Rassismus beim Verfassungsschutz: Ein strukturelles Problem
Aussagen von Immigranten werden nicht ernstgenommen, sie werden häufiger kontrolliert. Bei Polizei und Geheimdienst herrscht struktureller Rassismus, sagen NGOs.
KARLSRUHE dpa | Mehrere Menschenrechtsorganisationen haben verdeckte Fremdenfeindlichkeit bei der Polizei, dem Verfassungsschutz und in Behörden angeprangert. „Die kommende Bundesregierung muss den Auftrag annehmen, den strukturellen Rassismus bei Polizei und Geheimdienst aufzudecken und anzugehen“, sagte Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, am Donnerstag in Karlsruhe.
Anlass war die Vorstellung des Grundrechte-Reports, der sich als „alternativer Verfassungsschutzbericht“ versteht. Zudem müsse die Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdienst klarer geregelt werden, forderte Rudolf. „Dabei darf das verfassungsrechtlich gebotene Trennungsgebot nicht ausgehebelt werden.“
Der verdeckte Rassismus sei bei den NSU-Ermittlungen deutlich zutage getreten. „So wurden Aussagen von Immigranten einfach nicht ernst genommen“, sagte Rudolf und schlussfolgerte: „Es gibt Ermittlungsroutinen, die von Rassismus geprägt sind.“ Dies lasse sich nur durch eine konsequente Aufarbeitung und eine bessere Ausbildung beheben. „Jeder muss sich kritisch hinterfragen, wo er rassistische Vorverurteilungen trifft.“ Nicht zuletzt gebe es Gesetze, die solchem Rassismus Vorschub leisteten. Als Beispiel nannte Rudolf die Möglichkeit verdachtsunabhängiger Personenkontrollen.
Der Grundrechts-Report kritisiert außerdem, dass die Polizei bei Einsätzen immer wieder brutal vorgehe wie zuletzt am 1. Juni bei der Blockupy-Demonstration in Frankfurt. Die Opfer hätten kaum die Möglichkeit, gerichtlich gegen die Beamten vorzugehen, kritisierte Rudolf. „Was fehlt, ist eine Identifizierbarkeit der Polizisten und die Möglichkeit einer unabhängigen Ermittlung in Fällen von Polizeigewalt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin