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Prozess gegen MonsantoGlyphosat für Krebs mitverantwortlich

Eine Jury entscheidet, dass der Unkrautvernichter zur Krebserkrankung eines 70-Jährigen beigetragen hat. Die Bayer-Aktie stürzt um mehr als zehn Prozent ab.

Der Kläger Edwin Hardeman verlässt mit seiner Frau Mary ein Bundesgericht in San Francisco Foto: ap

San Francisco ap | Herber Rückschlag für Monsanto: Der Unkrautvernichter Glyphosat hat nach Einschätzung einer Jury zu der Krebserkrankung eines Mannes in Kalifornien beigetragen. Die Jury traf das einstimmige Urteil in einem Teilprozess vor dem Bundesgericht in San Francisco. Der US-Saatgutkonzern Monsanto, der Glyphosat herstellt, gehört zum deutschen Bayer-Konzern. Die Bayer-Aktie ist nach dem Urteil an der Börse in Frankfurt am Main eingebrochen. Das Papier des Konzerns stürzte bei Öffnung der Börse am Mittwochmorgen um mehr als zehn Prozent ab.

Der 70-jährige Edwin Hardeman hatte Glyphosat, in den USA als Roundup bekannt, auf seinem Grundstück jahrzehntelang angewendet. Eine Jury hatte einem anderen Mann im August 289 Millionen Dollar Schadenersatz wegen einer Krebserkrankung zugesprochen. Ein Richter senkte die Summe später auf 78 Millionen Dollar, Monsanto legte Berufung ein.

Der laufende Prozess ist zweigeteilt: Die Anwälte des Klägers mussten zuerst die Geschworenen davon überzeugen, dass Glyphosat ein wesentlicher Faktor für Krebs war. Im zweiten Teil können sie Schadenersatz fordern. Das Ergebnis gilt als richtungsweisend. Es kann Anwälten dabei helfen, zu entscheiden, ob sie ähnliche Klagen weiterführen oder beilegen sollen. Es gibt ihnen außerdem eine starke Verhandlungsposition für derartige Fälle.

Laut Monsanto haben Hunderte Studien festgestellt, dass der Unkrautvernichter sicher sei. Der Bayer-Konzern, der Monsanto im vergangenen Jahr übernommen hat, teilte mit, man glaube fest daran, dass die Wissenschaft bestätigt, dass Unkrautvernichter auf Glyphosatbasis keinen Krebs verursachen.

Monsanto hatte Glyphosat in den 1970er Jahren entwickelt. Heute wird es in mehr als 160 Länder verkauft und in den USA verbreitet eingesetzt. 2015 stufte eine zur Weltgesundheitsorganisation gehörende Internationale Agentur für Krebsforschung mit Sitz in Frankreich das Mittel als „wahrscheinlich krebserregend“ ein.

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10 Kommentare

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  • Das ist echt ein starkes Stück. Und zeigt auch die Probleme der Laien als Richter.

    Die IARC, einzige Organisation die Glyphosat als Krebserregend darstellt, hat auch die selbe Warnung auch vor Wurst und heißen Getränken ausgegeben. "Wahrscheinlich Krebserregend" bedeuted keineswegs das etwas beim Menschen wahrscheinlich krebserregend sein kann, sondern lediglich dass es Hinweise gibt das mit absurden Mengen gefolterte Labortiere vermutlich dadurch ein oft nur minimalst vermehrtes Auftreten von Krebs zeigen. Eben genau so, wie wenn man ihnen Warmen Tee gibt...

    Und das Urteil ist wirklich in keiner Hinsicht "hurra" sondern ein weiterer Meilenstein im postfaktischen Zeitalter in dem sich jeder anmaßt in jedem Bereich Experte zu sein weil sich etwas richtig anfühlt. Das ist verdammt traurig, in dem Punkt stimme ich absolut zu!

    Mal eine Frage an alle die jetzt laut hurra schreien weil sie sich in ihrer antiwissenschaftlichen Blase bestätigt fühlen: Kennt ihr die Alternativen?



    Haltet ihr die etwa für besser und gesünder?



    Woher nehmt ihr dieses "Wissen" das den meisten Experten widerspricht?

    • @Hanzo Tanaka:

      Dazu nie vergessen: US-Juries sind *immer* völlig fachfremd. Jede Seite hat das Recht, eine bestimmte Zahl an Juroren nach Einsicht in den Lebenslauf oder Befragung ohne Begründung abzulehnen. Die Seite mit den wahrscheinlich weniger sachbezogenen Argumenten sorgt also regelmäßig dafür, dass garantiert keine Toxikologen, Chemiker, Mediziner, Statistiker etc., die nur einen Bruchteil der zunächst zufällig ausgewählten Juroren darstellen, in die Jury hineinkommen. Meistens reicht es sogar dafür, Kandidaten mit jedwedem naturwissenschaftlichen oder medizinischen Hintergrund, die möglicherweise den Experten auf der Sachebene folgen könnten, komplett herauszuhalten. Der typische Juror ist ungelernter Telefondesinfizierer, kein Uni-Egghead.

    • @Hanzo Tanaka:

      Wir sind alle Weicheier und sollten uns nicht so anstellen. Das bisschen Krebs!

      Absurde Mengen werden auch in Europa versprüht und landet in unseren Lungen.



      Und selbst wenn es nur "wahrscheinlich krebserregend" ist, so möchte ich nicht darauf warten, bis die Wahrscheinlichkeit eingetreten ist!

      www.umweltinstitut...e-in-der-luft.html

    • @Hanzo Tanaka:

      Ja klar - wir sind alle altmodisch, weil wir saubere Luft, sauberes Essen haben wollen.



      Wir wollen auch keine Insekten (sind lästig) und keine Vögel (sind laut) und atmen auch gerne Pestizide ein, die in der Luft rumwehen:



      www.umweltinstitut...e-in-der-luft.html

      Das bisschen Krebs härtet uns nur ab!

    • @Hanzo Tanaka:

      Zur letzten Frage: von den Experten die gerade nicht in der Mehrheit sind.

      Von der "Mehrheit der Wissenschaftler" wurde in den letzten Jahrzehnten die ganzen Stoffe durchgewinkt, die uns die jetzige Misere bei Biodiversität, Verschmutzung der Umweltmedien und der Gesundheit beschert haben.

      Warum sollten wir denen vertrauen? Auch vor dem Hintergrund, dass wir aus den USA aber auch Europa wissen welchen Nähe zwischen den Zulassungsbehörden und den Überwachungsbehörden besteht. Drüben nennt man das "Drehtüren Besetzung" (revolving doors), wenn z.B. Monsanto Mitarbeiter zu den Aufsichtsbehörden und teilweise zurück wechselten.

      • @Heiner Petersen:

        @die meisten:



        Wenn man den Empfehlungen der Agentur folgen möchte, wie ihr es scheinbar für gut haltet, müssen auch Heißgetränke und unglaublich viel unbedenklicher Kram verboten werden. Weil "wahrscheinlich krebserregend". Setzt euch doch erstmal damit auseinander was diese Kategorie tatsächlich bedeutet und was alles als "Wahrscheinlich Krebserregend" eingestuft ist, da werdet ihr aber Augen machen!



        Und dann fordert ein Verbot für ALL diese Dinge!



        Dann werdet ihr sehen das diese Kategorie quasi bedeutungslos ist. Tatsächlich bedeutet sie "vager Verdacht auf etwas könnte unter maximal ungünstigen Umständen eventuell vielleicht, wahrscheinlich aber dann doch nicht..." Und das beim Tier, nicht beim Menschen.

        @Heiner



        Auch Experten irren und revidieren unter Umständen ihre Einschätzung. Und sie haben völlig Recht, vieles läuft da übel schief. Aber deshalb die Entscheidung Laien überlassen die nichtmal wissen das Krebs keine Krankheit ist, sondern ein Sammelbegriff für völlig verschiedene Krankheiten mit maligner Wucherung etc.?



        Mit dem Argument kann ich z.b. auch Selbstjustiz rechtfertigen.



        Und es ist eben nicht wissenschaftlicher Konsens das Glyphosat beim Verbraucher Krebs erregt. Bei Tieren, in extremen Mengen, eventuell.



        Das trifft aber fast auf mehr zu als nicht.



        Wie stellen sie sich das vor, alles bei dem keine 100%ige Sicherheit nachgewiesen ist vorsorglich verbieten?



        Dann wäre dann so ziemlich alles!

        Ich habe absolut nichts gegen Vorsicht, ganz im Gegenteil.



        Aber ich kenne die Alternativen zu Glyphosat. Die sind nicht besser und es ist oft schädlichkeit nachgewiesen. Zwar nicht in den Mengen die den Verbraucher erreichen, aber trotzdem.



        Und es gäbe genug Stoffe mit geringem Nutzen und zweifelsfrei nachgewiesenen schädlichen Folgen, aber dort schreit keiner. Ist halt 1. gerade nicht so "in", 2. nicht Monsanto und 3. hat euch niemand gesagt das ihr schreien sollt. So zumindest mein Gefühl wenn ich solch völlig unsachliche Beiträge wie die über ihnen lese.

        • @Hanzo Tanaka:

          Komisch dass Sie als einzige Alternative zu Glyphosphat mit noch übleren Herbiziden drohen. Alternative Landwirtschaftsformen wären vielleicht auch in Erwägung zu ziehen oder ?



          Woher kommt eigentlich ihr nicht belegtes Fachwissen?



          Oder sind die Bayeraktien in den Keller gefahren ???

  • Und bei uns sind die Fachleute immer noch überzeugt das keine Gefahr von den Spritzmitteln ausgeht. Einfach genial, wenns nicht so traurig wäre.

  • YES ! Congratulations !



    Obwohl der Präsident des Landes nichts für die Umwelt übrig hat,werden die maßgeblichsten Urteile für den Umwelt- und Menschenschutz doch immer noch dort gesprochen.



    Auch bemerkenswert.



    Eine Rechtsprechung,die auf der Seite der Menschen steht,anstatt wie bei uns auf Seiten der Industrie,hat doch einiges für sich.

  • Bayer hat (so wie eigentlich jeder Mensch) genau gewusst, was für "Leichen" Monsanto im Keller hat. Sie haben sich wohl nur deutlich dabei verschätzt, wie lange sie damit noch durchkommen... zum Glück brummt das Geschäft, dank CSU/AfD, in der EU und insb. in Deutschland immernoch. Was zählen schon ein paar Menschenleben, wenn man Millionen scheffeln kann?