Proteste in der arabischen Welt: Wut im Westjordanland
Nach der Explosion am Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza ziehen tausende Palästinenser*innen auf die Straße. In Ostjerusalem kommt es zu Zusammenstößen.
Zehntausende Palästinenser*innen zogen in zahlreichen Städten des Westjordanlands auf die Straße. Sie demonstrierten unter anderem in Ramallah, Hebron, Jenin, Bethlehem und anderen palästinensischen Zentren. Auch in Ostjerusalem kam es zu Zusammenstößen zwischen Palästinenser*innen und Sicherheitskräften. Es flogen Feuerwerkskörper.
Der Protest der Palästinenser*innen richtet sich nicht nur gegen Israel, sondern auch gegen Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, dessen Streitkräfte seit Langem für ihre Zusammenarbeit mit Israel in Sicherheitsfragen kritisiert werden.
„Das Volk will den Sturz des Präsidenten“, skandierten einige Demonstranten. Medienberichten zufolge brachten einige von ihnen ihre Unterstützung für die Hamas zum Ausdruck, die radikalislamische Gruppe, die den Gazastreifen regiert. In Ramallah setzten Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde am Dienstag Tränengas und Blendgranaten ein, um Demonstrant*innen zu vertreiben.
Israel spiele der Hamas in die Hände
„Die Palästinenser*innen im Westjordanland sind verstört von dem, was im Gazastreifen passiert“, sagt Ziad Abu Zayyad am Telefon. „Wir sind ein palästinensisches Volk, wir gehören zusammen.“ Abu Zayyad lebt in den Ausläufern von Jerusalem. Die Ereignisse kann er nur von den Nachrichten aus verfolgen. Denn die meisten Palästinenser*innen in Jerusalem und im Westjordanland können ihre Ortschaften nicht verlassen, sie sind vom israelischen Militär abgeriegelt.
Zayyad, Vertrauter von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, Journalist und Herausgeber, der an Friedensverhandlungen nach dem Oslo-Abkommen beteiligt war, glaubt, dass Israel mit seinen heftigen Bombardements im Gazastreifen der Hamas in die Hände spielt.
Israel hat in den letzten Tagen die Bewohner*innen Gazas dazu aufgefordert, in den Süden des Küstenstreifens zu fliehen. Viele Palästinenser*innen interpretieren dies als Versuch, den Druck auf die ägyptische Grenze zu erhöhen und die Menschen so aus Gaza zu vertreiben. „Die Menschen im Westjordanland haben Angst vor einer ähnlichen Situation – nach Jordanien vertrieben zu werden“, so Abu Zayyad.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte ein Treffen mit US-Präsident Joe Biden, der Mittwoch in Tel Aviv gelandet ist, im jordanischen Amman ab. Stattdessen rief er zu einer dreitägigen nationalen Trauer auf. Angesichts der vielen Toten auf palästinensischer Seite befindet sich fast das gesamte Westjordanland im Streik. Universitäten, Banken und Geschäfte bleiben geschlossen.
Am Sonntag hatte Abbas die Hamas für ihren Angriff auf Israel kritisiert, nahm diese Äußerung aber anscheinend wieder zurück, als sie aus einem Bericht der Nachrichtenagentur Wafa, dem Sprachrohr der Palästinensischen Autonomiebehörde, entfernt wurde.
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