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Rassismus-BerichtDie Politik fördert Diskriminierung

Frederik Eikmanns
Kommentar von Frederik Eikmanns

Viele Schwarze und muslimische Menschen in Deutschland erfahren regelmäßig Rassismus. Doch die Schutzversprechen der Politik sind scheinheilig.

Muslimisch gelesene BürgerInnen werden nach eigener Aussage regelmäßig rassistisch diskriminiert Foto: Stefanie Loos

U nd wieder ist es Zeit für obligatorische Solidaritätsbekundungen. Noch-Bundesinnenministerin Nancy Faeser teilt mit, es brauche „die Kraft unserer gesamten Gesellschaft, um allen, die Rassismus erleben, zu zeigen: Wir gehören zusammen, wir schützen Euch.“ Rassismus ist in Deutschland ja auch ein massives Problem, wie der Bericht des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors zeigt. Fast zwei Drittel der Schwarzen und muslimischen Menschen erleben mindestens einmal pro Monat Benachteiligung, die von abwertenden Kommentaren bis zum brutalen körperlichen Angriff reichen.

Warum also fühlt sich Faesers Aussage so hohl, ja verlogen an? Vielleicht, weil Deutschlands Po­li­ti­ke­r*in­nen denken, man könne Rassismus zurückdrängen, während sie gleichzeitig Ressentiments gegen Flüchtlinge schüren. In Faesers Amtszeit fallen die massivsten Verschärfungen der Asylpolitik seit 1993. Aus Furcht vor dem Erfolg der AfD hat die SPD eine ihrer Grundüberzeugungen nach der anderen aufgegeben.

Olaf Scholz inszenierte sich als Abschiebekanzler, Faeser verwies unermüdlich darauf, wie sie die Neuankünfte von Flüchtlingen verringert habe. Natürlich schwappt der implizite Rassismus dieser Politik in die Gesellschaft über und befeuert genau die Diskriminierung, die Faeser zu bekämpfen vorgibt. Unter einem Kanzler Friedrich Merz dürfte es noch viel schlimmer werden. Wo die SPD mit ihrer Flüchtlingspolitik nur indirekt Rassismus befeuert, geht die Union den direkten Weg.

Merz forderte im Wahlkampf neben der Zurückweisung aller Geflüchteten an den Grenzen auch die Ausbürgerung von Deutschen mit doppelter Staatsbürgerschaft, wenn sie straffällig werden. Im Sondierungspapier mit der SPD steht nun, dies solle geprüft werden. Viel klarer kann man nicht zum Ausdruck bringen, dass man migrantische Menschen für Bürger zweiter Klasse hält. Es wäre ein Konjunkturprogramm für Rassismus. Man kann sich vorstellen, wie die Statistiken zu Diskriminierungsvorfällen dann aussehen dürften.

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Frederik Eikmanns
Fachredakteur Inland
schreibt über alles, was im weitesten Sinn mit Migration zu tun hat.
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7 Kommentare

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  • Wie gut, dass nur Schwarze und muslimische Menschen in Deutschland Rassismus erleben und alle anderen Ausländer überhaupt nicht.

  • Irgendwie liest man in diesem Kontext stets wenig von muslimisch induziertem Judenhass, insbesondere im Rahmen des sogenannten pro-palästinensischen Aktivismus.



    Darüberhinaus ist die ständige Vermengung von Islam mit People Of Colour unseriös. Es gibt viele Black People, die mit Islam nichts zu tun haben wollen, sie werden aber in einer Art Opferzuschreibung mitverortet.

  • Dieser Kommentar ist übertrieben alarmistsch und überinterpretiert sogar noch den Artikel, den der Autor selbst geschrieben hat und auf den er in seinem Kommentar verweist.

    Ich plädiere dafür, das Problem des Rassismus, das zweifelsohne besteht, sachlich zu analysieren, sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Ursachen. Eine Studie, die irgendwelche "subtilen Diskriminierungen", die also in keiner Weise irgendwie nachprüfbar oder belegbar sind, hochjazzt, kann nicht so richtig ernstgenommen werden.

    Kommentare wie dieser sind kontraproduktiv. Herr Eikmanns wird sicherlich Zuspruch der eigenen Blase bekommen, aber die allermeisten werden abwinken.

    Ich gehe sowieso nicht davon aus, dass dieser Kommentar veröffentlicht werden wird. Aber versuchen kann man es ja mal...

  • Gerne sind die Rassismen verbrämt damit, dass man doch für Israel wäre oder für Frauen - komischerweise nur dann, wenn mann andere abwerten will

  • > Olaf Scholz inszenierte sich als Abschiebekanzler, Faeser verwies unermüdlich darauf, wie sie die Neuankünfte von Flüchtlingen verringert habe. Natürlich schwappt der implizite Rassismus dieser Politik in die Gesellschaft über und befeuert genau die Diskriminierung, die Faeser zu bekämpfen vorgibt.

    Warum soll in der Verringerung der Neuankünfte von Flüchtlingen und vermehrten Abschiebung Rassismus liegen? Eine Steuerung der Zuwanderung ist sinnvoll und notwendig. Genau diese falsche Gleichsetzung mit Rassismus befeuert die Agenda der Rechten.

  • "Natürlich schwappt der implizite Rassismus dieser Politik in die Gesellschaft über und befeuert genau die Diskriminierung, die Faeser zu bekämpfen vorgibt. Unter einem Kanzler Friedrich Merz dürfte es noch viel schlimmer werden. Wo die SPD mit ihrer Flüchtlingspolitik nur indirekt Rassismus befeuert, geht die Union den direkten Weg."

    Nancy Faeser feierte sich für Abschiebeflüge nach Afghanistan und Syrien (vor dem Fall Assads, wohlgemerkt!).

    Olaf Scholz prahlte mit Rückührungszahlen und geringeren Asylbewerberzahlen herum und gab Titelseiteninterviews über schnelle Abschiebungen.

    Da ist mir wortwörtlich schlecht geworden.

    Ist Merz noch schlimmer? Natürlich.

    Doch das ist keine Entschuldigung.

    Von der SPD erwarte ich, dass sie sich rassistischen Diskursen entschlossen entgegenstellt.

    Da hat sie eklatant versagt (was Angela Merkel übrigens nie getan hat).

    Es wäre wünschenswert, wenn es von allen Parteien so praktiziert würde, aber Merz scheint ja entschlossen, noch ganz andere (Ab-)Wege zu gehen.

    • @Stavros:

      Die geringeren Asylbewerberzahlen sind der Wunsch vieler in diesem Land, aber nichts, was eine Regierung Scholz/Merz effektiv beeinflussen kann.

      Die "schnellen Abschiebungen" sind vor allem Showveranstaltungen.

      Das Verfahren hat sich ja nicht grundlegend geändert.

      Warten Sie mal ab, was noch so kommt.

      Die Menschen hier wollen mehrheitlich unbedingt Änderungen im System.

      Da wird Ihnen noch viel schlechter werden.

      Wahrscheinlich erleben wir gerade noch die gute alte liberale Zeit.