piwik no script img

Proteste in MyanmarMit Ostereiern gegen die Junta

Aktivisten verteilten Ostereier mit politischen Botschaften. Der Papst solidarisiert sich mit der Protestbewegung. Heiko Maas warnt vor einem Bürgerkrieg.

Mehr als 500 Demonstrierende wurden seit dem Militärputsch am 1. Feburar in Myanmar getötet Foto: ap

Yangoon afp | Mit immer kreativeren Mitteln wenden sich die Demonstranten in Myanmar gegen die Militärmachthaber: Am Ostersonntag verteilten Aktivisten mit politischen Botschaften versehene Ostereier in ihrer Nachbarschaft. In mehreren Städten des Landes gab es erneut Proteste, bei denen Augenzeugen zufolge auch wieder Menschen getötet wurden. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) warnte vor einem Bürgerkrieg.

In den Onlinediensten veröffentlichten Nutzer Ostereier mit dem Konterfei der abgesetzten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Auch Eier mit Aufschriften wie „Demokratie“ oder „Rettet unser Volk“ wurden verteilt.

Seit dem Militärputsch am 1. Februar gehen die Sicherheitskräfte in Myanmar mit großer Brutalität gegen pro-demokratische Demonstranten vor. In der Stadt Pyinmana nahe der Hauptstadt Naypyidaw eröffneten Sicherheitskräfte am Sonntag das Feuer auf die Protestierenden. „Ein Mann in der Menge wurde getroffen und getötet. Ein anderer wurde ebenfalls erschossen“, berichtete ein Bewohner.

Auch in einer kleinen Stadt im nördlichen Bundesstaat Kachin wurde ein 30-jähriger Demonstrant laut einem Augenzeugen erschossen. „Sie haben am Straßenrand auf ihn geschossen. Er wurde verletzt und starb später. Heute Morgen um sechs Uhr haben sie seine Leiche weggebracht“, berichtete der Augenzeuge. Auch am Samstag waren in den Städten Bago und Monywa vier Protest-Teilnehmer getötet worden.

Internationale Kritik wächst

Die myanmarische Menschenrechtsgruppe AAPP beziffert die Zahl der seit Beginn der Proteste von Polizisten oder Soldaten getöteten Demonstranten auf 557. Mindestens 2658 Zivilisten befinden sich demnach im Gewahrsam der Behörden. Die myanmarischen Behörden stellten am Wochenende auch Haftbefehle für 60 Prominente aus, von denen die meisten jedoch untergetaucht sind.

International wächst wegen der anhaltenden Gewalt der Junta die Angst vor einem Bürgerkrieg in dem südostasiatischen Land. „Die Militärs haben Myanmar innerhalb weniger Wochen an den Rand einer Katastrophe getrieben“, sagte Maas den Zeitungen der Funke Mediengruppe laut Online-Artikel vom Sonntag.

„Alle Akteure“ müssten jetzt „den Druck auf das Regime erhöhen, damit es endlich auf die Gesprächsangebote der Partner im Staatenbund Asean eingeht“, forderte der Bundesaußenminister. Niemand in der Region könne ein Interesse daran haben, „dass Myanmar im Bürgerkrieg versinkt – auch diejenigen nicht, denen es nicht um die Rettung der Demokratie geht“.

Unterstützung vom Papst und Wirtschaft

Papst Franziskus äußerte in seiner Osterbotschaft im Petersdom am Sonntag seine Unterstützung für die Menschen in Myanmar, „die sich für die Demokratie starkmachen und sich friedlich Gehör verschaffen“.

Während der Druck auf Unternehmen wächst, sich aus Protest gegen die Gewalt gegen friedliche Demonstranten aus Myanmar zurückzuziehen, erklärte der französische Ölriese Total, er werde seine Gasproduktion in dem Land nicht stoppen. Geschäftsführer Patrick Pouyanne sagte dem „Journal du Dimanche“, Total habe eine Verpflichtung für die Menschen in Myanmar.

„Kann ein Unternehmen wie Total entscheiden, die elektrische Versorgung für Millionen Menschen zu beenden – und damit den Betrieb von Krankenhäusern und Firmen zu unterbrechen?“, fragte Pouyanne. Er sei „empört“ über die Unterdrückung der Zivilgesellschaft in Myanmar, betonte der Total-Chef. Er sei jedoch nicht bereit, „zum Schaden unserer lokalen Beschäftigten“ und der myanmarischen Bevölkerung zu handeln, die bereits jetzt „so sehr leidet“.

Zuvor hatte die französische Elektrizitätsgesellschaft EDF ihre Aktivitäten in Myanmar gestoppt. Im März hatten auch die italienische Modemarke Benetton und der schwedische Bekleidungskonzern H&M erklärt, vorerst keine Aufträge mehr in Myanmar zu vergeben.

Zehn myanmarische Rebellengruppen berieten sich am Wochenende per Online-Konferenz über die politische Krise im Land. In einer am Sonntag veröffentlichten Mitteilung forderten sie ein Ende des Blutvergießens und die Freilassung aller politischen Gefangenen. Die insgesamt rund 20 bewaffneten Gruppierungen kontrollieren große Teile des Landes.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Der Papst solidarisiert sich mit der Protestbewegung. Heiko Maas warnt vor einem Bürgerkrieg."

    Dem Papst rechne ich das hoch an. Maas hingegen, der was bewirken könnte, belässt es bei einer Warnung, während täglich Menschen mit Kopfschuss in Myanmar hingerichtet werden.



    Sind das unsere Werte?



    Wenn China meint, diese Junta unterstützen zu müssen, dann sollten wir Sanktionen verhängen, was uns tatsächlich viel Geld kosten würde - der chinesischen Regierung aber auch!.



    Nichts zu tun wird auf Dauer viel, viel teurer, davon bin ich überzeugt.



    Wenn man es ernst meint mit Menschenrechten und Demokratie, dann haben die europäischen Staaten eigentlich keine Wahl.



    Aber sie drücken sich vor einer kraftvollen Entscheidung und wollen lieber weiter Geschäfte mit China machen. Das nennt man doppelzüngig.



    Übrigens werden in Myanmar wertvolle Edelsteine unter ziemlich fragwürdigen Bedingungen geschürft. Den Ankauf solcher Ware sollte man ebenfalls boykottieren.