Prozess um Gruppenvergewaltigung: Tageshell, aber Tat bleibt dunkel
Im Prozess um eine mutmaßliche Gruppenvergewaltigung führt der Richter ein möglicherweise entlastendes Video vor. Anwälte zweifeln Haftgründe an.
Angeklagt sind D. und zwei weitere Tatverdächtige wegen besonders schwerer Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Raubs. Sie sollen im vergangenen Juni im Görlitzer Park ein Ehepaar ausgeraubt, die Frau vergewaltigt und den Mann verprügelt haben. D. streitet die Vorwürfe ab, die anderen beiden Tatverdächtigen haben sich bisher nicht geäußert.
Im Video sind keine Gesichter zu erkennen. Die Sequenz zeigt einen Schwarzen Mann von hinten, vor ihm kniet eine weiße, nackte Frau, in einer Art Gebüsch, augenscheinlich haben sie Oralverkehr. Hinter der Frau steht wohl noch eine weitere Person. Man hört Vögel zwitschern und leise Musik. Und undeutliche Wörter, schwer zu verstehen, aber möglicherweise sagt jemand am Anfang: „Nimm sie, bitte.“ Gegen Ende berührt sich die Frau selbst. Im Video ist es taghell.
„Äußerungen des Missfallens“ seien in dem Video „nicht vernehmbar“, erklärt Anke Heimann, ebenfalls Verteidigerin des Angeklagten D. bei der Beweisaufnahme am Donnerstag. Nach diesem Video gebe es keine Anhaltspunkte für eine „Gruppenvergewaltigung mit einer in der Anklage dargestellten Dynamik“. Das Video widerspreche den Aussagen der mutmaßlich vergewaltigten Frau und ihres Ehemanns.
Gericht soll Haft prüfen
Beide hätten der Polizei nichts davon gesagt, dass die Frau vor der „angegebenen Gruppenvergewaltigung“ mit mindestens zwei Männern einvernehmlichen Sex gehabt habe. Die Anwältin sagt, das Gericht sei verpflichtet, zu prüfen, ob die „Voraussetzungen für eine Untersuchungshaft“ für D. noch vorliegen. Der Staatsanwalt widerspricht. Das Video sei extrem kurz, seine Aussage begrenzt. „Haftverschonung“ sei bei der „Heftigkeit des Vorwurfs“ nicht möglich.
Aus diesen sieben Sekunden ließe sich nicht der ganze Tathergang ableiten, hatte auch der Anwalt der Zeugin und Nebenklägerin bereits beim Prozessauftakt gesagt. Das war auch der Tag, an dem bekannt geworden war, dass es dieses Video gibt. Seine Mandantin sei inzwischen zurückgekehrt in ihr Herkunftsland Georgien. Sie habe ihm aber zugesichert, dass sie zum nächsten Prozesstag im Februar kommen und wohl auch aussagen werde, sagt er nach der Beweisaufnahme.
Mutmaßlichen Opfern von Vergewaltigung soll eigentlich erspart werden, wieder und wieder zu der Tat vernommen zu werden. Daher gibt es das Instrument der „richterlichen Videovernehmung“, die im Prozess anstelle von einer Zeugenaussage abgespielt werden kann. Seine Mandantin sei bisher nur von der Polizei vernommen worden, sagt der Anwalt. Die Voraussetzungen für eine Videovernehmung seien vor ihrer Ausreise nicht gegeben gewesen.
Das Video soll am 21. Juni 2023 um 4.51 Uhr aufgenommen worden sein. Gegen 5 Uhr sollen die Angeschuldigten und weitere Unbekannte das Ehepaar laut Anklage gemeinschaftlich angegriffen, ausgeraubt und die Frau mehrfach vergewaltigt haben. Es war wohl ein Anwohner, der die Polizei rief, weil er Hilfeschreie hörte. Im Polizeiwagen soll die Frau dann gesagt haben, dass sie vergewaltigt worden sei.
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