Rassismus im Fußball: „In einen Zwischenfall verwickelt“
Ein FC-Chelsea-Fan gesteht, einem Schwarzen den Einstieg in die Metro verwehrt zu haben. Ein Rassist, betont er, sei er aber nicht.
DUBLIN taz | Er sei kein Rassist, sagt Richard Barklie. Okay, er hatte sich daran beteiligt, einen Schwarzen in Paris am Einsteigen in die U-Bahn zu hindern, aber das sei nicht rassistisch motiviert gewesen. Schließlich habe er in das rassistische Lied der anderen Fans nicht eingestimmt.
Es geschah vor dem Champions-League-Spiel zwischen Paris Saint-Germain und dem FC Chelsea, das vorige Woche unentschieden 1:1 endete. Auf der Überwachungskamera im U-Bahnhof ist zu sehen, wie Souleymane S. mehrmals versucht, in den U-Bahn-Wagen einzusteigen, aber immer wieder von Chelsea-Anhängern auf den Bahnsteig zurückgeschubst wird. Dabei sangen sie: „Wir sind Rassisten, wir sind Rassisten, weil wir es mögen.“ Die Polizei veröffentlichte später drei Fotos von Tatverdächtigen. Barklie ist einer von ihnen.
Der 50-Jährige war früher Polizist bei der nordirischen Royal Ulster Constabulary (RUC) in Nordirland. Sie war eine der Hürden, die beim Friedensprozess überwunden werden mussten, denn die RUC war im Lauf des 30 Jahre währenden Konflikts, der mehr als 3.000 Menschen das Leben kostete, nie neutral.
Empfohlener externer Inhalt
Sie bestand zu 98 Prozent aus Protestanten, viele Beamte gaben Informationen über Katholiken an loyalistische Mordkommandos weiter oder beteiligten sich sogar an den Taten. Es gibt jedoch keinen Hinweis, dass Barklie daran beteiligt war. Nach dem Friedensabkommen vom Karfreitag 1998 wurde die RUC in Police Service of Northern Ireland umbenannt und verpflichtet, verstärkt Katholiken zu rekrutieren.
Purer Euphemismus
Barklies Anwalt Kevin Winters sagte, sein Mandant „entschuldigt sich zutiefst für das Souleymane S. zugefügte Trauma und den Stress“. Barklie sei bereit, Scotland Yard zu helfen. „Er legt Wert auf die Feststellung, dass er eine tiefe Abscheu vor Rassismus und rassistischen Aktivitäten hat“, sagte Winters. „Er muss der Polizei Auskunft geben und die Umstände und den Kontext erklären, der zur Tatzeit vorherrschte.“ Das World Human Rights Forum, deren Direktor Barklie ist, bestätigte, dass er kein Rassist sei. Das Beratungszentrum für Opfer des Nordirland-Konflikts, wo Barklie einen Teilzeitjob hat, beurlaubte ihn hingegen vorläufig.
Barklie behauptet, er sei allein nach Paris gefahren und kenne die anderen Chelsea-Anhänger, die auf dem Video zu sehen sind, nicht. Er räumt jedoch ein, dass er „in einen Zwischenfall verwickelt war, als eine Person, die ihm nun als Souleymane S. bekannt sei, nicht in einen U-Bahn-Waggon einsteigen konnte“. Das ist eine euphemistische Umschreibung für das, was geschehen ist.
Keiner der drei identifizierten Männer ist verhaftet worden, da die Tat nicht im Vereinigten Königreich begangen wurde. Falls sie nach Frankreich ausgeliefert werden, drohen ihnen Haftstrafen bis zu drei Jahren und Geldbußen bis 45.000 Euro.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen