Protesttermine in Berlin: Gegen die Mauern Europas

Deutschland und die EU setzen nach wie vor auf Abschottung. Neuestes Beispiel ist das geplante Abschiebezentum am BER. Doch der Widerstand wächst.

Demonstrant:innen halten ein schwarzes Transparent mit der Aufschrift "against deportation center" hoch

Bereits im Februar wurde gegen das Abschiebezentrum am BER demonstriert Foto: dpa

Während die Bundesregierung noch über das sogenannte Chancenaufenthaltsrecht diskutiert, das neben Erleichterungen für jahrelang geduldete Geflüchtete auch häufigere Abschiebungen vorsieht, werden in Brandenburg bereits Tatsachen geschaffen: Für Hunderte Millionen Euro planen der Bund und die märkische Landesregierung ein gigantisches Abschiebezentrum auf dem Gelände des Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld.

Die Entscheidung über den Bau des sogenannten Behördenzentrums, mit dem die „Ein- und Ausreise von ausländischen Personen“ künftig „effizient und zügig“ bearbeitet werden soll, soll in den kommenden Wochen fallen. Der Entwurf des Haushaltsplans 2023/24 sieht 315 Millionen Euro allein für Miete und Pacht für das Zentrum ab 2026 vor. Laut der Initiative „Abschiebezentrum BER verhindern“ soll der Finanzierungsplan am 10. November im Brandenburger Innenausschuss diskutiert und Mitte Dezember im Landtag verabschiedet werden.

Das Projekt ist nicht nur wegen seiner Größe und der immensen Kosten umstritten, Kri­ti­ke­r*in­nen werfen der rot-schwarz-grünen Landesregierung zudem Intransparenz vor. Auf 4,4 Hektar sollen sieben Gebäude für Ankunft, Transit, Gewahrsam und Rückführungen errichtet werden – wobei der Abschiebegewahrsam von derzeit 20 auf 120 Plätze erweitert werden soll. Gebaut werden soll das Abschiebezentrum von dem wegen Korruption vorbestraften Investor Jürgen B. Harder, der es mit Millionen-Rendite an das Land vermietet – wohl um das Projekt ohne politischen Gegenwind von der Linkspartei, die das Abschiebezentrum ablehnt, durchzusetzen.

Die Initiative „Abschiebezentrum BER verhindern“ will nun mit zwei Aktionswochen ab diesem Mittwoch (26. 10.) Druck machen, um das Projekt doch noch zu stoppen. Im Fokus stehen dabei vor allem die an der Landesregierung beteiligten Grünen, die eine restriktivere Flüchtlingspolitik eigentlich ablehnen. „Wenn die Grünen diesem Haushaltsplan zustimmen, zeigen sie, wie hohl und heuchlerisch ihre Floskeln gegen eine rassistische Abschiebepolitik sind“, so die Sprecherin der Initiative „Abschiebezentrum BER verhindern“ Alexis Martel am Montag. Auf Twitter ruft die Initiative dazu auf, „Botschaften rund um die Büros der Grünen in Berlin und besonders in Potsdam“ zu hinterlassen und auf weitere Ankündigungen zu achten.

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Protestcamp im Sommer

Für den nächsten Sommer plant die Initiative vom 1. bis zum 6. Juni 2023 zudem ein “Stop Deportation! Protest Camp“. Dort sollen bestehende Gruppen, Ak­ti­vis­t*in­nen und Interessierte zusammenkommen, um eine breite Bewegung gegen den Bau des Abschiebezentrum aufzubauen. Wer Lust hat, sich an der Organisation des Camps zu beteiligen, kann zum nächsten offenen Plenum an diesem Dienstag in Kreuzberg kommen (Dienstag, 25. Oktober, 18:30 Uhr, New Yorck im Bethanien, Mariannenplatz 2A).

Gegen das geplante Abschiebezentrum in Schönefeld setzt sich auch die Initiative Women in Exile ein. Vor 20 Jahren haben sich in Brandenburg Frauen* zusammen getan, um gegen die doppelte Diskriminierung als Frauen* und Geflüchtete zu kämpfen. Gemeinsam tragen sie flüchtlingspolitische Forderungen aus feministischer Perspektive an die Öffentlichkeit, etwa mit der Kampagne „Keine Lager für Frauen und Kinder! Alle Lager abschaffen!“. Dabei organisieren die Ak­ti­vis­t*in­nen seit vielen Jahren Bustouren auch zu abgelegenen Flüchtlingsunterkünften und durch Städte in ganz Deutschland.

Auch abseits dessen leistet die Initiative praktische Solidarität und besucht Gemeinschaftsunterkünfte in Brandenburg, um Flüchtlingsfrauen Unterstützung anzubieten, organisiert Seminare und Workshops sowie politische Aktionen wie Demonstrationen gegen das Abschiebezentrum.

Wer mehr über die Arbeit von Woman in Exile wissen will, hat an diesem Donnerstag die Chance dazu. Im Kiezladen in Neukölln werden Ak­ti­vis­t*in­nen von Women in Exile ihre Arbeit und ihre aktuellen Projekte vorstellen, dazu gibt es vegane Burger mit Pommes (Donnerstag 27. Oktober, 18 Uhr, Kiezladen, Sonnenallee 154).

Aktionstage gegen Frontex

Gegen eine restriktive Flüchtlingspolitik setzt sich auch das internationale Bündnis „Abolish Frontex“ ein. Im Fokus steht dabei insbesondere die tödliche Abschottungpolitik der Europäischen Union, die immer wieder unzählige Menschenleben kostet. Durchgesetzt wird die „Festung Europa“ von der europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache, Frontex.

Die private EU-Grenztruppe ist immer wieder in illegale Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen verwickelt. Dennoch wird immer mehr Geld in Frontex gepumpt, das inzwischen ein Budget von 5,6 Milliarden Euro hat und bis 2027 eine eigene Armee von 10.000 Grenzschützern haben soll.

Die internationale Bewegung zur Abschaffung von Frontex ruft für dieses Wochenende zu Anti-Frontex-Tagen in Berlin auf. Mit verschiedenen Workshops – unter anderem von der Initiative „Abschiebezentrum BER verhindern“ – wollen sich die Ak­ti­vis­t*in­nen vernetzen und antirassistischen Widerstand in Berlin und darüber hinaus organisieren.

Für Verpflegung sorgt die Kiezkantine, wer Übersetzung für die englischsprachigen Vorträge braucht, kann sich unter Angabe der benötigten Sprache bei info[at]abolishfrontex.org melden. Servicetipp für das aktivistische Picknick am Sonntag: Zeitumstellung nicht vergessen! (Samstag 29. Oktober, 11 Uhr bis Sonntag 30. Oktober 20 Uhr, Siegfried Hirschmann Park 1 beim Ostkreuz).

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Leiterin taz Berlin und Redakteurin für soziale Bewegungen, Migration und soziale Gerechtigkeit. Schreibt in ihrer Kolumne "Pöbelmanie" über Klassenkampf aus der Perspektive eines Kindes der Arbeiter*innenklasse. Hat politische Theorie studiert, ist aber mehr an der Praxis interessiert.

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