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Rassismus bei der BundeswehrDer Feind in meinem Boot

Ein Muslim verpflichtet sich bei der Marine, weil er sich als Patriot versteht. Als er sie Jahre später verlässt, fühlt er sich nicht mehr als Deutscher.

Marinesoldaten hissen die Flagge. Wie weit verbreitet ist rechter Korpsgeist? Foto: dpa

Hannover taz | Stefan Peters* weiß nicht, wo jenseits des Schiffs die Nacht endet und das Meer beginnt. Über ihm und unter ihm ist alles schwarz. In seinem Innern sieht es nicht anders aus. Der muslimische Marinesoldat mit dem deutschen Namen lehnt in einer Nacht im Jahr 2012 irgendwo im Mittelmeer an der Reling der Bundeswehrfregatte „Bayern“ und denkt: Wenn ich jetzt springe, findet mich keiner.

Dann drängt sich ihm ein Bild auf: Er sieht seine Frau Nesrin* in Hannover friedlich in ihrem gemeinsamen Bett schlummern. Der Gedanke an sie ist wie ein Rettungsring, den sie Peters über tausende Kilometer Entfernung zuwirft.

Fünf Jahre später greift Stefan Peters eine Schachtel Pall Mall und geht auf den Balkon seiner Wohnung in einem Neubaugebiet in Hannover. Er braucht eine Pause, nachdem er von der Nacht erzählt hat, in der er ins Meer springen wollte. Nach einigen Zigaretten kehrt er ins Wohnzimmer zurück. Stefan Peters will nun erklären, wie aus einem deutschen Soldaten jemand wurde, der sich fremd im eigenen Land fühlt.

Er schaltet seinen Laptop ein und öffnet eine Mail, die er im Herbst 2011 an den damaligen Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus geschrieben hatte. Sie beginnt mit dem Satz: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal an Sie wenden müsste . . .“

Es war einmal ein junger Deutscher, der genau wusste, wer er ist. Sein Vater stammt aus dem Iran, die Mutter aus Deutschland. Die Eltern trennen sich früh und die Mutter erzieht den Sohn. Sie gibt ihm einen deutschen Namen. Der Vater prägt sein Leben dennoch: Peters wird als Muslim beschnitten, als junger Erwachsener beginnt er den Glauben zu leben. Dann will er 2009 zur Armee. „Wenn ich zum Bund gehe, beweise ich, dass ich so deutsch bin, wie ich mich fühle, habe ich gedacht“, sagt Peters.

Der erste Übergriff

Heute ärgert ihn, wie die Bundeswehr mit dem Fall des rechtsextremen Soldaten Franco A. umgeht. Als sei A., der Terrorverdächtige, der sich als Flüchtling ausgab und Anschläge plante, nur ein Einzelfall. Peters ist davon überzeugt, selbst Opfer rechter Seilschaften in der Bundeswehr gewesen zu sein.

Alles fing mit einem Bier an. Das war 2009, Peters ist Wehrdienstleistender, er lehnt es ab, mit seinen Kameraden Alkohol zu trinken, und verweist auf seinen Glauben. Ein Rekrut attackiert ihn: Wer nicht trinkt, vergewaltigt auch seine Schwester. Dass er anders ist, spricht sich schnell an Bord herum. An der Essensausgabe meint Peters böse Blicke zu sehen, wenn er Mahlzeiten ohne Schweinefleisch bestellt. Jemand schmiert auf sein Bett: „Scheißmoslem“.

Ich habe kapiert, dass ich hier nicht mehr wegkomme und niemand hilft

Stefan Peters

Heute ist Peters erstaunt, was ihm damals normal vorkam. Auf den Bordservern der „Bayern“ waren sämtliche Alben der Böhsen Onkelz gespeichert. Die Lieder der wegen Nähe zum Rechtsrock umstrittenen Band hat jeder Soldat herunterladen können. Auch er selbst hörte sich die Onkelz gern an, es ist sein Soundtrack für diese Zeit. War er der Einzige, dem auffiel, dass ein Unteroffizier T-Shirts der unter Neonazis beliebten Modemarke Thor Steinar trug? Störte sich niemand daran?

Bei einem Landausflug in Norwegen kommt es zu einem Übergriff. Mehrere Männer halten Peters fest, damit ein anderer ihm Bier einflößen kann. Peters wendet sich an seine Vorgesetzten. Die Hänseleien hören danach auf. Doch Peters weiß da noch nicht, dass er gerade einen zweiten Kardinalfehler begeht: Nachdem er Extrawürste gebraten hat, trägt er jetzt Streit in der Gruppe nach außen.

Peters Frau Nesrin setzt sich zu ihm auf die Couch, als er von seiner Dienstzeit, den vier Jahren der systematischen Diskriminierung erzählt. Warum er nicht hingeschmissen hat, fragt sie ihn immer wieder. Ihre Wut ist ihr nach fünf Jahren noch anzuhören. „Du wolltest dich halt beweisen“, sagt sie.

Der Muslim: ein Sicherheritsrisiko

2012 druckt eine Regionalzeitung das Foto eines Soldaten, der vor dem Auslaufen der Fregatte seine Frau küsst. Das Bild eines athletischen Mustersoldaten und seiner schönen Frau – es scheint wie für eine Bundeswehrbroschüre gemacht. Es sind Nesrin und Stefan Peters.

Nesrin Peters erzählt, wie sie sich wirklich fühlten in jenem Jahr. Ihr Mann sei jedes Mal schlechter drauf gewesen, wenn sie sich gesehen hätten. „Das war für unsere Beziehung ganz schön hart“, sagt sie.

Dabei hätte er nach der freiwilligen Verlängerung 2011 beinahe nicht auf seine zweite Reise mit der „Bayern“ gehen können. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) unterzieht Peters seit seinem Eintritt in die Bundeswehr einer Sicherheitsprüfung. „Ich bin Muslim und bin mit einer Afghanin verheiratet“, sagt Peters, als wäre das Erklärung genug.

Der Vorgang an sich stört ihn damals nicht. Bis er erfährt, dass ihn sein Arbeitgeber als Sicherheitsrisiko einstuft. Er soll nicht wieder auf der „Bayern“ mitfahren, erklärt man ihm wenige Tage vor der Abreise. „Du bist loyal, strengst dich an, verlängerst sogar deinen Dienst, weil dir die Sache wichtig ist. Und dann bist du plötzlich wegen deinem Glauben ein Risiko für andere.“

Peters will verstehen, was an ihm gefährlich sein soll. Er verfasst jene Mail an den Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus und schildert darin auch erlittene Demütigungen. Die Mail liest sich wie die Klage eines zu Unrecht verschmähten Liebhabers. Königshaus reagiert, lässt seine Mitarbeiter nachforschen. Sie finden heraus, dass die Papiere, die Peters Unbedenklichkeit bescheinigen würden, auf der „Bayern“ liegen geblieben sind. Ohne diese Dokumente erteilt der MAD einen negativen Bescheid. Schlamperei? Böswillige Absicht, um Peters nicht noch einmal zwei Jahre an Bord zu haben?

Andere Regeln für Peters

Ein Mitarbeiter des heutigen Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels bestätigt, dass sich der Vorgang zugetragen hat, wie Peters ihn schildert. Warum die Unterlagen über Monate liegen blieben, sei nicht bekannt, sagt er. Zu möglichen Diskriminierungen des Soldaten könne er aus Datenschutzgründen außerdem keine Auskunft erteilen.

Die Fregatte „Bayern“ verlässt im Herbst 2011 den Hafen von Dschibuti, Peters ist mit an Bord. Ihr Auftrag: Piraten vor der Küste Somalias jagen. Dass er mitfahren darf, hat Peters dem Wehrbeauftragten zu verdanken. Doch der sitzt weit entfernt in Deutschland. An Bord der „Bayern“ empfängt ein Offizier Peters mit der Erklärung, dass er sich jetzt anstrengen müsse, nach dem, was er sich geleistet habe.

Doch die Offiziere scheinen die Latte dafür unüberwindbar hoch zu hängen. Peters erzählt, dass er für Verstöße Disziplinarstrafen erhalten habe, die bei anderen mit Sprüchen abgegolten wurden. Gleichzeitig hätten andere Boni erhalten, er aber für gleiche Leistungen nicht. „Bei den Ariern wurde in meiner Anwesenheit immer ein Auge zugedrückt“, sagt er. Arier? Ist ihm bewusst, was er für ein Vokabular verwendet? Peters hält kurz inne. „Irgendwann beginnt man so zu denken, ja“, sagt er.

Der muslimische Soldat, der wegen seines Glaubens zu Beginn seines Dienstes ein Bier verweigert, greift jetzt aus Frust bei jeder Gelegenheit zur Flasche. Doch auch jetzt, wo er säuft, erregt er Missfallen. Bei einer Feier in einem italienischen Hafen stürmt ein Unteroffizier auf ihn zu. Er schimpft, dass ein Muslim, der trinkt, keinen Grund habe, Schweinefleisch zu verweigern. Er versucht ihn zu schlagen, erst zwei andere Kameraden halten ihn davon ab.

So eine Attacke ist schlimm, sagt Peters. Schlimmer aber sei die Reaktion der anwesenden Offiziere gewesen. Sie bestrafen den Unteroffizier nicht. „Ich habe kapiert, dass ich hier nicht mehr wegkomme und niemand hilft“, sagt er. Seine Gedanken beginnen um die Reling und das Meer zu kreisen.

Der Stolz, gedient zu haben, bleibt

Nach vier Jahren hat Stefan Peters die Marine verlassen. Heute arbeitet er in einem technischen Beruf, ist oft im Ausland unterwegs. Was würde er seinen Kinder raten, wollten sie Soldaten werden? „Mir ist durch die Zeit bei der Bundeswehr klar geworden, dass es besser für sie ist, wenn sie in Deutschland nicht wegen ihrem Glauben auffallen“, sagt er. „Besonders beim Bund wäre das wichtig.“

Er sagt, dass er immer noch stolz auf seinen Dienst bei der Bundeswehr ist. „Wir haben großartige Sachen gemacht und zum Beispiel Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet“, sagt er. Doch worauf sollen Bundeswehrsoldaten stolz sein, wenn sie ein Kriegsschiff der NS-Marine in der Mannschaftsmesse betrachten, fragt sich Peters. Auf der „Bayern“ hing zum Beispiel ein Bild des Schlachtschiffs „Bismarck“.

Sicher, sagt Peters, die Armee sollte den Fall Franco A. zum Anlass nehmen, mehr in die politische Bildung ihrer Soldaten zu investieren, und den Rekruten klarmachen, wo Grenzen des Patriotismus liegen. Er findet es richtig, dass Ursula von der Leyen die Traditionslinie zur Wehrmacht kappen will. Dennoch, die Bundeswehr sei und bleibe ein verzerrter Spiegel der Gesellschaft, findet er. Verzerrt, weil sie überdurchschnittlich Männer anziehe, die sich in Hie­rarchien wohlfühlen. Sie spiegele aber letztlich nur Haltungen wider, die auch außerhalb von Kasernen verbreitet seien, meint er.

„Es ist schon lustig, dass ich deutscher Soldat werden musste, um zu kapieren, dass die anderen in mir einen Ausländer sehen“, sagt Peters.

* Name geändert (aus Sorge vor Reaktionen ehemaliger Kameraden)

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18 Kommentare

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  • Eigentlich bräuchte es nur internationale Brigaden, um die Terrorregime der Welt zu stürzen, und die Mafiabosse und Dikatoren zu vertreiben, nicht die armen Einwohner.

    Dienen für Deutschland braucht niemand.

  • Die Bundeswehr steht in der Traditionslinie der Reichswehr und Wehrmacht. Gleiches galt so auch nach der Selbstentleibung für die “Volksarmee“. Andere Traditionslinien hat es in der Tiefe der Bewusstseinslagen niemals gegeben. Nach der Implosion des Realsozialismus, des zeitweiligen Verlustes eines deutsch-imperialen Feindbildes im Osten, benötigten die “Kalten Krieger“ ein neues Feindbild für die Truppe. Ideologisch dienten die “Piraten“ auf den Weltmeeren, gefolgt von den “Steinzeit“-Islamisten in Afghanistan und Afrika. Mit der olivgrün-sozialdemokratischen Bearbeitung rückte der Balkan und deutsche Hinterhof ins Weltbild. Die Implosion der Nachfolgestaaten bescherte erneut den “bösen Russen“. Eine Annäherung des polit-militärischen Denkens bei der Bundeswehr wurde von allen bürgerlichen Parlamentsparteien ein werte-ideologischer Riegel vorgeschoben. In den Jahren kam dann noch in Folge der geo-strategischen Krisen-, Kriegs- und Wirtschaftspolitik, der Wirtschafts-, Rohstoff-, Rüstungs- und Monopolverbände und deren Nato-Führungen, die Massenflucht der sozioökonomisch (-wirtschaftlich-) und militärisch Vertriebenen, ideologisch-weltanschaulich hinzu. Zugleich ein aufforderndes Betätigungsfeld für alle (jungen) nationalistischen und rassistischen Ideologenm, sich im Kampfverband, deutscher imperialer Wirtschafts- und Militärinteressen, als -weltweite- Einsatzsoldaten zu betätigen. Natürlich, in den weltanschaulichen Vorbereitungen und Schulungen, stets unter der bürgerlich-ideologischen Flagge: für weltweite “Demokratie“ und “Freie Wahlen“, für die “Freiheit“ der kapitalistischen Wirtschaft und für die “Menschenrechte“ und “Gleichberechtigung“ der Frauen und für deren “Mädchenschulen“, weltweit.

     

    Die “Parlamentsarmee“ ist ebenso wie das Parlament, zugleich eine geopolitisch-militärische Einrichtung der alles beherrschenden deutschen Wirtschafts- und Monopolinteressen. Nichts Neues, während und nach der Wehrpflicht, also eine ungebrochene Traditionslinie.

  • Echt jetzt? Man ändert aus Sorge vor Reaktionen ehemaliger Kameraden den Namen? Kommt es so oft vor, dass ein Muslim auf der Fregatte Bayern in den beschriebenen Details misshandelt und diskriminiert wird, dass nicht alle ehemaligen Kameraden genau wissen müssten, um wen es hier geht? Und falls das doch so ist, dass man diesen Fall nicht eindeutig zuordnen kann, sollte man genau das in aller Deutlichkeit auch noch hervorheben.

    Ein Alias ist auf jeden Fall sinnvoll, aber dann, um die Identität vor unbeteiligten Dritten zu schützen.

  • Da Stefan Peters hier den Ausdruck "Arier" verwendet, kann man davon ausgehen, dass der Begriff bei der Truppe gängig war.

    Zur Bedeutung des Begriffs:

    Wenn jemand ein "Arier" ist, dann ist es Stefan Peters selbst, da er iranischer Abstammung ist :-).

    Zur Bedeutung kann man einfach bei Wikipedia nachschlagen.

    Die rassistische Bedeutung des 19. Jahrhunderts und später der Nazis ist einfach nur dummes Zeug.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @EF:

      Iraner bedeutet Arier. Iran heißt übersetzt Land der Arier.

  • Diese Erzählungen decken sich zu 100 Prozent mit meinen Erfahrungen bei der Truppe. Als ziviler Angestellter hatte ich das Vergnügen, fast täglich in mehreren Bayerischen Kasernen zu arbeiten. Das gemeinsame Liedchen aus der Wehrmachtszeit beim Marschieren war noch harmlos. Die Sprüche, die in den Kantinen und Stuben abgelassen wurden, waren eben diese geschilderten "Ansichten". Und wehe ein Kamerad war etwas dunkler behäutet - ob nun orientalisch, indisch oder gar Afro - dann steigerten sich genau diese Sprüche und Anfeindungen extrem. Auffallend: Nie alleine - immer nur in der Gruppe war man stark. Eben ganz, wie man es von diesen Übermenschen gewohnt ist.

    • @Beatbox Racker:

      Das beste Mittel dagegen ist die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht Wir brauchen bei der Bundeswehr in allen Bereichen dringend kritische Geister also solche die freiwillig nie auf die Idee kämen dort zu arbeiten.

      Wir hätten dann automatisch einen viel höheren Anteil von Soldaten mit Migrationhintergrund und gewiss auch einige biodeutsche Soldaten die sich Diskriminierungen und Rassismus entgegenstellten.

      • @Suchender:

        Ähm. Ob die kritischen Geister da hingehen wurde ja schon kommentiert.

        Vor allem haben es die kritischen Geister, die während des Wehrdienstes kaum aufsteigen dann trotzdem mit Unteroffizieren zu tun, die für Kritik genau nichts übrig haben und das Dank Befehlsstrukturen auch sehr gut deutlich machen können.

      • @Suchender:

        Warum nicht radikaler: Das beste Mittel dagegen ist die Auflösung der Bundeswehr (Militarismus, Männerbund, Befehl+Gehorsam...), antirassistische und antisexistische Aufklärung von kleinauf, Abschaffung des Kapitalismus ... ;)

        Rassismus erscheint in dem Fall in Verknüpfung mit Nationalismus - völkisches Verständnis und das hat eine tiefgehendere Vewurzelung und Verknüpfung mit weiteren Herrschaftsverhältnissen bzw. -ideologien.

        • @Uranus:

          Würde ich gerne mal für Deutschland beispielgebend ausprobieren wollen dadurch ergäbe sich bestimmt auch mehr diplomatischer Spielraum.

          Nur wenn die bösen Jungs dann alle zur Polizei gehen kommen wir vom Regen in die Traufe.

          Außerdem würde ich davon abraten,

          daß nur die demokratischen Staaten einseitig ihre Armeen auflösen.

          Bleibe aber dabei, daß mir Berufsarmeen ein Gräuel sind.

          Vielleicht sollte man auch einen Polizeipflichtdienst einführen.

          Ein Neinjetztnicht auf jede Wache fände ich super.

        • @Uranus:

          Das finde ich eine wundervolle Idee!!!

      • @Suchender:

        Rechtsextremismus in der Bundeswehr gab es auch schon zu Zeiten der Wehrpflicht.

        Das Ergebnis: Es haben sich eben noch mehr Leute daran gewöhnt, dass das irgendwie "okay" ist, dazugehört, dass es in der Bundeswehr "eben so zugeht".

        Man darf nicht vergessen, dass bei der Bundeswehr das Gegenteil einer Widerspruchskultur zum Wesensbestandteil gehört. Heißt: Auch wenn durch die Wehrpflicht mehr überzeugte Demokraten in der Bundeswehr wären, würde das die Umtriebe der Rechtsextremen nicht automatisch vermindern oder gar verhindern. Gegenseitige Kontrolle ist überhaupt nicht vorgesehen und wird unter dem Stichwort "Anschwärzen" sogar aktiv verhindert.

        Abgesehen davon war die Wehrpflicht schon immer selektiv, weil so viele Wehrpflichtige gar nicht gebraucht wurden und die meisten Zivildienst gemacht haben. Und für den Wehrdienst entschieden sich nun einmal eher die, die sich in einem hierarchischen System wohlfühlen, in dem das Hinterfragen des Nebenmannes nicht zur Kernaufgabe gehört. Also diejenigen, die sicher nicht unbedingt selbst rechts sind, aber auch nicht notwendigerweise beherzt einschreiten und dadurch die Ordnung durcheinanderbringen.

      • @Suchender:

        "kritische Geister also solche, die freiwillig nie auf die Idee kämen dort zu arbeiten". Leute, die da nicht passen, sind besser als Kriegsfetischisten, auch in der Armee.Ironisch, aber richtig. Stimmt wahrscheinlich fuer jede professionelle, also freiwillige Truppe.

      • @Suchender:

        Die Bundeswehr ist traditionell eine Arbeiter- und Bauernarmee. Der Migrantenanteil liegt bei 25%.

         

        Aufgabe von Soldaten ist es, Gegner zu töten. Dieser Aufgabe fühlen sich nun mal eher prinzipiell Gewaltbereite auch vom rechten Spektrum gewachsen - weniger der gendernde Intelektuelle.

         

        Der militärische Einsatzwert der Bundeswehr tendiert gegen null. Das zeigt sich z. B. in Afghanistan, wo die BWler sich vor den Taliban in Hochsicherheitstrakten verstecken müssen.

         

        Abschaffen kann man die BW nicht. Allerdings wäre es schön wenn die BW auf Kolonialeinsätze wie in Syrien und Afghanistan verzichten würde. Das kann sie nicht und das soll sie nicht. Dann sollte man sich von dem Ziel verabschieden, dass die BWler sich als Bodensatz der Gesellschaft pc verhalten sollen. Das passt einfach nicht zu den Jungs die zur BW wollen.

        • @A. Müllermilch:

          Ach er nu wieder.

           

          Stammtische sind ja häufig rund -

          Aber dieser - kein Driss zu blöde -

          Ist schon säähr ekelig - der Häär!

  • Solange auf Dorffesten in Ostdeutschland Leute mit Kübelwagen rumgurken und sich gegenseitig "Herr Unteroffizier" nennen, wird das wohl nix mit der Wehrmachtstraditionsleinenkappung. Stimmt schon.

     

    Deutschland ist eben doch immer noch dasselbe Land. Andere Flagge, nominal anderes System, aber die Mentalität ist nicht fundamental anders als vor 1945.

     

    Es geht verschärft rückwärts in die Vergangenheit in Deutschland. Und vielen ist das wohl auch insgeheim ganz recht so. Leider.

    • @kditd:

      Zitat: „So lange auf Dorffesten in Ostdeutschland Leute mit Kübelwagen rumgurken in ihrer Freizeit und sich gegenseitig 'Herr Unteroffizier' nennen, wird das wohl nix mit der Wehrmachtstraditionsleinenkappung.“

       

      Ich denke, Sie verwechseln da was, werter KDITD. Und ich unterstelle Ihnen mal, dass das sogar Berechnung ist. Die lange Leine, die Sie offenbar nicht kappen möchten, hängt Ihnen gut sichtbar am Hosenbund. Auch sie hat was mit Tradition zu tun.

       

      Erstens „gurkt“ man im Westen auch. Derartige Angebote sind ein Produkt der Markt- und nicht der Planwirtschaft. Zweitens haben Sie offenbar mehr miese Absichten, als Sie Ahnung haben. Sie wüssten sonst, dass man sich im Osten mit „Genosse Unteroffizier“ anzureden pflegt und nicht mit „Herr“. Drittens hat die NVA ihre Traditionen eher östlich der Oder-Neiße-Grenze gesucht, nicht vor 1945, weswegen Ihrer Wehrmachts-Leine mächtig spannt.

       

      Im Übrigen kann es sich genau so gut, wie es sich um rechte Gesinnungsertüchtigung handeln kann, um eine spezifische Art Humor handeln bei den von Ihnen angeführten Kübelwagen-Fahrten. Um einen Humor, den Sie natürlich nicht zu teilen brauchen, weil niemand Sie gezwungen hat mitzumachen dabei. Fühlen sich Menschen hingegen in Hierarchien derart wohl, dass sie sie nicht nur in ihrer Freizeit karikieren, sondern hauptberuflich ausfüllen, endet der Spaß.

       

      Eine Armee ist kein Ponyhof. Wenn da gestorben und getötet wird, dann ist das Ernst, kein Spiel. Man steht nicht wieder auf, wenn man im "real live" ins Gras gebissen hat. Und jederzeit aussteigen aus der Truppe, kann man auch nicht. Desertion wird schließlich überall auf der Welt strengstens bestraft. Und zwar auch dann, wenn der Deserteur allen Grund gehabt hat, sich abzuseilen. Man will ja doch nichts kommen lassen auf die Unfehlbarkeit der Hierarchie.

      • @mowgli:

        Nun hat aber der Neonazi in den neuen Bundesländern sofern er jünger als 45 ist bei der Bundeswehr und nicht der NVA gedient und nicht mehr den Genossen gegrüßt. Und wenn er Nazi spielen will, fährt auch der Ost-Neonazi mit dem Kübelwagen, egal, was die NVA dazwischen hatte oder worauf die sich bezogen hat. Die Neonazi-Szene der DDR war ja eine Art Gegenbewegung. Mit Ostalgie hat das also so oder so nichts zu tun.