Prozess gegen Deutsch-Iraner in Teheran: „Ein iranischer CIA-Agent“
Am vierten Prozesstag wurden dem Deutsch-Iraner und Oppositionellen Jamshid Sharmahd weitere Anschläge vorgeworfen. Ihm droht die Todesstrafe.
Bisher wurde Sharmahd unter anderem eines Bombenanschlags auf eine Moschee in Shiraz im Jahr 2008 beschuldigt. Diesen deklarierten iranische Behörden zunächst als „Unfall“, verursacht durch aus dem Iran-Irak-Krieg übrig gebliebene Munition. Später hieß es, der Angriff sei ein Terrorakt der Oppositionsgruppe „Tondar“ (Donner). 2009 ließ der Iran dafür mehrere Männer erhängen, Anfang 2022 wurde ein weiterer festgenommen.
Sie hätten ihre Befehle von „einem iranischen CIA-Agenten“ mit Sitz in den USA erhalten. Sharmahd lebt seit 2003 in den USA, 2004 begann er sich bei Tondar zu engagieren: zunächst als Administrator der Webseite, später als Sprecher der Gruppe. Sie setzt sich für eine Rückkehr des monarchischen Schah-Systems ein, das nach der islamischen Revolution im Jahr 1979 gestürzt wurde.
Nun verlas das Gericht nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Irna weitere Anklagepunkte: Demnach soll Sharmahd als Spion ausländischen Geheimdiensten wie dem FBI Informationen über iranische Raketenstandorte angeboten haben. Außerdem soll Tondar 2016 in der iranischen Stadt Abdanan eine Schallbombe gezündet haben. Laut Irna werde ihm weiter vorgeworfen, sich an mehreren Anschlägen, unter anderem auf eine Raffinerie, beteiligt zu haben. Er soll zudem ein Attentat auf einen iranischen Beamten geplant haben. Ihm droht die Todesstrafe wegen „Korruption auf Erden“.
Tochter Gazelle Sharmahd: „Sie terrorisieren ihn seit 14 Jahren“
Die Familie Sharmahds und westliche Menschenrechtsgruppen weisen die Anklagepunkte vehement zurück und fordern seine Freilassung. „Mein Vater hat durch seine Webseite und journalistischen Aktivitäten eine Plattform aufgebaut, auf der Oppositionelle im Iran ohne Angst ihre Meinung äußern konnten. Jedoch war seine jahrelange Kritik der Islamischen Regierung ein großes Dorn im Auge. Seit mehr als 14 Jahren terrorisieren und verfolgen sie ihn nun mit allen Mitteln“, sagte seine Tochter Gazelle Sharmahd der taz im März.
Im Sommer 2020 war Sharmahd von iranischen Agenten aus Dubai entführt worden. Seitdem ist er im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert. In einem Video auf Twitter sagt seine Tochter, ihr Vater werde in einer kleinen Zelle in Einzelhaft gehalten. Er habe Probleme zu laufen, seine Zähne seien ausgefallen und ihm werde notwendige Medizin gegen Parkinson nicht rechtzeitig verabreicht, was zu Atemproblemen führe. Auf von Irna veröffentlichten Bildern vom vierten Prozesstag sieht er zusammengesunken und dünn aus.
Es ist unklar, ob Scharmahd konsularischen Beistand von der deutschen Botschaft in Teheran erhalten darf. Iran behandelt Doppelstaatler*innen juristisch wie Iraner*innen. Zurzeit sitzen zwei Österreicher und eine Deutsche im Evin-Gefängnis in Teheran: Kamran Ghaderi, seit Januar 2016, Massud Mossaheb, seit Januar 2019, sowie Nahid Taghavi, seit Oktober 2020. Alle drei wurden in Prozessen ohne Rechtsbeistand zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Ihre Angehörigen schrieben im März einen offenen Brief an Außenministerin Annalena Baerbock und ihren österreichischen Kollegen. Darin monieren sie, dass ihre Familienmitglieder als Geiseln der Islamischen Republik gehalten werden.
Iran hat 2022 bereits mehr als hundert Menschen hingerichtet
Zurzeit verhandelt die USA indirekt mit dem Iran in Wien um eine Rückkehr zum Atomabkommen von 2015. Teil eines solchen Abkommens dürfte auch ein Austausch von politischen Gefangenen sein. Die Angehörigen finden, ein solches Abkommen zu erzielen sei „ohne Zweifel von großer Wichtigkeit, jedoch ist die Gewährleistung von Menschenrechten und europäischen Grundpfeilern nicht minder relevant.“
Den Vereinten Nationen zufolge hat der Iran allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres mehr als hundert Menschen hingerichtet. 2021 starben 310 Menschen durch die Todesstrafe. Die stellvertretende Hochkommissarin für Menschenrechte, Nada al-Nashif kritisiert, dass Prozesse in keiner Weise den Anforderungen an ein faires Verfahren gerecht würden.
Die stellvertretende Hochkommissarin für Menschenrechte, Nada al-Nashif kritisiert, dass Prozesse in keiner Weise den Anforderungen an ein faires Verfahren gerecht würden.
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