Geplantes Abschiebezentrum am BER: Kritik an Abschiebepolitik

„Wir packen's an“ wird für die Nothilfe an den EU-Außengrenzen gewürdigt und nutzt die Bühne für eine Protestaktion.

Preisverleihung in Potsdam: Band für Mut und Verständigung

Preisverleihung in Potsdam: Protestaktion gegen Abschiebezentrum Foto: Wir packen's an e.V.

POTSDAM taz | Auf der Bühne werden Blumensträuße überreicht, es folgen warme Worte, ein Foto mit den Geehrten zwischen Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin von Berlin, und Dietmar Woidke, Ministerpräsident von Brandenburg (beide SPD). In der Staatskanzlei in Potsdam wird am Montag das „Band für Mut und Verständigung“, ein Preis für zivilgesellschaftliches Engagement, übergeben. Das Team von „Wir packen’s an“ nutzt den Moment für eine Protestaktion. Auf ihren neonpinken T-Shirts steht in Weiß: „Abschiebezentrum BER verhindern“. Die Ak­ti­vis­t*in­nen achten darauf, dass die Bänder der Sträuße den Aufdruck nicht bedecken. Noch bevor Miriam Tödter das Mikrofon überreicht wird, ergreift die Vorstandsvorsitzende des Vereins das Wort: „Wir wollen keine Blumen, sondern einen Stopp des Abschiebezentrums!“

Der Protest kommt zur rechten Zeit: In den nächsten Wochen wird die Entscheidung über den Bau des Abschiebezentrums am Flughafen BER fallen. Grundlage ist der Haushalt 2023/24, der momentan im Landtag von Brandenburg diskutiert wird. Für die Abwicklung des gemeinsamen Projekts mit dem Bund ist das Land zuständig. Geplant ist laut Initiative „Abschiebezentrum BER verhindern“ ein Gebäude, in dem 120 Personen in Abschiebegewahrsam genommen werden können. Das Abschiebezentrum solle zudem alle Institutionen unter einem Dach vereinen, die eine schnelle Abwicklung von Flughafenasylverfahren und die Koordination und Durchführung von Abschiebungen ermöglichen.

Humanitäre Hilfe an den EU-Außengrenzen

„Wir packen’s an“ leistet politische Lobbyarbeit für Geflüchtete und humanitäre Hilfe für die Menschen an den EU-Außengrenzen. Der Vorstand Axel Grafmanns erklärt, der Verein habe sich vor dem Hintergrund der Pläne schwergetan, den Preis anzunehmen: „Für uns ist das ein Gegensatz: auf der einen Seite diesen Preis gegen Rassismus zu stiften und auf der anderen Seite ein rassistisches, intransparentes Abschiebezentrum in Schönefeld zu bauen.“

Und damit seien der Widersprüche nicht genug, so Grafmanns: Ein Abschiebezentrum passe auch nicht vor die Tore der weltoffenen Metropole Berlin, deren „großes Plus die Vielfalt sei“, wie Giffey eben noch bei der Preisverleihung betonte.

Das Publikum reagiert auf die Aktion mit kräftigem Applaus, Giffey und Woidke wirken sichtlich angespannt. Nach der Veranstaltung zeigt sich Tödter froh über die Resonanz sowie darüber, dass das Thema auch von anderen Preis­trä­ge­r*in­nen aufgegriffen worden ist.

Eine Petition gegen das Abschiebezentrum haben innerhalb einer Woche über 10.000 Menschen unterschrieben.

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