Prozess um Racial Profiling: Es ist erbärmlich
Für Hamburgs Innenbehörde ist Fehlerkultur ein Fremdwort. Das zeigt die eingelegte Berufung gegen die Feststellung zweier rechtswidriger Kontrollen.
W as ist so schwer daran, einfach mal einen Fehler einzugestehen? Oder die Tatsache wenigstens achselzuckend zur Kenntnis zu nehmen, dass ein Fehler richterlich festgestellt wurde? Die Hamburger Innenbehörde ist dazu offensichtlich nicht in der Lage. Sonst hätte sie ihre Niederlage vor dem Verwaltungsgericht gegen Barakat H. hingenommen.
Stattdessen zeigt ihre Berufung gegen die Feststellung zweier rechtswidriger Kontrollen auf St. Pauli: Die Behörde samt der ihr untergeordneten Polizei hat von progressiver Fehlerkultur noch immer nichts kapiert.
Das Gericht hat die Rechtswidrigkeit in zwei Fällen festgestellt – ohne sie aber als Verstöße gegen das im Grundgesetz verankerte Diskriminierungsverbot zu betiteln. Die Hamburger Polizei muss sich demnach nicht einmal mit dem Vorwurf herumschlagen, dass sie Racial Profiling betreibe. Sie kann sogar mit ihren umfangreichen Kontrollen weitermachen wie bisher, es wurde nur über zwei Einzelfälle entschieden.
Doch das angekratzte Behördenego fühlt sich offensichtlich an der Ehre gepackt. Natürlich hat sie das Recht, gegen die Gerichtsentscheidung in Berufung zu gehen. Es gebietet der Anstand, es hier nicht zu tun.
Auch beim Pimmelgate dasselbe Muster
Auch im Zuge der Pimmelgate-Posse war polizeiliches und behördliches Handeln so offensichtlich falsch und übertrieben, dass ein Zurückrudern nötig gewesen wäre. Aber auch hier keine Spur von Bedauern. Stattdessen ging es ebenso mit dem Kopf durch die Wand. Der Ablauf ist immer derselbe: Jemand baut Mist, doch statt danach ein kurzes „Sorry“ zu äußern und die Sache auf sich beruhen zu lassen, wird mit Vollgas die Verteidigungslinie aufgebaut. Bloß keine Schwäche zu zeigen, ist die zweifelhafte Devise.
Dass es auch anders geht, zeigte kürzlich Berlin: Erstmals hat die Berliner Polizei eingestanden, dass zwei ihrer Beamten einen Bürger rassistisch diskriminiert haben. Die Behörde hatte sich deshalb schriftlich bei ihm entschuldigt. So etwas ist in Hamburg mit seinen bornierten Institutionen weiterhin undenkbar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe