„Querdenken“-Protest in Halberstadt: „Eine Grenze überschritten“
Querdenker*innen waren mit Fackeln bei Halberstadts Oberbürgermeister Daniel Szarata (CDU) aufgetaucht. Jetzt äußert sich der Politiker erstmals.
Szarata sei mit seiner Familie zu diesem Zeitpunkt im Haus gewesen, wie er der dpa mitteilte. Die Szenerie habe er als bedrohlich empfunden. „In dem Moment, wo Menschen vor meiner Haustür stehen, meine Familie versuchen zu verängstigen und in meine Privatsphäre eindringen, ist ganz klar eine Grenze überschritten“, teilte der 39 Jahre alte Oberbürgermeister am Montagabend in einer Pressemitteilung mit. „Sicher kann jeder nachvollziehen, dass ich das nicht tolerieren kann.“ Gegen eine Person, die versucht habe, auf sein Grundstück zu gelangen, wolle er Strafanzeige erstatten.
Angeführt wurde die unangemeldete Demo von der neonazistischen Gruppe „Harzrevolte“, die am Montagabend auch ein Video des Protests in ihrem Telegram-Kanal veröffentlicht hat. Die Gruppe beteilige sich seit Ende November an den Corona-Protesten im Harz und gehöre zu den aktivsten Neonazi-Gruppen in Sachsen-Anhalt, sagte David Begrich, Rechtsextremismusexperte beim Magdeburger Verein Miteinander, der taz.
Für den in Halberstadt geborenen Oberbürgermeister Szarata steht fest: Der Demozug wurde nicht von Halberstädter*innen zu seinem Haus gelenkt, sondern von Rechtsextremen von außerhalb. „Ich weiß, dass die große Mehrheit der Halberstädter den gestrigen Einschüchterungsversuch verurteilt. Das zeigen die zahlreichen Solidaritätsbekundungen, die mich in den letzten Stunden erreicht haben“, erklärte Szarata.
Oberbürgermeister lobt Polizeieinsatz
Die Demonstration wurde von zahlreichen Polizist*innen begleitet. Wieviele Beamt*innen im Einsatz waren, wollte die Polizeiinspektion Magdeburg der taz „aus einsatztaktischen Gründen“ nicht sagen. Auch die Fragen, wie es überhaupt zu dem Protest vor Szaratas Wohnhaus kommen konnte und wieso die Polizei den Demozug nicht rechtzeitig in eine andere Richtung gelenkt hat, beantwortete die Polizei nicht. Die Auswertung des Abends dauere noch an, teilte die Magdeburger Polizeiinspektion mit.
Oberbürgermeister Daniel Szarata ist der Meinung, dass die Polizei die Lage am Montag gut im Griff gehabt habe. Die Beamt*innen hätten „auch diese Demonstration wieder umsichtig begleitet“, heißt es in der Mitteilung. Seit Monaten gehen in Halberstadt jede Woche hunderte Gegner*innen der Corona-Politik auf die Straße.
Szarata, der zusammen mit Mediziner*innen und anderen Politiker*innen regelmäßig Impfgegner*innen zum Gespräch auf dem Domplatz in Halberstadt einlädt, möchte trotz des Aufzuges vor seinem Wohnhaus weiter auf Dialog setzen. „Kontroverse Diskussionen sind Bestandteil meiner Arbeit und unserer Demokratie. Ich bin gern bereit, mich diesen zu stellen“, sagte Szarata. Dabei müsse aber klar zwischen dem Oberbürgermeister und dem Familienvater und Ehemann Daniel Szarata unterschieden werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung