Berliner CDU und AfD: Ein ostdeutscher Landesverband

Die Reaktionen auf die Wahl von Thomas Kemmerich zeigen: Nicht nur die CDU-Verbände in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen sind gespalten.

Kai Wegner ist seit 2019 CDU-Landeschef in Berlin Foto: dpa

Ende Januar erst hat sich die grüne Fraktionsvorsitzende Antje Kapek mit Kai Wegner getroffen. Bei einem „Berlin-Salon“ wollten die Grüne und der CDU-Landesvorsitzende Möglichkeiten einer grün-schwarzen Zusammenarbeit ausloten. Voraussetzung dafür, so Kapek, sei es aber, eine deutliche Grenze nach rechts zu ziehen: „Wir brauchen eine klar sortierte konservative Kraft in der Gesellschaft, die deutlich macht, bis wohin verbale Grenzen ausgereizt werden dürfen.“

Spätestens seit den Ereignissen in Thüringen dürfte es aber wieder vorbei sein mit den grün-schwarzen Avancen. Die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit den Stimmen von AfD und CDU hatte der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Burkard Dregger mit den Worten kommentiert: „Das ist eine demokratische Entscheidung, die nicht zu kritisieren ist.“

Eine Abgrenzung von rechts sieht anders aus. Mehr noch: Dreggers Freude über die „demokratische Entscheidung“, die er am Tag danach nur in homöopathischen Dosen entschärft hat, kann als Hinweis verstanden werden, dass es auch in der Berliner CDU Kräfte gibt, die eine Öffnung zur AfD betreiben. Bis hin zur Fraktionsspitze.

Dass Dregger zum rechten Flügel der Berliner CDU gehört, ist nichts Neues. Seit Monaten schon schießt er sich, ähnlich wie die CDU in Thüringen, auf die Linken als verhassten politischen Gegner ein. Die Hoffnungen der Liberalen in der CDU ruhten daher lange auf Kai Wegner, der im Mai 2019 Monika Grütters an der Spitze des Landesverbands abgelöst hat. Der Berlin Salon mit Kapek war ein Hinweis darauf, dass der Landeschef durchaus andere Töne anschlägt als der Fraktionschef.

Nach der Wahl von Kemmerich in Thüringen hat es Wegner allerdings an der nötigen Klarheit fehlen lassen. Weder Dregger noch Wegner habe sich von den Vorgängen bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen, die nur mithilfe der AfD zustande kam, distanziert, sagte etwa SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Saleh spricht deshalb wie die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Regina Kittler, von einem „Rechtsruck“ der Berliner CDU.

Tatsächlich war Dregger nicht der Einzige, der sich erfreut über die Wahl Kemmerichs gezeigt hatte. Der Tagesspiegel berichtet, dass sich auch Frank Henkel ähnlich geäußert hat: „Ramelow abgewählt! Großartig!“, soll er in einem CDU-Chat geschrieben haben. Der rechtspolitische Sprecher und Kreischef in Mitte, Sven Rissmann, soll geschrieben haben: „Gut, dass der Kommunist weg ist.“

Damit scheint die Berliner CDU-Fraktion in Sachen AfD ähnlich gespalten zu sein wie die Fraktionen in Thüringen, Sachsen oder Sachsen-Anhalt. Nein, eine liberale Großstadtpartei ist die Berliner CDU längst nicht mehr. Vielmehr ist sie auf dem besten Weg, ein typischer ostdeutscher CDU-Landesverband zu werden.

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