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Putins SelbstinszenierungTheater ums Erdgas

Kommentar von Inna Hartwich

Russland hat Europa zappeln lassen und Erdgas als geopolitische Waffe genutzt. Die Mahnung dahinter ist klar.

Mit russischem Gas Europa retten? Präsident Wladimir Putin Foto: Umit Bektas/reuters

S o mancher in Russland feiert seinen Präsidenten gerade als „Retter Europas“. Zu Lebzeiten sollten Wladimir Putin Denkmäler in europäischen Städten gebaut werden, die Menschen sich vor diesem gütigen Weitsichtigen stets verneigen, fordert da einer in seinem Blog. Auch Staatsmedien betiteln ihre Beiträge mit „Wir lassen euch nicht frieren“. Es gebe nur einen zuverlässigen Energiepartner – Russland. Doch diese Zuverlässigkeit ist ein großes Schauspiel.

Allein die Mitteilung, dass Russland nun doch die Energiespeicher in Deutschland und Österreich befüllen soll, gleicht einer kleinen Theateraufführung im Online-Format. In einem Fenster erscheint Putin, der fast schon kindlich fragt, ob es denn richtig sei, dass Gazprom auch in Europa über unterirdische Gasspeicher verfüge, in einem anderen Fenster beeilt sich der Gazprom-Chef Alexei Miller zu sagen: „Ja, bis 8. November werden alle russischen Speicher voll sein.“ Putins Anweisung danach: Ab 8. November soll Gazprom mehr Gas nach Europa liefern. Nun doch. Auf den Märkten herrscht Erleichterung, die Preise fallen.

Es geht um Macht

Wochenlang wiederholten Gazprom wie auch der Kreml dasselbe Mantra: Alle Verträge werden erfüllt, Russland lässt sich nichts zuschulden kommen. Daneben hielt sich Gazprom unerwartet von Verkäufen auf den Spotmärkten zurück und ließ sich so bewusst Mehreinnahmen entgehen. Nach russischem energiepolitischem Verständnis ist das logisch. Mag die Führung auch noch so oft betonen, wie blödsinnig sie die Vorwürfe findet, das Land benutze Gas als Waffe, ihr Verhalten ist seit Jahren ein gegensätzliches. Dabei geht es um Macht und geopolitische Ziele.

Auch in der jüngsten Energiekrise feiert sich Russland als Partner mit reiner Weste, lässt Europa kurzzeitig zappeln, vergisst dabei nicht, Angst zu säen und sagt schließlich: Na gut, wir springen ein. Die Mahnung ist eindeutig. Moskau macht klar, dass es sich in der stärkeren Position sieht. Green Deal hin oder her, Europa soll erfahren, wie abhängig es von Russlands Rohstoffen ist.

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10 Kommentare

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  • Wie kann es sein, dass ein diktatorisch gesteuerter korrupter Gaslieferant Gasbevorratungen in unserem Lande betreibt, die unserer energiepolitischen Sicherheit dienen sollen. Wie naiv waren da wohl unsere politischen Verwaltungsentscheider mal wieder? Oder war es gar der Gerhard, der grosse Blumenpfleger und homemadekoch?

    Wie war der historische Spruch, "Die Sozialdemokraten haben uns Ver...." Der Gerhard ist ja immer noch in der Partei, wie auch die Manuela. Alle immer bedacht auf "unseren" wirtschaftlichen Vorteil, auf Arbeitsplätze und Wärmekomfort, auf Kosten der Klima- und Lebenszukunft unserer Enkel.



    So viel eigensinniger support gibt sicher mal Ärger mit dem Nachwuchs im Hause Schwesig. Aber wie nur in aller Welt aus dieser Nummer wieder raus kommen?



    Die Sonne und der Wind schicken keine Rechnung und auch keine Panzer! Die Technik ist weltweit begehrt und sichert Arbeitsplätze mit 4 Tagewoche, bei Lohnausgleich.

  • Transatlantische Narrativhörigkeit wie bei Frau Hartwich et al. kann sich leicht zur zwanghaften Obsession entwickeln.



    Die TAZ ist einst als unabhängiges Medium angetreten, will sie jetzt ihre journalistische Reputation verlieren?

  • Ich zitiere an dieser Stelle Angela Merkel:



    "Die Frage ist ja: Gibt es Bestellungen, die getätigt wurden, die von Russland nicht geliefert werden? So, wie meine Information vor wenigen Tagen war - ich kann das für den heutigen Tag nicht aktuell sagen, aber vor wenigen Tagen war es so -, ist das nicht der Fall. Das heißt, es gibt keine Bestellungen, bei denen Russland gesagt hat: Das liefern wir euch nicht, und wir liefern es auch schon gar nicht durch die ukrainische Pipeline. Russland kann ja nur Gas liefern auf der Grundlage von vertraglichen Bindungen, und nicht einfach so. Deshalb ist die Frage: Wird genug bestellt oder ist der hohe Preis im Augenblick vielleicht auch ein Grund, nicht so viel zu bestellen? Das alles soll bis zum Oktober-Rat in Brüssel analysiert werden, und dann werden wir auf dieses Thema zurückkommen."



    Angesichts solcher doch recht klarer Aussagen finde es einigermaßen befremdlich, zwanghaft die Schuld bei Russland zu sagen. Jedenfalls ist das ein Reflex, den ich bei der Zeitung mit den vier großen Buchstaben suchen würde. Von der taz wünsche ich mir ein höheres Niveau.

    • @O.F.:

      applaus ;-)

    • @O.F.:

      Das Niveau der taz ist seit langer Zeit bezüglich Russland/Putin dasselbe. Lesen Sie im Archiv mal die Artikel von Donath, Oertel oder eben auch Hartwig. Da merkt man, dass die taz eben doch eine Grünenpostille ist. Baerbock, KGE et al. und früher Fücks, Harms, Beck sind auch so drauf. Kommen alle, wie auch Kretschmann, aus alten kommunistischen Kleingruppen wie dem KBW.

      • @Yossarian:

        Wer sich den Menschenrechten verpflichtet fühlt, kann auch über Russland nur kritisch berichten. Ich weiss, gewisse identitäre Kreise halten den Universalismus der Menschenrechte für ein überholtes Konzept. Gehören Sie auch zu denen?



        Dass der Kreml seine Gaslieferungen als Druckmittel und Waffe einsetzt, ist ja nicht ganz neu. Darüber zu berichten ist den Fakten geschuldet und nicht irgendeiner Vorgeingenommenheit.

        • @Galgenstein:

          1. Auch wer sich den Menschenrechten verpflichtet fühlt, kann sich mit Russland differenziert auseinandersetzen - was punktuelle Kritik nicht ausschließt, aber eben eine pauschale Dämonisierung.



          2. Auch den Anspruch auf Universalismus kann man nicht mit einem Verweis auf die Identitären abhandeln: Erst einmal geht es hier um eine Frage der Moralbegründung; ein Universalismus, der sich argumentativ nicht ausweisen kann, bleibt ein Glaubenssatz! Böse formuliert: auch die Taliban insistieren auf die Universalität ihrer Werte. Zudem kann auch der Universalismus einer rechten Agenda dienen - dann nämlich, wenn er zur Legitimation einer hegemonialen bis imperialen Agenda herangezogen wurde (denken Sie daran, wie der Kolonialismus begründet wurde!). Unzuerkennen, dass es auch nicht-westliche Werte gibt, ist insofern keine inhärent rechte bzw. identitäre Position, sondern zunächst eine Absage an den Deutungsanspruch einer bestimmten Gruppe.



          3. Ich verweise Sie gerne noch einmal auf das Zitat von Merkel, die hier klar bestreitet, dass Russland an der gegenwärtigen Gaspreissteigerung schuld ist. Dass Russland manchmal ökonomische Macht auch politisch ausspielt, ist unbestritten wahr, aber auch eine Banalität - welcher Staat macht das denn nicht?

  • Trauriger Artikel. Ich würde noch fragen wollen wer hier alternativ als Weißer Ritter in der Energiepolitik agiert ? USA ? China ? die Saudis ?



    Meines Wissens ist die Preisentwicklung hausgemacht durch deregulierung der Märkte zwecks Gewinnoptimierung für einige wenige. Und jetzt erhält Russland dafür den schwarzen Peter.

    • @Algernoon:

      Das Problem ist, dass man von deutscher Seite nichts unternommen und wenig unterlassen hat um die Monopolisierung der Gasprom voranzutreiben. Als man auch noch die Speicher in Deutschland an Russland verkaufte, die Bevorratung unserer Gasvorräte an Russland outsourcte habe ich mir schon an den Kopf gelangt. War man so naiv, so dumm, so blauäugig oder war es Absicht? Im Zweifelsfall eine Mischung aus allem.

  • Vielleicht sollte so mancher Politiker hierzulande mal aufhören zu moralisieren, plötzlich äußerst Rechte zu Opfern russischer Willkür zu erklären und für deren Freiheit zu "kämpfen" - immerhin gehts da um Leute, die hier vom Verfassungsschutz in Augenschein genommen würden - und sich drauf besinnen, daß die Umstellung von der Gasheizung auf Elektrizität immerhin noch mindestens, MINDESTENS, zwei Jahrzehnte dauern dürfte? Wirklich mindestens, wahrscheinlich deutlich länger!



    Machen wir einfach eine vernünftiges Geschäft draus, bei dem, wie überall, einer liefert und der ander die Lieferung bezahlt - wie überall im Geschäftsleben?



    Ansonsten, viel Spaß mit dem Emsland-Gas, das dann allerdings spätestens Ende Novermber wohl ganz einfach endgültig alle sein könnte... :)