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Raed Saleh unter DruckHarte Kritik aus eigenen Reihen

Nach Frontalangriff des Vorsitzender der SPD-Fraktion auf die CDU und FDP bezweifelt der Arbeitskreis jüdischer SPDler seine Eignung als Parteichef.

Gute Stimmung: Raed Saleh (SPD – rechte Seite) neben Udo Wolf (Die Linke) im Abgeordnetenhaus Foto: picture alliance/Jörg Carstensen/dpa

Drei Wochen nach seiner Ansage, die Berliner SPD anführen zu wollen, steht Fraktionschef Raed Saleh innerhalb seiner Partei unter Druck. Nicht nur aus CDU und FDP, sondern auch in der SPD gibt es harte Kritik an einem Zeitungsbeitrag mit dem Titel „Nur die Parteien der linken Mitte stehen uneingeschränkt zur Demokratie“, den Saleh nach dem Thüringen-Desaster veröffentlichte. Am weitesten geht der Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokraten: Er zweifelt in einer Replik darauf sogar Salehs Eignung für den Parteivorsitz an.

Die erste nur mit Hilfe der AfD gelungene Ministerpräsidentenwahl vor zwei Wochen war in der Berliner CDU durchaus nicht nur auf Ablehnung gestoßen. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel das gemeinsame Abstimmen von CDU, FDP und AfD „unverzeihlich“ nannte und die Ex-Landesvorsitzende Monika Grütters sagte, sie sei „entsetzt“, reagierte der Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, ganz anders: „Das ist eine demokratische Entscheidung, die nicht zu kritisieren ist“, sagte er und gratulierte zur Wahl.

Diese Äußerung nannte auch Noch-SPD-Landeschef Michael Müller einen „Skandal“. Saleh allerdings ging in seinem Gastbeitrag für die Berliner Zeitung weiter und gab zu verstehen, CDU und FDP würden nicht mehr komplett zur Demokratie stehen. Er lobt zwar, dass sich die Kanzlerin distanzierte, kritisiert aber, ohne konkreter zu werden, die Berliner Christdemokraten und sagt viele Austritte voraus.

„Öl ins Feuer der Rechten“

Volker Beck, lange als Bundestagsmitglied grünes Gewissen in Rechts- und Verfassungsfragen, sprach im Tagesspiegel von einem „rhetorischen Overkill“. Er habe „keinen Zweifel, dass Union und FDP uneingeschränkt zu Demokratie stehen“. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja nannte Salehs Äußerungen „Öl ins Feuer der Rechten“. Es sei unerträglich, wenn Parteien jenseits der politischen Extreme einander das demokratische Fundament absprächen, reagierte CDU-Generalsekretär Stefan Evers.

Der Arbeitskreis der jüdischen Sozialdemokraten äußerte sich offenbar, weil sich Saleh auf die Reaktion jüdischer Freunde von ihm bezog, die in der CDU nicht mehr ihre politische Heimat sähen. „Raed Saleh hat mit seinem Frontalangriff auf CDU und FDP viele engagierte Menschen zutiefst verunglimpft. Freuen kann sich über diese unnötige Eskalation lediglich die AfD“, schreiben die Vorsitzenden der Berlin-Brandenburger Regionalgruppe des 2007 gegründeten SPD-Arbeitskreises, Renée Röske und Mirko Freitag.

Saleh habe zudem vergessen zu erwähnen, dass in der mit der SPD koalierenden Linkspartei „im Hinblick auf Israel viele Fragen offen sind“. Röske und Freitag schließen mit der Aufforderung, die geplante neue Doppelspitze der Berliner SPD aus Saleh und Bundesministerin Franziska Giffey zu überdenken: „Es gibt viele Berliner Sozialdemokraten, die statt Raed Saleh an ihrer Seite als Parteivorsitzender stehen könnten – aber wir sind uns sicher, dass Franziska Giffey auch allein die Partei wieder zurück zu alter Stärke führen könnte.“

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