Räumung im Dannenröder Forst: Die letzten Meter im „Danni“
Die Aktivist:innen bereiten sich auf die Räumung der letzten besetzten Bäume im Dannenröder Forst vor. Am Sonntag kommt es noch mal zu Protesten.
Von zwei Seiten sind Polizei und Waldarbeiter mit Baggern und Harvestern immer weiter in den Wald vorgedrungen. Von den ehemals 13 Baumhausdörfern mit je rund 10 befestigten Häusern entlang der geplanten Trasse steht nur noch ein letztes: das Barrio „Oben“. Es war das erste Baumhausdorf, das im vergangenen Jahr im Wald errichtet worden war – und es wird nun wohl das letzte sein, das den Räumarbeiten zum Opfer fällt. Auch in diesem Barrio wurden am Freitag bereits drei besetzte Bäume gefällt. Jetzt sind nur noch fünf Baumhäuser in den Kronen zu sehen.
Auf einem davon, in etwa 20 Meter Höhe steht Feda, einer der Aktivisti, auf einem Holzvorsprung vor einer zweistöckigen Holzkonstruktion, an der er selbst mitgebaut hat. „Pfuschbau“ hat er das Baumhaus auf der alten Eiche liebevoll getauft. Unter ihm am Boden haben Aktivist:innen von Ende Gelände in weißen Maler:innen-Anzügen Barrikaden aus Baumstümpfen und Zweigen um das Barrio errichtet und Tripods aufgestellt.
Ende Gelände spricht von 800 Aktivist:innen, die an diesem Wochenende in den Wald gekommen sind, um die Autobahnbaustelle solidarisch zu besetzten. Es ist etwa 14 Uhr und zwei Hundertschaften der Polizei sind gerade dabei, die Tripods unter lautstarken Protestrufen der Aktivisti einzureißen. Das geht nur langsam voran, weil in zwei der Tripods Menschen an Seilen baumeln.
Aktivist Feda
Für Feda steht fest, dass auch er sich von der Polizei räumen lassen wird. „Das heißt aber nicht, dass wir dann aufhören werden, gegen die Autobahn zu sein, sondern nur, dass wir nicht mehr auf diesem Baum sitzen.“ Vor der Räumung aus der Baumkrone habe er durchaus Angst. „Die Polizei hat in den vergangenen Wochen mehrmals die Sicherungsseile durchgeschnitten und mehrmals sind Menschen abgestürzt“, sagt er. Es sei ein Lotteriespiel, wer die Räumung durchführe. „Es gibt bestimmt Polizist:innen, die das ordentlich machen, aber es gibt auch immer wieder Beamte, die drauf scheißen, was mit unserer Sicherheit ist.“
Auch am Samstag war es im Morgengrauen bereits zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen, als Ende-Gelände-Aktivisti auf zwei verschiedenen Routen zur Autobahnbaustelle vordrangen. Trotz Schnee und Temperaturen um den Gefrierpunkt setzte die Polizei Wasserwerfer und laut Augenzeugenberichten auch Tränengas ein.
Die Polizei schrieb per Pressemitteilung, die von den Aktivisti errichteten Schneemänner und Blockaden hätten die Rettungszufahrt blockiert. Auch zu Rangeleien sei es gekommen, wie Augenzeugen berichten. Einer der Aktivisti zeigt später seine blutige Unterlippe und sagt, ein Polizist habe ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Die Polizei schreibt, Personen hätten „unter der Anwendung von Zwangsmaßnahmen abgedrängt werden“ müssen.
„Planmäßig“ keine Baumfäll- oder Rodungsarbeiten
Ronja Weil, eine der Sprecherinnen von Ende Gelände, zieht am Samstagabend dennoch eine positive Bilanz. Kein Baum wurde gefällt. „Eigentlich hatte die Polizei angekündigt, dass sie an diesem Wochenende mit der Räumung fertig sein will“, sagt Weil. „Stattdessen ist es uns gelungen, eine neue Barrikade zu errichten und auch zu halten.“ Die Polizei wird später schreiben, man habe am 26. Einsatztag „planmäßig“ keine Baumfäll- oder Rodungsarbeiten durchgeführt.
Am Sonntag hat sich zusätzlich zu den Ende-Gelände-Aktivisti auch VIP-Verstärkung angesagt. Die Spitzen mehrere Umweltverbände, Friday-for-Futur-Sprecherin Luisa Neubauer, Förster Peter Wohlleben und andere zivilgesellschaftliche Akteure wollten für eine klimaschonende Verkehrspolitik demonstrieren. Es könnte für alle Beteiligten die letzte Gelegenheit sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen