Proteste nach Wahl in Belarus: Festnahmen und Blendgranaten
In der Nacht nach der Wahl protestieren Tausende Belarussen gegen Lukaschenko. Die Polizei reagiert mit Gewalt. Ein Mensch wird getötet.
Daneben sind zahlreiche Demonstranten und Journalisten in der Nacht verletzt worden. Die Nachrichtenagentur Belapan berichtet von einem jungen Mann, der durch die Explosion einer Blendgranate am Bein verletzt worden sei. Mstislaw Tschernow, Kameramann der Nachrichtenagentur Associated Press, wurde von Polizisten zusammengeschlagen und musste von einem Krankenwagen zu einem Arzt gebracht werden. Die Regierung hatte sich offensichtlich auf einen Sturm der offiziellen Wahlkommission vorbereitet. Dies geht aus der Erklärung der Wahlleiterin Lidia Ermoschina hervor. Sie sei um ein Uhr nachts aus dem Regierungsgebäude evakuiert worden.
Nach Angaben der offiziellen Wahlkommission hat Alexander Lukaschenko bei einer Wahlbeteiligung von 84 Prozent die Wahl gewonnen: mit 80,23 Prozent der Stimmen. Seine Herausforderin Swetlana Tichanowskaja sei auf 9,9 Prozent gekommen. Die Opposition legt völlig andere Zahlen vor. So haben nach einer von der Opposition durchgeführten Befragung von 85.500 Personen 72,1 Prozent angegeben, sie hätten ihre Stimme Swetlana Tichanowska gegeben, 13,7 Prozent Alexander Lukaschenko, berichtet Charta97.
Auch außerhalb der Hauptstadt gingen die Menschen gegen die Wahlfälschungen auf die Straße. Hier war die Polizei nicht immer überlegen. So zeigt ein im Internet kursierendes Video, wie OMON-Polizisten in Baranowitschi vor den Demonstranten fliehen. In Pinsk trat der Chef des Stadtrats mit den Demonstrierenden in einen Dialog. Zuvor hatten dort die OMON-Polizisten ihre Schutzschilder vor den Demonstranten auf den Boden gelegt. Auch in Grodno, Brest, Witebsk, Kobrin und Soligorsk zogen Tausende durch die Straßen.
Rücksicht mit den Protestierenden ist jedoch nicht von allen Verantwortlichen gewollt. Die Behörden wollen festgenommene Demonstranten mit aller Härte bestrafen. Man werde Strafverfahren wegen „Massenunruhen und Gewalt gegen die Miliz“ einleiten, zitiert die Nachrichtenagentur Belapan den Chef des Staatlichen Ermittlungskomitees Iwan Noskewitsch. Bei einer Verurteilung, so Noskewitsch, drohten Haftstrafen zwischen 8 und 15 Jahren.
Für Oppositionelle ist das kein Grund, sich zurückzuziehen. Nun gelte es, sofort mit dem landesweiten Generalstreik zu beginnen, erklärte Dmitrij Bondarenko, Sprecher der Kampagne „Europäisches Belarus“. Jeden Tag sollten sich die Menschen an zentralen Orten versammeln und den Abgang von Alexander Lukaschenko fordern.
Mit dem amtlichen Endergebnis ist am 14. August zu rechnen.
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