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Proteste vor der IAA in MünchenBosch for Future?

Ungewöhnlicher Protest gegen die Schließung einer Münchner Dieselmotorenfabrik: Klimaschützer und die Belegschaft verbünden sich.

Vor den Protesten gegen die IAA in München Foto: Peter Kneffel/dpa

München taz | Es ist eine nicht ganz gewöhnliche Allianz, die da an diesem Freitag zu Protesten gegen die Schließung eines Bosch-Werks im Münchner Stadtteil Berg am Laim aufgerufen hat: Auf der einen Seite sind da – durchaus erwartbar – die Beschäftigten des Werkes, auf der anderen Seite stehen Klimaaktivisten, die das Werk erhalten wollen. Mit dabei sind Fridays For Future, das Antikapitalistische Klimatreffen, Extinction Rebellion und die Initiative Klimaschutz und Klassenkampf.

Das Werk, das bislang elektrische Kraftstoffpumpen und Einspritzventile für Dieselmotoren produzierte, soll nach dem Willen des Bosch-Managements dichtmachen. Natürlich geht es den Klimaschützern nicht darum, weiter Dieselmotoren zu produzieren. Die rund 250 Beschäftigten, die sich in einer Petition zu zwei Dritteln hinter die Forderungen gestellt haben, sollen nach ihren Vorstellungen künftig in die Produktion klimafreundlicher Güter einsteigen.

Dabei argumentiert die Firma Bosch gerade, dass der Klimaschutz die Schließung des Werks nötig mache. Um den Klimawandel zu bremsen, brauche man Elektromobilität. Dieselmotoren passten da nicht ins Bild – und somit auch nicht diejenigen, die sie herstellten.

Eine Argumentation, die Beschäftigte und Aktivisten nicht akzeptieren wollen. Von einer „doppelten Lüge“ spricht etwa Laura, eine Aktivistin von „Klimaschutz und Klassenkampf“, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte: „Es geht nur darum, die Verbrenner-Produktion ins Ausland zu verlagern und dann hier die teureren Löhne sparen zu können.“

„Kapitel IAA endgültig beenden“

Das Werk sei nach einer überschaubaren Umrüstung durchaus auch für die Herstellung anderer Produkte geeignet, habe ihnen ein Fachmann nach einer Besichtigung bestätigt, erzählt Laura. Man könnte, so dessen Einschätzung, mit den vorhandenen Maschinen beispielsweise Teile von Wärmepumpen, Motoren für E-Fahrräder oder medizinische Geräte wie Kernspintomographen herstellen.

Laura rechnet mit 100 bis 300 Teilnehmern bei den Protesten. Die Demonstration dürfte einen kleinen Vorgeschmack auf das bieten, was die bayerische Landeshauptstadt in der kommenden Woche erwartet.

Dann wollen Klimaschützer die am Dienstag startende Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) mit Aktionen begleiten, die eine klare Botschaft haben: Eine klimafreundliche Zukunft kann es nur mit weniger Autos geben.

Die Protestierenden haben dazu aufgerufen, „sich mit der Autoindustrie, dem Rückgrat des deutschen Exportkapitalismus, anzulegen“. Die Gruppe Sand im Getriebe will gar mit Blockade-Aktionen „das Kapitel IAA endgültig beenden“.

Auf der Theresienwiese werden Klima-Aktivisten indes zeitgleich zur Messe ein „Mobilitätswende-Camp“ aufschlagen. Mit der Zeltstadt mitten in München wolle man zeigen, was es bedeutet, wenn Überschwemmungen oder Brände unser Zuhause zerstören, erklären die Veranstalter. „Zugleich wollen wir eine Woche lang eine klimagerechte Gesellschaft vorleben – mit Basisdemokratie, Workshops in Zirkuszelten und einer selbst organsierten, veganen Küche“, sagt Frederik Müller vom Organisationsteam.

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5 Kommentare

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  • "Man könnte, so dessen Einschätzung, mit den vorhandenen Maschinen beispielsweise Teile von Wärmepumpen, Motoren für E-Fahrräder oder medizinische Geräte wie Kernspintomographen herstellen."

    Sowas interessiert Manager ungefähr gleich NULL!

  • @FLY:

    Sie wissen das alles ja sooo genau.

    Machen Sie doch bei so einem Protest mal mit! Macht mehr spass als den ganzen Tag nur herumzunörgeln.

  • „Es geht nur darum, die Verbrenner-Produktion ins Ausland zu verlagern und dann hier die teureren Löhne sparen zu können.“. Und wenn? Für die Menschen, die dann im Ausland an diese Jobs kommen, ist dies vielleicht ein Schritt aus Not und Elend. Die Leute, die in diesem Werk arbeiten werden im Moment auch wieder neue Jobs finden. Die Zeiten sind vorbei, in denen man lebenslang in der selben Firma arbeitet. Ich würde mir wünschen, dass Linke und Klimaschützer ein bisschen weniger national denken



    Klar ist allerdings auch, für den Bau von Elektrofahrzeugen werden global weniger Leute gebraucht, wenn wir weniger Auto fahren und mehr Carsharing machen. Das hat nichts mit "böser Kapitalismus" zu tun

  • "Laura rechnet mit 100 bis 300 Teilnehmern bei den Protesten."

    Genau das ist eines der Probleme. Es ist eine überschaubar kleine Gruppe, die gesellschaftliche Änderungen erzwingen möchte.

    Teilnehmer aus einer wahrscheinlich ähnlichen Altergruppe haben gerade beim Festival in Reading, über 2500 Zelte und Schlafsäcke zurückgelassen. Einfach aus Überfluss. Werden nicht mehr gebraucht. Nächstes Jahr kauft man sich was Neues. Konsum und Klima? Was ist das? Hauptsache das Wetter ist gut.



    Das Pikante ist, dass diese Zelte aufgesammelt werden und an die Flüchtlinge, die bei Calais auf eine Möglichkeit warten, nach GB zu gelangen, verteilt werden sollen.

    Zurück zum Thema. Wenn es so einfach ist, Fabriken für neue Bedarfe umzubauen, wird das jemand machen.

    • @fly:

      "Zurück zum Thema. Wenn es so einfach ist, Fabriken für neue Bedarfe umzubauen, wird das jemand machen."

      Nö du gehtst in den Osten, Indien, Vietnam, China,...

      Da hast du staatliche Förderung, Löhne sind in teuren Ländern immer noch ein drittel unter unseren, Wochenarbeitszeiten, Umweltauflagen,... alles lasch.

      Hier investieren, dort sofort sparen. Was würden Sie tun?