piwik no script img

Radfahren und GolfBig Business beim Charity-Golf

Mit wem man sich so anfreundet beim wohltätigen Golfspielen. Und warum der Weg zum Literaturnobelpreis dann doch noch weit ist.

So geht Charity: Das Volksmusikmoderatorenpaar Marianne und Michael vor einem Golf-Turnier

V iele Menschen glauben ja, Golf diene mehrheitlich der Kontaktanbahnung oder gleich dem Geschäftemachen. Mit Benz oder Porsche vorfahren, ein wenig die kleinen Kugeln herumschubsen und danach beim Bier: Big Business.

Ich habe diesem Vorurteil immer empört widersprochen: Wir spielen Golf doch aus Spaß. Oder als Wettkampf. Und immer als Herausforderung, eine gute, eine bessere, eine für eigene bescheidene Verhältnisse nahezu perfekte Runde hinzulegen. Oder meist, eigentlich immer, um danach zu jammern, warum es wieder nix war.

Jetzt muss ich umdenken. Habe ich doch selbst, zumindest vielleicht, auf dem Golfplatz Small Business angeleiert. Im hochherrschaftlichen Aachener Golfclub (Klischee: Oberarzt aufwärts) fand ein Charityturnier statt. Es war mein erstes nach über 30 Jahren Ballhauerei, veranstaltet von den Pressegolfern NRW. Eigentlich finde ich Charity affig, sollen die Reichen doch ihre dicken Schecks ausfüllen, ohne sich für ihre Brosamen auch noch öffentlich feiern zu lassen.

Als Spielpartner war mir Marcel Philipp zugelost worden,­ zehn Jahre lang Aachens CDU-Oberbürgermeister. Wir kannten uns sonst nur von beruflichen Terminen. Jetzt bot er gleich das Du an. Oha! Wobei, es gibt diverse Duz-Varianten im Golf: Da ist das sogenannte ­Runden-Du (nur für den Tag), das sportlich allgemeine (für alle weiteren Fairway-Begegnungen) und das immerwährende. „Nee, wir duzen uns jetzt, das sehe ich ganz entspannt. Also, ich bin der Marcel.“ ­Corona-Shakehands, also Faust. Dann schubsten wir die Bälle.

Mäuse für Mäuse

Am Ende gingen knapp 2.500 Euro nebenan nach Stolberg-­Vicht an die Kita Mäuseburg, die von der Flut verwüstet worden war und seitdem auf Container-Pädagogik setzen muss. Zufällig hatte Mäuseburg gut gepasst: Der Organisator des Events, WDR-Olympiareporter Peter Grube, hatte sich kurz vor dem Turnier, bei der Jagd nach einer Maus unter seinem Küchenschrank, die Schulter verrenkt und konnte nicht mitspielen.

Zur Entgegennahme des Schecks war Stolbergs SPD-­Bürgermeister Patrick Haas, ein ehemaliger Bundesliga-­Judoka, im Rennradlerdress angestrampelt gekommen. Sehr sympathisch. Ihm gefielen wiederum meine Modalitäten der An- und Abreise: Den Ferrari Testarossa hatte ich ausnahmsweise im Port gelassen und war per Bike gekommen. Spontan traute ich dem Mann zu, meinen Fahrradroman „Die Zahl 38.185“ goutieren zu können. Darin geht es um die Verkehrswende, um Speichenheinis, Asphaltimperialisten und den Massenmord an Parkplätzen.

Und so schenkte ich Haas ein Exemplar. Spielpartner Marcel bekam, schon wegen Partei-Parität, auch noch eines. Was auch passte: Philipp ist nach seiner Politlaufbahn Geschäftsführer einer Firma für innerstädtische Mobilität geworden; lobenswert, auch wenn da mit elektrischen Blechdosen gearbeitet wird. „Interessiert mich sehr“, sagte Marcel. Also: zwei potenziell maximal wirksame Multiplikatoren. Und das, kurz nachdem Martin Unfried, der Bruder vom taz-­Peter, mein Opus im VCD-­Magazin Fairkehr geadelt hatte: „Klasse! Große Klimakunst.“

Am 10. Dezember wird der Literaturnobelpreis vergeben. Eine Zugfahrt nach Stockholm dauert keine 17 Stunden. Greta, ich komme! Und bringe für erste Übungsschläge mein ­Eisen 7 und den Putter mit. Golfspel för klimatet: Die Rettung des großen Balles wird nur mit den kleinen Bällen gelingen.

Doch dann der Schreck: Mäuse-Grube berichtet, er hätte das Marcel gewidmete Buch auf dem Parkplatz des Golfclubs gefunden. Verdreckt, zerfleddert! Mit dicken Reifenspuren auf den Innenseiten! Ein Versehen? Der Stockholm-Termin wackelt. Und den Marcel werde ich wohl wieder siezen müssen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!