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Rapper in Iran zum Tode verurteiltWegen Beleidigung des Propheten

Tatalu, der einflussreiche Pionier des iranischen Raps, war zunächst zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nun wurde das Strafmaß verschärft.

Der iranische Rapper Amir Tatalu, Archivbild vom April 2021 Foto: Hamid Badiee/Middle East Images/imago

Teheran afp | Ein iranisches Gericht hat einem Bericht zufolge den wegen Blasphemie verurteilten Sänger Amir Tatalu in einem Berufungsverfahren zum Tode verurteilt. Die reformorientierte Zeitung Etemad berichtete am Sonntag in ihrer Onlineausgabe, das Oberste Gericht des Landes habe eine fünfjährige Haftstrafe aufgehoben und stattdessen die Todesstrafe verhängt. Tatalu, ein einflussreicher Pionier des iranischen Raps, war Ende 2023 von der Türkei an den Iran ausgeliefert worden.

Tatalu, dem unter anderem Gotteslästerung zur Last gelegt worden war, war ursprünglich zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hob das Oberste Gericht dieses Urteil nun auf und verhängte „wegen Beleidigung des Propheten“ Mohammed die Todesstrafe, wie Etemad berichtete. Das Urteil sei aber noch nicht rechtskräftig, es könne Berufung eingelegt werden.

Der 37-jährige Sänger und Komponist, der mit bürgerlichem Namen Amir Hossein Maghsoudloo heißt, ist einer der Pioniere des iranischen Raps. Er ist bekannt dafür, Rap mit Pop und R&B zu kombinieren. Nachdem er keine Lizenz für eine Tätigkeit im Musikbereich von den iranischen Behörden bekommen hatte, verlegte er 2018 seinen Wohnsitz in die türkische Metropole Istanbul. Im Dezember 2023 übergab ihn die türkische Justiz an den Iran. Seitdem sitzt Tatalu in Haft.

Unter anderem wurden ihm „Ermutigung der jungen Generation zur Prostitution“, Verbreitung von „Propaganda“ gegen die Islamische Republik und Veröffentlichung „obszöner Inhalte“ vorgeworfen.

Der von Kopf bis Fuß tätowierte Rapper war in der Vergangenheit zunächst von konservativen Politikern hofiert worden, weil sie in ihm einen Weg sahen, junge, liberal gesinnte Iranerinnen und Iraner zu erreichen. 2017 traf Tatalu sogar den ultrakonservativen späteren Staatschef Ebrahim Raisi, der damals Kandidat für die Präsidentschaftswahl war und im Mai 2024 bei einem Hubschrauberabsturz starb. Als das internationale Atomabkommen 2015 beschlossen wurde, veröffentlichte Tatalu einen Song zur Unterstützung des iranischen Atomprogramms.

Zahl der Hinrichtungen steigt

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden im Iran im vergangenen Jahr mindestens 901 Menschen hingerichtet. UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk erklärte dazu Anfang Januar, es sei „zutiefst beunruhigend“, dass die Zahl der Hinrichtungen im Iran von Jahr zu Jahr steige. Den UN-Angaben zufolge wurden 2024 die meisten Hinrichtungen wegen Drogendelikten vollstreckt. Aber auch Dissidenten und Protestteilnehmer wurden hingerichtet.

Im iranischen Recht werden Straftaten wie Mord, Drogenhandel, Vergewaltigung und sexueller Missbrauch mit der Todesstrafe geahndet. Die Islamische Republik vollstreckt jährlich so viele Todesurteile wie kein anderes Land der Welt – mit Ausnahme von vermutlich China, wo es Menschenrechtsorganisationen zufolge keine verlässlichen Zahlen gibt.

Menschenrechtsorganisationen werfen der iranischen Führung unter dem geistlichen Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei vor, sie habe die Todesstrafe vor allem nach den Massenprotesten im Jahr 2022 zur Einschüchterung der Bevölkerung eingesetzt.

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4 Kommentare

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  • Furchtbar, frchtbar, furchtbar!! Auch, dass die Türkei Amir Tatalu ausgeliefert hat.



    Schande über sie!



    Ich hoffe, dass international bekannte Stimmen aus Kutur, Medien und Politik für ihn eintreten.

  • Wie soll der Iran in die Zukunft schreiten, wenn alle die Zukunft wagen ermordet werden? Sehr traurig.

  • Was will man von einem barbarischen Regime erwarten?

  • Morde im Namen der Moral.

    Es dürfte kaum etwas lächerlicheres und zugleich erbärmlicheres geben, als einen Menschen im Namen des Glaubens zu ermorden.