lindgren gehört, redet man genauso von Literatur wie etwa bei Faulkner. Allein das Ansinnen, hier mal munter reinzustreichen, ist an sich eine Ungeheuerlichkeit. Das bedeutet nichts anderes, als dass man Kindern den Verstand und die Fähigkeit abspricht, mit so etwas zurecht zu kommen. Oder Anspruch auf Literatur in originaler Autorenschaft zu haben, wie er für Erwachsene(noch)unbestritten ist.
Umgekehrt funktioniert das doch: den Ausdruck "Neger" aufgreifen und die Zusammenhänge darstellen, die eine intelligente Frau zu einer früheren Zeit bewogen, ihn als unproblematisch zu empfinden, das bringt ein Kind weiter. Das andere ist "1984", zwar in "milder" Form, aber doch dasselbe Prinzip: was jetzt Wahrheit ist, war immer schon wahr, und wird es immer bleiben. Soll das nicht Diskriminierung des Kindes sein, muss die Kampfzone wohl auch auf "Grosse" ausgeweitet werden.
Man kann die Rolle der ganzen Gretchens und Shylocks, welche die Welt der Kunst hervorgebracht hat, aus der heutigen Sicht allesamt hinterfragen, dann muss das meiste davon komplett auf den Müll, wegen Bezügen, die nicht mehr statthaft erscheinen. Als reiferes Kind habe ich die Kurzgeschichten eines Hemingway immer wieder verschlungen, hier wimmelt es von Verherrlichung der Gewalt an Tieren, Leugnung der Gleichberechtigung der Frau, Rassismus sowie lakonischer Relativierung des Krieges.
Was machen wir mit dem Mohren bei Mozart? Wie gehen wir damit um, dass Homers Illias einen offenbar eindeutig imperial motivierten Angriffskrieg plump verherrlicht, und die völlig unschuldigen Opfer der Aggression auch noch als Folge perfider Kriegslist derart massakriert werden, dass Srebrenica sich wie ein Klacks dagegen ausmacht? Gibt es als Kinderbuch in der Bearbeitung von Schwab auch schon lange. Ich habe das mit acht oder zehn zum ersten Mal gelesen.
dauerbeleidigt
Gast
Wow,
das haben wir Deutschen grad noch gebraucht: wieder jemand von außerhalb, die uns sagen möchte was wir alles falsch gemacht haben und auf Fehler hinweist, die bestenfalls sekundär sind und erst durch ständiges Aufgebausche und Repetieren ins deutsche Kollektivbewußtsein implantiert werden.
Ich hab da noch ein Wort für Fau Otoo, welches ihr Verhalten ziemlich exakt trifft: Besserwisserei!
Auf die Gefahr hin, hier als Rechter, Rassist oder was weiß ich nicht beschimpft zu werden: wenn sich Frau Otoo in ihren Befindlichkeiten gestört fühlt, steht es ihr frei, sich wieder in Großbritannien niederzulassen, wo der laxe Umgang mit dem N-Wort anscheinennd tabu ist. Da sie allerdings mal Germanistik studierte, hoffe ich für sie, dass ihr Interesse ursprünglich der deutschen Sprache, Kultur und der Geschichte galt, und ihre Hauptmotivation nicht das Kritisieren und "Fehler konstruieren" war.
Allerdings sind wir Deutschen ja mehrheitlich so bescheuert, über jedes Stöckchen zu springen, was uns von außen hingehalten wird und uns ungeprüft für jeden noch so hanebüchenen Murks zu entschuldigen; sei er nun wahr oder nicht!!!
Vielleicht finden sich ja jetzt einige "Aktivisten" die wie VroniPlag oder SchavanPlag ein "N-Plag" installieren und sämtliche Kinderbücher auf Rassismen untersuchen. Ich würd mich nicht wundern, wenn da sogar die DFG Geld für ein Forschungsprojekt raushauen würde!
Noch ein Wort zu den Kolonien: Es entsprach dem damaligen Zeitgeist sich um diese zu bemühen, um als europäischer Nationalstaat nicht in wirtschaftliches Hintertreffen zu gelangen.
Dies aus deutscher Sicht zu erforschen, besonders die deutsche Rolle im Kolonialismus, ist durchaus wünschenswert. Dabei sollte streng auf wissenschaftliche Neutralität geachtet werden und kein neuer deutscher "Schuldkult" installiert werden, der sich in teuren Denkmälern, Entschädigungszahlungen und noch mehr anhaltender Katzbuckelei vor der Weltgemeinschft ausdrückt!!!
Susanna
Gast
Thank you. Thank you. Thank you.
Alle guten Argumente in einem Artikel und alle rechthaberischen Kommentare drunter.
@Supi:
Bei Huckleberry Finn bleibt das Wort "Nigger" drin. Weil es da um Rassismus geht. Das ist auch gar nicht so schwer zu verstehen, wenn man es verstehen will. Und es ist auch alles einfacher, als die KritikerInnen in Deutschland es hinstellen. Bestes Zitat:
"Warum will man krampfhaft ein Wort verteidigen, von dem angeblich jeder weiß, dass es verletzend ist?"
Weil wir am Ende des Tages alle lieber glauben, dass wir nicht Teil eines rassistischen Systems sind, als uns mal wirklich hinzusetzen und denen zuzuhören, die unter Rassismus zu leiden haben. Wir leiden doch auch!, sagen wir da und drehen uns weg und lassen die alleine, die unsere Unterstützung gut gebrauchen könnten.
Sehr genau
Gast
Was soll die Diskussion? Sind wir nicht fertig damit? Erzieht eure Kinder weltoffen und liebevoll und diese Diskussion hier ist über. Ich kann es nicht mehr am Kopf haben.
Kommt als nächstes, dass wir nicht nur die Passagen streichen, sondern die bereits gedruckten Werke wieder einsammeln und schreddern?
Ich glaube wir haben ein viel größeres Problem. Wir können froh sein, wenn wir in Zukunft überhaupt noch genug Kinder in Deutschland haben und dann kommt noch hinzu, dass wir dann noch die Eltern dazu brauchen, die ihren Kindern zeigen, dass es auch noch Unterhaltung gibt, die aus dem Bücherregal kommt. Und Pippi Langstrumpf ist da bestimmt keine schlechte Wahl. Auch nicht in Zeiten der politischen Korrektheit. Diese Debatte ist einfach nur traurig.
Sandra L.
Gast
Erfreulich kluge Äußerungen zum Thema. Zensur ist tatsächlich was andres und ein Vater, dessen Kind unangenehm berührt war hat mit seinem Brief ja den einen Teil der Diskussion ausgelöst. Die Rechthaberei und das Einzelfallgegenbeispiel als Pseudoargumente sind mir auch immer sehr unangenehm.
Klasse Interview, danke.
D.J.
Gast
Viele Argumente des Interviews halte ich für überaus bedenkenswert. Aber die Bezeichnung von Worten (die vor einigen Jahren auch unter Antirassisten noch gang und gäbe waren und nun mit gutem Grund nicht mehr verwandt werden) als "Verbrechen" hat mir einen eiskalten Schauer den Rücken runterlaufenlassen. Orwell wurde in den letzten Monaten oft bemüht, überwiegend zu Unrecht. Hier sicher zu Recht.
Erst Lehmann
Gast
"Warum will man krampfhaft ein Wort verteidigen, von dem angeblich jeder weiß, dass es verletzend ist?"
Ganz einfach: Erstens hat man nicht das Einverständnis der Autorin Astrid Lindgren, die 2002 verstorben ist. Zweitens bleibt es ja nicht dabei, das N-Wort auszutauschen, es werden wie bei der kleinen Hexe weitere Begriffe wie Türke oder Chinesenmädchen ausgetauscht. Und noch schlimmer, Frau Sharon Dodua Otoo plädiert offen für ein Umschreiben der Handlung, am Ende sind Pipi und ihr Vater selbst dunkelhäutig, damit ihr Vater politisch korrekt König in der Südsee sein kann, oder man einigt sich darauf, dass er besser Entwicklungshelfer bei einer NGO ist. Das ist dann aber nicht mehr Pipi Langstrumpf...
scout
Gast
Wahrscheinlich ist diese Art "Blackness" der Grund, warum dieser Kontinent jetzt und in mittelbarer Zukunft nur eine untergeordnete Rolle spielen wird.
Die Vertreter aus Südamerika und Asien nehmen selbstbewusst Ihre Plätze in der Welt ein; wollen und werden Ihre Ansprüche durchsetzen.
Sie sind sich bewusst, dass sie die Mittel,die Möglichkeit und den Willen haben, ihre Zukunft zu selbst zu bestimmen.
Diese Bewusstsein fehlt den schwarzen Weltteilen nun offenbar in großen Teilen; ebenso wie vielen muslimischen Teilen der Welt.
Ironie: Ohne die Weißen gäbe es nicht mal Witness.
petronius
Gast
"Wenn sie einen Menschen beschreiben wollte, der auf einem anderen Teil der Erde wohnt und nicht beleidigen und ein kolonialistisch geprägtes, rassistisches Wort benutzen wollte, dann kann man es ruhig anders übersetzen"
gern, fr. otoo
nur würde ich dann gern mal hören, wie
was alles angeblich "so gar nicht geht", ist jetzt schon oft genug gesagt worden. aber wie hätten sie es denn gern?
so, daß sich nicht auch wieder jemand auf die füße getreten fühlt?
ud von wem bekomme ich dann die änderungsmitteilung, wenn auch dieses wort nun nicht mehr pc ist und ein anderes zu verwenden ist, um sich nicht vorwürfen auszusetzen?
von einer germanistin erwarte ich übrigens, daß sie nicht die bedeutungsverschiebung von begriffen mit der änderung von rechtschreibregegeln gleichsetzt. wie auch sonst die argumentation bemerkenswert inkonsistent ist:
klischeehaft beschriebene geschlechterrollen sind nicht schlimm, weil fr. otoo darauf "Vertrauen hat, dass Mädchen heute verstehen, dass es sich um eine Männerfantasie handelt und dass sie diese Rollenbilder nicht bedienen müssen. Denn sie haben genügend Vorbilder in ihrer Realität, die etwas anderes verkörpern" - aber das vorkommen eines im heutigen sprachschatzes nicht mehr verwendeteten wortes ("neger" oder "muhme") "führt dazu, dass Menschen und Kinder, die das Wort lesen, denken, es wäre ein normales Wort"???
auf einmal bedeuten hier die "Vorbilder in ihrer Realität, die etwas anderes verkörpern" nichts mehr?
come on...
wer sich gegen das umschreiben von büchern wendet, tut dies nicht, um "krampfhaft ein Wort verteidigen, von dem angeblich jeder weiß, dass es verletzend ist", sondern weil euphemistische umschreibungen an tatsächlichem rassismus ja nichts ändern - und oft bestimmt auch deshalb, weil man sich nicht zum rassisten erklären lassen will, nur weil man früher ganz selbstverständlich und ohne diskriminierungs- oder beleidigungsabsicht begriffe verwendet hat, die heute eben anders konnotiert werden
warum, fr. otoo, ist "neger" diskriminierend, "schwarzer" aber nicht?
beides bedeutet (eigentlich und ursprünglich)schlicht nichts anderes als "einem bestimmten, stark pigmentierten menschenschlag zugehörig". weil das eine wort ähnlich klingt wie ein in einer anderen sprache tatsächlich als beleidigung verwendetes?
dann sollte man auch den niederländern verbieten, für "vermieten" das ihnen gebräuchliche wort zu verwenden...
James Robert
Gast
Ja, es gibt Worte, die die Würde eines Menschen verletzen, dazu gehört sicher auch das Wort "König". Ich weiß nicht, was an dem Wort "Südsee-König" harmloser sein soll. Die Geschichte in Europa war über Jahrhunderte geprägt vom Kampf Leibeigener, des Bürgertums und aufgeklärter Denker gegen ein Machtsystem, das sich selbstherrlich inszenierte und an dessen Spitze ein "König" stand. Diese Machtsysteme hatten sich nicht ohne Grund mit dem anmaßenden Privileg ausgestattet, zwischen Recht und Unrecht, zwischen "Edel" und "Unedel" bzw. "Primitiv" unterscheiden zu dürfen.
Pete
Gast
"Warum will man krampfhaft ein Wort verteidigen, von dem angeblich jeder weiß, dass es verletzend ist?" Man merkt das Frau Otoo Britin ist, sonst wüßte sie das es Generationen von Deutschen gibt, die mit Negerküssen oder Mohrenköpfen aufgewachsen sind UND das sie keinerlei negative Assoziation damit haben sondern im Gegenteil eine durchweg positive. Es gibt nunmal in Deutschland bis heute kaum Schwarze anders als in England oder Amerika und den Rassismus dazu gibt es auch so gut wie gar nicht aus diesen Gründen. Die ehemaligen deutschen Kolonien gabs es ebenfalls nur sehr kurz und wurden Übersee genannt und waren eher ein Ort zum träumen weil dort immer die Sonne scheint. Die meisten Deutschen haben bis zum 2. Weltkrieg noch niemals einen Schwarzen überhaupt zu Gesicht bekommen. Die ersten waren schwarze amerikanische Soldaten und die brachten den Kindern nach dem Krieg Schokolade mit und haben darum in der deutschen Bevölkerung ebenfalls einen sehr guten Eindruck von Schwarzen hinterlassen. Die ganze Diskussion ist einfach nur an den Haaren herbeigezogen.
lowandorder
Gast
Och nö, nich schon wieder!
But. Dank der intelligent-variablen Fragen - mit Schmunzeln gern gelesen.
Wo bitte - hat Frau Jasmin Kalarickal solchen Journalismus gelernt? Hut ab.
In der Sache: den Balken im eigenen Auge zumindest ab und an in den Blick
nehmen, beim Wenden der Haare in der Suppe.
Der Wechsel zwischen den Ebenen Umgangssprache vs Fachsprache gelingt nicht durchweg.
Bei der Kleinen Hexe ist die jetzt! erfolgte Änderung ( gegen Otto P.?) keine Zensur.
Klar. Gebrauchen aber in solchem Zusammenhang nur Überkandidelte rechtstechnisch.
Das N-Wort ( offensichtlich Neger - nicht Nigger) - ein Verbrechen?
Mindeststrafe nicht unter einem Jahr?
Ach so - so war das denn doch nicht gemeint!? Na, na, na - bei so viel Verve?
Aber jetzt. - Das N-Wort fällt nicht unter das Menschenrecht Kunstfreiheit!!?
Da schau her.
Bei aller Wertschätzung für Ihr Engagement Frau Botoo:
hören Sie mal bei solchen Geistesgrößen wie Ralf Giordano
( Islam), Hedrick Broder ( dito), Günter Wallraff (~) genauer hin, dann entdecken Sie leicht das Muster Ihrer persönlichen Falle.
Die Kunstfreiheit ist aus schrecklicher geschichtlicher Erfahrung im Grundgesetz als grundsätzlich unbeschränktes Recht konzipiert.
Kunst ist definitionsfrei!
Sorry - Gilt auch für Sie.
Ende des Vorstehenden.
muh
Gast
tja, so ist das halt - wenn der staat nichtmehr zensieren darf, müssen es halt die verleger oder noch besser gleich die ganze gesellschaft selbst machen ...
Jasmin
Gast
Wenn man davon redet, dass Wörter "Verbrechen" sein können, lässt dies die Beteuerung, dass es hier nicht um Zensur gehen würde, doch etwas unglaubwürdig erscheinen lassen.
Auch bein Zensur geht es nicht um die Intention, sondern um die Wirkung.
Hinz und Kunz
Gast
Das einzig "typisch Deutsche" an der ganzen Sache ist die Frage "empfinden Sie diese Debatte als typisch Deutsch?" - bei aller kritischen Auseinandersetzung mit unserer Gesellschaft, wir müssen nicht immer so tun als sei jedes Problem auf der Welt in erster Linie und ausschließlich "typisch Deutsch"
Supi
Gast
Auch hier möchte ich als Beispiel die Passage aus "Huckleberry Finn" nicht unerwähnt lassen, in der Huck Tante Sally von einer Explosion berichtet:
>>
"Good gracious! anybody hurt?"
"No'm. Killed a nigger."
"Well, it's lucky; because sometimes people do get hurt.
Mein Name
Gast
Deutungshoheit?