Putins Teilmobilisierung: Widerstand bei russischen Männern

Noch weiß keiner so genau, wie Putins Teilmobilisierung in Russland ablaufen soll. Die ersten Männer fliehen ins Ausland, andere gehen auf die Straße.

Menschen auf einer Straße

Moskau am Mittwoch: Menschen vor einem Rekrutierungsbüro des russischen Militärs Foto: Ramil Sitdikov/SNA/imago

MOSKAU taz | Kaum hatte Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwochmorgen die Teilmobilmachung ausgerufen, waren keine Direktflüge mehr nach Istanbul zu kaufen für den Tag. Die türkische Metropole empfängt russische Staats­bür­ge­r*in­nen ohne Visum und gilt seit März als einer der Hotspots für russische Emigrant*innen.

Seit dem Zweiten Weltkrieg hatte es keine Mobilmachung im Land gegeben. Nach Putins Ankündigung wissen nun selbst hohe Be­am­t*in­nen nicht, was zu tun ist. Laut einem nun aktuell gewordenen Gesetz „Über die Mobilmachung in Russland“ darf kein Russe im wehrpflichtigen Alten seinen Wohnort verlassen. Auch Reservisten, die im Militärregister erfasst sind, ist das Entfernen von ihrem Wohnort verboten.

Allerdings weisen russische Anwälte darauf hin, dass die Wehrpflichtigen und die Reservisten von der Einberufungsbehörde schriftlich benachrichtigt werden. Für die jetzige Mobilmachung sind die Regionen zuständig, wie so oft in Russland werden mit unbeliebten Aufgaben die Gouverneure betraut. Doch auch dort herrscht Unwissen. Die Regionalverantwortlichen gehen davon aus, dass das Verteidigungsministerium jeder Region mitteilen wird, wie viele Re­ser­vis­t*in­nen aus ihrer Region an die Front müssen.

Auch Ärz­t*in­nen bekommen bereits Vorladungen. Verweigern die von der Teilmobilmachung Betroffenen den Dienst, riskieren sie eine Strafe von zehn Jahren Haft. Liberale Medien, die meisten von ihnen arbeiten nicht mehr in Russland, stellen Listen von Organisationen zusammen, an die sich Re­ser­vis­t*in­nen wenden könnten, um dem Zwangsdienst zu entkommen. Anwälte berichten von Hunderten Anrufen und Mails, die sich Beratung wünschen, um nicht an die Front zu müssen. „All jenen, die nicht unter die Mobilisierung fallen, sei geraten, immer ein entsprechendes Dokument bei sich zu tragen“, schreibt ein Anwalt.

In der Kreml-Administration gehe man davon aus, dass die Mehrheit der Bevölkerung die „Spezialoperation“ trage und auch die Mobilisierung tragen werde, so schreibt das in Lettland ansässige kremlkritische russischsprachige Internetportal Meduza. „Die ganz Unzufriedenen werden gehen. Niemand wird sie aufhalten“, heißt es darin.

Derweil formiert sich Widerstand. In verschiedenen Teilen des Landes gingen mehrere Hundert Menschen am Mittwoch auf die Straße und wurden von der Polizei abgeführt. Auch für Moskau sind für den Mittwochabend Proteste geplant.

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