Queere Landespolitik: Der Vorreiterrolle besser entsprechen
Regenbogenhauptstadt Berlin: Der Senat hat einen Maßnahmeplan für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt beschlossen.
Das beste Beispiel für „Berlins Rolle als deutsche Vorreiterin“ in Sachen LGBTI-Politik sei, dass kürzlich eine sich im Strafvollzug befindliche Trans*-Person beantragt habe, der besseren Haftbedingungen wegen aus einem westdeutschen Land nach Berlin überführt zu werden. Dass sagte Justiz- und Antidiskriminierungssenator Dirk Behrendt (Grüne) gestern bei der Vorstellung der neu aufgelegten Regierungsinitiative für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt (IGSV), die der Senat am Dienstag beschlossen hatte.
Weiter führte Behrendt aus, dass das Ziel der IGSV sei, dem Anspruch „Regenbogenhauptstadt“ als Senat gerecht zu werden. Dabei sei man ganz entscheidend auf die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen LGBTI-Gruppen angewiesen.
Der neue Maßnahmenkatalog sieht nicht nur eine Stärkung der „Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt im Justizvollzug“ vor, sondern insgesamt 9 Handlungsfelder und 92 Einzelmaßnahmen, die von „Diskriminierung, Gewalt und vorurteilsmotivierte Kriminalität bekämpfen“ bis zu „die rechtliche Gleichstellung bundesweit vorantreiben“ reichen. Der Senat wolle aber auch über den Bund hinaus die Städtepartnerschaften Berlins nutzen, um internationale Solidarität zu üben, so Behrendt. Zum diesjährigen CSD habe man etwa LGBTI-Aktivist*innen aus der Partnerstadt Istanbul eingeladen, um auf die schwierige Lage queerer Menschen in der Türkei hinzuweisen.
Zum Vorgängerplan, der Initiative für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt (ISV), seien in der neuen IGSV Schwerpunkte zu den Bedarfen von trans- und intergeschlechtlichen Menschen und geflüchteten LGBTIs hinzugekommen, erläutert der Senator. Man habe die Bedeutung von Mehrfachdiskriminierungen erkannt.
Unterstützung für Altenhilfe- und Pflegestrukturen
Das Handlungsfeld „Pflege, Alter, Leben mit Behinderung und psychischen Beeinträchtigungen“ sei ebenfalls von großer Bedeutung für LGBTIs und verlange politische Unterstützung. Die 16 in diesem Handlungsfeld angesiedelten Maßnahmen zielen darauf ab, Altenhilfe- und Pflegestrukturen durch die Berücksichtigung von queeren Themen in Ausbildung, Qualifizierung und Fortbildung LSBTI-kompetent zu gestalten.
Auch die Unterstützung pflegender Angehöriger und Ehrenamtlicher sei dabei im Blick der IGSV. Konkret sollen eine Fachstelle und ein runder Tisch zu „LSBTI im Alter und in der Pflege“ eingerichtet werden, und die Bezirke sind angehalten, LSBTIs in ihren Seniorenvertretungen zu berücksichtigen. Das Projekt „Inklusive LSBTIQ* Infrastruktur“, angesiedelt bei RuT-Rad und Tat e. V., möchte der Senat weiterführen. Es bemüht sich um die Inklusion von LGBTI mit Behinderung.
Die ISGV ist nicht neu. Schon 2010 wurde eine LGBTI-Initiative vom Senat beschlossen. „Unter Rot-Schwarz ist das dann etwas eingeschlafen“, sagt Behrendt. Aufgrund des Senatsbeschlusses wird nun das Abgeordnetenhaus die IGSV diskutieren. Ob die straffällige Trans*-Person nun in die Regenbogenhauptstadt kommt? „Ob die Überführung klappt, wird man sehen“, so Behrendt.
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