RECHTSEXTREMISMUS: Braunes Bekenntnis
Gruppe "kritischer Nationalisten" will hinter der Attacke auf Lübecker NPD-Funktionär stecken. Staatsanwaltschaft ermittelt weiter "in alle Richtungen".
Die rechtsextreme Szene verschickt nur selten Bekennerschreiben. In der Nacht zu Donnerstag aber kursierte nun die E-Mail, in der eine „Division antiparlamentarischer und kritischer Nationalisten Lübeck/Schleswig Holstein“ (ANK) sich zu einem Angriff auf den NPD-Landespressesprecher Jörn Lemke in Lübeck bekennt.
„Mit dem Angriff“, heißt es darin, „wollten wir ein Zeichen dafür setzen, dass staatlich eingesetzte Geheimagenten in unseren Reihen nichts zu suchen haben.“ Seit Monaten wird dem NPD-Funktionär aus Kameradschaftsstrukturen vorgeworfen, er wirke als V-Mann für die Behörden. Die offiziellen Stellen in Kiel äußern sich hierzu nicht.
Den Anlass zu dem Bekenntnis dürfte der schleswig-holsteinische NPD-Landesverband selbst geliefert haben: Zunächst schwieg die Partei über den Angriff auf Lemke, der sich am 18. November zugetragen hatte. Dann veröffentlichte sie am 20. November eine „persönliche Stellungnahme“ Lemkes, der auch NPD-Vorsitzender in Lübeck ist: Er sei am Morgen gegen 11 Uhr vor seiner Wohnung von „zwei Vermummten“ mit einem Holzknüppel angegriffen worden, die ihn dabei als „Scheiß Nazi“ bepöbelt hätten. Weiter schrieb Lemke, gegen die „linksextreme Szene“ werde ermittelt.
Den Übergriff beobachteten Zeugen. Den Halter eines Fahrzeugs, in dem die Angreifer flohen, konnte die Polizei rasch ermitteln. Zu den laufenden Ermittlungen will die Lübecker Staatsanwaltschaft nicht viel kundtun: „Die Ermittlungen laufen in alle Richtungen“, sagt ein Sprecher. Dem Verdacht, es könnte sich bei den Angreifern um Angehörige der rechten Szene handeln, werde aber nachgegangen.
In der Bekenner-E-Mail wird erneut behauptet, Lemke sei ein „’Geheimagent‘ der links indoktrinierten BRD“. Der NPD-Mann stelle „ein wichtiges Organ des zu bekämpfenden Systems dar“, welches „zahlreiche national-revolutionäre Gruppen gespalten und selbst zerstört“ habe. Bereits vor zehn Jahren sei er „von aufrichtigen Nationalisten als V-Mann entlarvt“ worden.
Zum Beweis führen die Absender an, dass bei der 1.-Mai-Demonstration in Neumünster, die Lemke verantwortete, mehr als 100 Rechtsextreme in Polizeigewahrsam kamen. Auch wird ihm ein Angriff auf eine DGB-Kundgebung im vergangenen Jahr vorgeworfen, weil es danach zu etlichen Hausdurchsuchungen bei Kameraden kam. Schließlich wird erklärt, man werde „den Ausbau autonomer nationalistischer Strukturen“ weiter verteidigen. Lemke streite alle Vorwürfe ab und hat eine Strafanzeige angekündigt.
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