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Proteste in IstanbulDer kranke Mann am Bosporus

Regierungschef Erdogan hat auf dem Taksim-Platz einen Pyrrhussieg erreicht. Die Zeit autoritärer Patriarchen in der Türkei neigt sich dem Ende zu.

Kein Islamist, sondern Populist: Recep Tayyip Erdogan Bild: reuters

Erdogans politischer Ziehvater Necmettin Erbakan, das war noch ein waschechter Islamist. Mit seiner Idee, auf dem zentralen Taksim-Platz in Istanbul eine große Moschee errichten zu lassen, schockte der 2011 verstorbene Politiker in den späten 1990er Jahren die säkularen Eliten der Türkei. Wenig später wurde er, als er es kurzzeitig zum Ministerpräsidenten geschafft hatte, vom damals noch allmächtigen Militär durch einen kalten Quasiputsch abserviert und an den Rand gedrängt.

Sein Nachfolger Recep Tayyip Erdogan ist kein Islamist, sondern ein Populist, der es mit religiös-konservativer Rhetorik an die Macht gebracht hat. Sein Plan, auf dem Gelände des Gezi-Parks am Taksim-Platz eine alte osmanische Kaserne in ihrem Grundriss wiederauferstehen zu lassen, zeigt, worin er sich von Erbakan unterscheidet. Dass in den historisierenden Neubau ein Einkaufszentrum einziehen soll, ist bezeichnend. Ein Shoppingcenter mit osmanisch anmutender Fassade: ein besseres Sinnbild für Erdogans Politik lässt sich kaum finden. Denn Erdogan steht für eine neoliberale Politik, die er mit religiös-konservativer Rhetorik und Symbolik übertüncht.

Lange hat sich Erdogan als Macher präsentiert. Die Wirtschaft des Landes wuchs stetig, er hat die Armee entmachtet und die Wirtschaft liberalisiert, sein Land damit modernisiert und die Gesellschaft geöffnet. Doch weil er selbst immer selbstherrlicher, autoritärer und aggressiver gegenüber seinen Gegnern auftritt, hat er inzwischen große Teile der Bevölkerung gegen sich aufgebracht. Frauen verschreckte er mit seinem Appell, mehr Kinder zu gebären, liberale Türken mit eher symbolischen Einschränkungen beim Alkoholverkauf.

Auch religiöse Minderheiten wie die Aleviten stößt er gerne vor den Kopf. Doch es sind vor allem eine ganze Reihe gigantischer Bauvorhaben in und um Istanbul, von denen das Projekt am Taksim-Platz nur eines ist, die nun das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Ihnen allen ist gemein, dass sie handstreichartig von Erdogan selbst verkündet wurden, ohne dass er eine öffentliche Debatte darüber zuließ.

Bunte Vielfalt auf dem Taksim-Platz

Die Auseinandersetzung um den kleinen Gezi-Park mitten in Istanbul hat so unterschiedliche Gruppen wie Naturschützer, Künstler und Intellektuelle, „antikapitalistische Muslime“, Feministinnen und Homosexuelle, aber auch Kurden und Aleviten zusammengebracht. Während die einen öffentlich Yoga-Übungen machten, knieten andere in einer Ecke zum Gebet nieder. Diese bunte Vielfalt auf dem Taksim-Platz war nicht nur ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Vielstimmigkeit der Türkei, sondern auch ein beredtes Gegenbild zu dem sterilen, stromlinienförmigen, ultrakapitalistischen und letztlich seelenlosen Gesellschaftsmodell der AKP.

Die Proteste haben auch jede Menge Trittbrettfahrer angezogen, doch das blieben bizarre Randerscheinungen. Denn die Proteste haben vor allem deutlich gemacht, welche Lücke in der politischen Landschaft der Türkei bisher klafft. Es fehlt eine politische Kraft, die für ein anderes Wirtschaftssystem steht, für mehr Bürgerbeteiligung und liberale Werte. Denn auch die bisherigen Oppositionsparteien stehen für den autoritären Staat und, in ökonomischer Hinsicht, für kein anderes Wachstumsmodell als die AKP, die „Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung“, deren Symbol nicht von ungefähr eine leuchtende Glühbirne ist.

Die Türkei hat in den letzten Jahren einen immensen Wirtschaftsboom erlebt, und Istanbul ist zum „Must see“-Reiseziel und zum Drehkreuz des Welthandels geworden. Doch immer mehr Menschen fühlen sich von dieser Entwicklung bedroht. Das gilt nicht nur für Istanbul, das durch den Aufschwung und eine rabiate Stadtentwicklungspolitik einen radikalen Umbau erlebt.

Das gilt längst auch für das ländliche Anatolien, wo im Südosten riesige Staudammprojekte und am Schwarzen Meer ein Atomkraftwerk geplant sind. Sie sollen den wachsenden Energiehunger des Landes stillen, aber die ökologischen Kosten sind nicht absehbar. Auch die Wählerbasis der AKP ist davon betroffen – und begehrt dagegen langsam auf.

Erdogan wird zur tragischen Figur

Turbokapitalismus mit islamischem Antlitz: Mit seiner Mischung aus Fortschrittsgläubigkeit und autoritärem Auftreten erinnert Erdogan immer mehr an einen konservativen Politiker in Europa aus der Zeit der Wirtschaftswunderjahre. Manche vergleichen die Proteste in der Türkei deshalb mit einer Art türkischem „1968“, als die Jugend Europas gegen ihre Väter aufbegehrte und deren Werte und Vorstellungen von Modernität in Frage stellten.

In der Tat könnten sie eine ähnliche Zeitenwende darstellen. Die Zeit der Patriarchen, die sagen, wo es langgeht, und mit der Faust auf den Tisch hauen, sie geht auch in der Türkei allmählich ihrem Ende entgegen. Die vielstimmige Zivilgesellschaft fordert ihr Mitspracherecht ein – und macht sich über die Autoritäten lustig.

Will Erdogan seine politische Zukunft nun wirklich an den Bau einer kitschigen Shopping Mall mit historisierender Fassade knüpfen? Es sieht ganz danach aus. Doch durch sein stures Festhalten an dem Bauprojekt droht er, zur tragischen Figur zu werden, weil er die Zeichen der Zeit verkennt. Mit der gewaltsamen Räumung des Taksim-Platzes hat er zwar seine Macht gezeigt, doch es dürfte ein Pyrrhussieg sein.

Denn seine Chancen, sich durch eine Verfassungsreform als Staatspräsident mit noch mehr Vollmachten an die Spitze des Staates wählen zu lassen, wie er es mal vorhatte, sind dadurch stark gesunken. Seine Stammwähler weiß er weiter hinter sich. Aber für eine verfassungsändernde Mehrheit dürfte es kaum reichen: Dafür ist Erdogan einfach zu wenig präsidial und versöhnlich aufgetreten.

Für die Türkei ist das eine gute Nachricht. Mit dem Abschied von der Idee, dass es an der Spitze einen starken Patriarchen wie ihn braucht, steigen die Chancen für politischer Kompromisse – und damit die Chance auf eine weitere Demokratisierung des Landes. Das aber ist auch die Voraussetzung, um den Weg nach Europa weiter zu beschreiten.

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27 Kommentare

 / 
  • T
    Tom

    sehr dünner artikel! ein lindgren`sches, malerisch-buntes kollektiv gegen die dunkle seite der macht... so ist es am einfachsten zu schreiben. und weil unsere presse hier zulande kaum über die geschehenisse in BRD scheibt, die hier das volk wütend machen könnte, kocht man eben die geschichten im ausland hoch.

     

    ja mein gott: in der türkei wirde der alkoholausschank reduziert - hier das rauchen verboten. beides ist scheisse für die gesundheit.also willkür auf allen seiten!

     

    ja mein gott: da soll eine moschee oder ein shoppingcenter gebaut werden. in berlin ein unnützes schloss.

     

    in stuttgart (s21) dachte man auch, es seien die vielen auf den strassen, was waren aber nur die wenigen. und in frankfurt sind auch x-tausende auf die strasse gegangen, wurden geprügelt und mit gas bespritzt. das gab noch nichteinmal eine meldung in der tagesschau.

     

    ein bisschen mehr sachlichkeit und neutralität wäre klasse. wir können die türkei nicht mit unseren massstäben messen, auch wenn wir deutsche da gerne tun... vor allem rechten und die konservativen, wozu nunmal auch die tazleser und redakteure gehören!

     

    ich möchte auch frieden für die ganze welt und ein schönes leben, jeden tag im park rumhocken und gitarre spielen und lachen und freie liebe und... und und und.. aber ich will auch nicht manipuliert werden...

  • K
    Kent

    Wow! Der Autor kann in die Zukunft sehen. Was ist eigentlicht mit dem geplanten Tunnelbau, gegen den die Briten sind, dem Großflughafen, gegen den die Lufthansa ist, die dritte Hängebrücke sowie die anderen sechs Punkte, gegen die die zivilen Putschisten protestieren? Der Artikel hat riesen Aufklärungslücken.

  • J
    jon

    Gute Überschrift. Wer hier an "europäische Entwertung des Sultans im 19 Jh. um das Osmanische Reich zu entmachten" denkt, hat sich in irgendwelchen albernen Reflexionsstufen verlaufen.

  • U
    Ulengin

    Danke für die mutige und sachliche Darstellung,die in der Türkei nicht publik gemacht werden dürfte.

  • R
    Rosa

    "...und damit die Chance auf eine weitere Demokratisierung des Landes. Das aber ist auch die Voraussetzung, um den Weg nach Europa weiter zu beschreiten.":

     

    Reines Bax-Wunschdenken. Die Islamisierung der Türkei schreitet voran, nicht die Demokratisierung.

    Die Türkei ist Lichtjahre von der EU entfernt, und entfernt sich stetig weiter.

  • HJ
    Hunyadi Janos

    An no_signal,:

     

    Das Osmanische Reich war ebenfalls imperialistisch und hatte selbst einen Expansionsdrang. Ab dem 18 Jahrhundert war das Reich aber im Niedergang begriffen. Die Hohe Pforte wurde gerade Zeitweise nur durch die Interventionen der Franzosen und der Engländer künstlich am Leben erhalten, damit kein Machtvakuum entstand und die Meerenge um Konstantinopel nicht in die Hände der Russen fiel.

     

    Die Kultur der unterjochten Völker im Einflussbereichs der Osmanen war im Niedergang begriffen. Das osmanische Reich war ein grausamer Sklavenhalterstaat und hatte nach Partikularinteressen ausgerichteten Rechtssystem mit drakonischen Strafen. Der Begriff Kranker Mann beschrieb dieses im Zerfall befindliche Reich sehr treffend.

     

    Merke an ALLE Taz-leser:

    Imperalismus ist nichts genuin europäisches, wir hatten nur die bessere Organisationsformen, Technologie und wohl auch Mut. Sowohl Asien, Afrika und Lateinamerika kannten expansive, blutige Großreiche, die kein "böser weisser Mann" erschuf.

     

    Einen mehr oder minder offenen Antisemiten wie Erdogan darf man meiner Meinung nach aber gerne als "Kranken Mann" bezeichnen, soviel Journalistische Freiheit sollte sein. Hat dieser Knabe nicht sich lautstark über den Umgang Syriens mit der Opposition aufgeregt?

    Der Protestbewegung und der Opposition in der Türkei viel Glück und Segen!

  • M
    marco

    diese überschriften im bildzeitungsstil braucht die taz doch nun wirklich nicht, oder?

  • N
    no_signal

    Ein unglückliche Wahl der Titelzeile: Der „Kranke Mann am Bosporus“ steht für die europäische Entwertung des Sultans im 19 Jh. um das Osmanische Reich zu entmachten, für die imperialistischen Bestrebungen verschiedener europäischer Länder, für eine Kolonialisierungspolitik im Gebiet des damaligen Osmanischen Reichs. Warum setzt man auf eine Titelzeile, die all diese Assoziationen aufruft, in denen sich der Wunsch nach einer europäische Überlegenheit ausdrückt...

  • KM
    Karl-Heinz Müller

    Die Leutchen dort auf dem Platz mögen ja die Speerspitze der Revolution sein (oder sich dafür halten), die Mehrheit sind sie höchstwahrscheinlich nicht. Und es ist schon noch ein weiter Weg von Unzufriedenheit mit den persönlichen Freiheiten bis zu einem Umsturz. Zumal die Wirtschaft ja (angeblich)wächst. Erst kommt das Fressen und dann die Moral.

    Also wird das passieren, was auch in D-Land passiert ist. Es gibt eine Volksabstimmung zum Thema und plötzlich sieht die Speerspitze, dass der Speer fehlt. Und der Soldat der den Speer schwingt fehlt auch; und das Pferd auf dem er sitzen sollte, steht irgendwo grasend auf dem Acker.

    Also gehe ich davon aus, dass sich der Herr Erdogan oder ähnliche Gestalten noch eine ganze Weile halten werden.

  • N
    NoGAL

    Sorry, aber eine dermassen an der Wirklichkeit vorbe gehende Interpretation und Beschreibung der Türkei habe ich lange nicht mehr gelesen. Es stimmt ja so gut wie nichts in dem Artikel!

  • SG
    Schmidt Georg

    naja, im Prinzip macht er nix anderes wie Merkel, ein Land und sein Volk nach eigenen Vorstellungen umbauen-nur Merkel machts etwas geschickter-das Resultat dürfte zum Schluss gleich sein!

  • M
    Melis

    Danke, es ist sehr guter Artikel über die Türkei

  • B
    Baran

    Viele Beschreibungen im Artikel sind richtig. Aber! es ist nicht richtig, dass unsere Wirtschaft besser geworden ist. Seitdem er in der Macht ist, ist die Türkei abhängiger vom Ausland als je vor. Das ist seine Lüge, dass die Wirtschaft besser geworden ist. Aber es gibt keinelerlei industrielle Entwicklung seit seiner Zeit. Er hat alle wichtigen stadlichen Firmen in der Türkei privatisiert und an Ausländer verkauft. Zurzeit herrschen nur Russen, Amerikaner oder Deutschen unser Land, weil die überall Aktien oder Partnerschaften haben. Das ist eine strategische Katastrophe. Um unsere Schulden zu beszahlen, nimmt er neue Kredite von ausländischen Banken. Wir haben für die nächsten 200 Jahren genug Schulden. Ist das ein Wirtschaftsboom?

    Zweitens, Erdogan ist ein Islamist sogar schlimmer als Erbakan. Erdogan ist seit am Anfang gegen Laisizm, Atatürks Republik, Atatürks Gesetze. Er will Scharia statt Atatürks Verfassung und will mit Koran die Türkei regieren. Er zeigt sich nur als pupulist. Aber Populist wäre für ihn ein kompliment.

    Drittens, die Mehrheit der Türkei ist eine relative Beschreibung. Ganze Türkei weiß es ganz genau, dass er, seit dem wir die Wahlergebnisse mit Cumputer zählen, die Wahlergebnisse manupuliert. Das ist sogar bewiesen. Aber die Beweiser sind im Knast. Die Mehrheit der Türkei ist nicht Istlamist, sondern liberal und säkuler. Wir wollen nicht 100 Jahre zurück sondern immer weiter. Seine Änhänger sind nicht die Mehrheit. Er hat es mit Manupulation bis jetzt geschafft. Die Arme Menschen ausgenutzt. Gegen Geld hat er Ihre Wahl gekauft.

    Also das ist die Reality über Erdogan, dass man nicht in Medien sehen kann.

    Er ist der gefährlichste Mensch m.E. in der Türkei. Er ist selbsüchtig und faschist!!! Er kann niemals modern sein, weil er an Scharia glaubt.

  • SG
    Schmidt Georg

    Brokdorf war schierer Bügerkrieg-Wackersdorf- jetzt S21, warum zieht man über der Türken her, wir sind nicht besser-hat man nun die Berichte über die Demos in NY an der WallStreet gesehen und wie die Polizei da los ging, also ist das in der Türkei eben normal-wird überall so gemacht!

  • J
    jaybird

    Der eigentliche Kulturampf ist der zwischen intelligenten kreativen neuzeitlichen Bevölkerungsteilen und einer eher dumpf dahinlebenden Masse, die mittelalterlichen Religionsvostellungen anhängt und ohne autoritäre Führung vollkommen orientierungslos wäre. Das ist ein internationales Phänomen, besonders virulent natürlich in den arabischen Staaten, nicht weniger signifikant in den USA. Hier kommt auch der demokratische Gedanke der Mehrheit an seine Grenzen. Wenn alles von Mehrheiten entschieden werden könnte, wäre die Erde immer noch eine Scheibe und Stephenie Meyer die größte Autorin der Moderne.

    Dass Kulturkämpfe nicht immer unmittelbar politisch gewonnen werden müssen, um grundlegende Änderungen herbeizuführen, hat sich in der Geschichte oft gezeigt. Ein jüngeres Beispiel ist tatsächlich die Bewegung Ende der der 60ger Jahre. Absolut gesehen eine kleine Minderheit. Unter denen, die was zu sagen (im Sinne von Mitteilen) hatten, die absolute Mehrheit!

  • G
    gregor

    Totgesagte leben laenger.

  • TB
    thomas bode

    Der Artikel verdreht fast unmerklich und sehr geschickt die Botschaft der aktuellen Ereignisse. Sie seien nicht Ausdruck einer unfasslichen, hartnäckigen und bisher ständig zunehmenden ideologischen Rückständigkeit, sondern im Gegenteil Ausdruck eines Wandels zum Pluralismus. Naja. Da braucht man schon sehr guten Willen - und den Wunsch den Beitrittsprozess zur EU zu unterstützen.

    Erdogan ist ja kein solitärer Despot der nur von seinen waffenstarrenden Schlägertrupps an der Macht gehalten wird. Sondern er hat vollen Rückhalt in weiten Kreisen. Und die Opposition wie das Militär, der "tiefe Staat", die Nationalisten, sind keinen Deut besser was Aggressivität betrifft.

    Diese gespaltene Gesellschaft, deren Konflikte noch sehr lange dauern können, ist völlig inkompatibel mit der EU. Das ist das Letzte was diese, also deren Menschen, brauchen. Die EU ist keine Therapiegruppe für Gesellschaften die nicht wissen ob sie das Kopftuch, das "Türkentum" oder die Modernität wählen sollen. Sondern ein Team wo man sich auf jeden verlassen muss.

    Die Progressiven dort müssen unterstützt werden, aber nicht mit der Mohrrübe EU-Beitritt, geschweige denn mit dem tatsächlichen Beitritt (in den nächsten 15 Jahren).

     

    Es wir immer wieder gesagt die Agenda Erdogans sei "neoliberal". Wäre interessant das mal an konkreten Beispielen wie Arbeitnehmerechten usw. belegt zu bekommen.

  • L
    lassalles

    das gegenteil wird stattfinden

     

    die vorübergehende systemschwäche hat die investoren der immobilienspekulationsblase-modell spanien-mit dem damit verbundenen momentanen wirtschaqftswachstum verunsichert.

     

    wenn es erdogan nicht gelingt durch den starken staat die auslandsinvestitionen zu sichern und das vertrauen der investoren wieder herzustellen,fliegen ihm all seine alllmachtprojekte um die ohren.

     

    er wird mit allen mitteln ,warnendes gelaber aus der eu zentrale hin oder her,dem westerwelle nimmmt er auch nicht für voll,den politischen gegner marginalisieren mit allem damit verbundenen leid

     

    im europa der aufbegehrenden bürger wir das die kapitalseite augenzwinkernd zur kenntnisnehmen und auch einige politiker stehen derartige problemlösungen nicht fern.

     

    letztens in frankfurt wars die eingangsstufe

     

    wieb hies es vor 40 jahren :

     

    sicherheit durch recht und ordnung

  • T
    T.V.

    Solange antikapitalistische Muslime in Gänsefüße gesetzt werden, verdient das die "Demokratisierung" auch.

  • KG
    Katerina Giouloni

    Wo doch Istanbul zum Drehpunkt der Todesmaschine Welthandel geworden ist, fragt man sich doch glatt, warum die EU Griechenland nicht erlaubt hat, daß Katar 5 MRD investiert, um einen Containerhafen als weitergehendes Drehkreuz in Westgriechenland zu installieren, womit noch nicht mal die nicht ganz ausgelastete Konkurrenz - der Hafen von Triest - ein ernsthaftes Problem gehabt hätte; neben weiteren 6 MRD auf dem leer stehenden alten Flughafen von Athen - Elleniko - plus weitere 34 MRD aus China und das auch noch alles unter Papandreou.

    Immerhin wurde ja neben x Rennstrecken mit jungfräulich frischen schwarzen und haltbaren Asphalt für Leihwagentouristen eine Autobahn mit "sinnlosen EU-Geldern" gebaut, der Egnatia-Highway, der quasi die Türkei mit Albanien über Igoumenitsa anbindet - die meisten Brücken und Tunnels in Europa - und Bulgarien regelt auch seine Exporte über griechische Häfen ab; was nur raus kam, weil der bulgarische Regierungschef per Hubschrauber zu den Landstraßen blockierenden streikenden Bauern geflogen war, um an der griechischen Regierung vorbei mit den Sowjets der Bauern zu verhandeln.

    Geostrategisch wäre es für Griechenland eh schlauer zusammen mit der Türkei und umliegenden Staaten - inklusive Israel - eine eigene EU zu bauen. Da der größte Handelspartner Griechenlands ja eh die Türkei ist, wären beide Staaten dann quasi Motor wie Frankreich und Deutschland in der EG.

  • L
    Lukas

    Erdogan ist kein Populist, er ist Nationalist, das wissen wir spätestens seit seiner verstörenden Rede in Köln 2010.

  • KL
    Kommentar (common license)

    Man kann ja von ihm halten, was man will, aber die "Entmachtung des Militärs" bedeutet schlicht die Aufdeckung des Putsch-"Manövers" "Operation Sledgehammer", die vorsah mit einem auf Griechisch gefakten Kampfjet einen türkischen Passagierjet vom Himmel zu holen, dann in Griechenland einzumarschieren, um die "türkische Minderheit" (überwiegend Nachfahren der muslimischen Griechen, die 1923 als "Türken" aus Kleinasien zwangsumgesiedelt wurden) in Trazien zu retten und dabei noch die Fußballstadien in Istanbul mit 200.000 "Regimegegnern" zu füllen.

    Wer also auf Krieg steht, soll ruhig weiter unter versoffenen Atatürkfahnen zusammen mit Völkermordleugner marschieren und wird wohl nie verstehen, warum Griechenland soviel Panzer braucht. Man muß sich das mal vorstellen, da marschierten am Samstag in Berlin 5000 Kemalisten und Graue Wölfe und am Sontag 6000 "Linke" - welche Zeitung außer Indymedia hat darüber berichtet? - aus Solidarität, und das mal weiterspinnen, Solidemos mit Griechenland, den einen Tag Xrisy Avgi Nazis und..., nee die erste Demo wäre von Diaspora- und Deutschgriechen und Anarchisten angegriffen worden.

    Die "Entmachtung" betrifft ja eh nur die Hälfte der hohen Offiziere, die anderen befehlen weiterhin ständige Luftraumverletzungen durch türkische Kampfjets über griechischen Inseln oder Fregatten, die kreuz und quer durch die Ägais schippern und griechische Hoheitsgebiete verletzen und dann auf Sichtweite zu Athen, kurz vorm Kap Sounion, erklären sie hätten sich nur "bei einem Mänover mit den Amis" verfranzt.

    Bisher wurde das ja immer als griechische Verschwörungstheorie ("defence.net") abgetan, seitdem allerdings desöfteren auch Hubschrauber mit Migrantenjägern der Frontex vom türkischem Zielradar erfasst wurden, passierte es erstaunlicherweise nicht mehr so oft - auch wenn natürlich außer englischsprachigen Medien niemand darüber berichtet - wobei nicht unerwähnt bleiben soll, daß das Radar bis dahin nur griechische Kampfjets erfasste, der Verdacht also nahe liegt, daß das türkische Militär sehr wohl wußte, daß es sich um Frontex handelt.

    Aber wer weiß, vielleicht ist das ja der tiefe Grund für die neueste putschistische Aktion der Troika-Junta in Athen, die Abschaltung der Sender der ERT, denn auf den anderen, den privaten laufen ja eh nur türkische Soaps.

     

    Zyprioten wurden übrigens auch anhand der Religion in "Türken" und "Griechen" aufgeteilt und sie können ein Lied davon singen, wie türkische und griechische Faschisten zusammen mit der CIA das antiimperialistische Zypern von Erzbischof Makarios zerschlagen haben. Letzteres nachzulesen in einem Buch von TAZ-Autor Nils Kadritzke, aber der ist ja inzwischen erwachsen. TIP: Gebt dem ein, zwei Liter Tsipouro und Raki und laßt ihn nostalgische geistige Onanie verzapfen.

  • C
    chucky

    Endlich mal ein fundierterer Bericht als sonst die latent-anti-erdogan nachrichten.

     

    Warum die 98% der Türkei oder Istanbul´aner hinter Erdogan steht ist doch relativ einfach. Die Spitze an der Opposition sind nur schimpfende und respektlose Aussagen, das Volk denkt wenn das die besten aus der Partei sind, dann können wir nix erwarten.

     

    Das Zeugnis derer waren ja die 80 Jahren seit der Gründung der Türkischen Republik. Die Elite 1-2% der Bevölkerung hat das enorme Reichtum untereinander aufgeteilt und das Volk wurde nur unterdrückt. Zur der Geschichte und den Machenschaften steht genug im Netz, sollte sich auch jeder Mal informieren bevor sinnlose Kommentare gepostet werden.

     

    Die Reaktion der Polizei ist für uns im ersten Augenblick sicher sehr falsch, aber es folgt sicher einer provokanten Aktion.

  • K
    Kopfschüttler

    Herr Bax,

     

    in welchem Elfenbeinturm hausen Sie denn eigentlich?!

    Wahrscheinlich in Berlin, der Insel der Ahnungslosen!

    Die Demonstranten in Instanbul (Konstantinopel, sic!) sind eine verschwindende Minderheit in der Türkei...

    Machen Sie sich mal schlau über die Bevölkerungsstruktur in der Türkei!

    Was machen Sie denn eigentlich beruflich, hä?!

  • E
    Edi

    Erdogan ist der grösste Menschenrechtsvertreter und Ökonom, den die Türkei jemals gesehen hat. Jeder der einer anderen Meinung ist, gehört entweder einer der oppositionellen Parteiein in der Türkei an oder ist Antipatist des Islam. Zum ersten Mal in der Geschichte erreichte die Türkei unter Erdogans Regierung einen stetigen Wirtschaftswachstum von bis zu 10% des BIP und zum ersten mal in der Geschichte bekommt die Türkei das Rating "Investment Grade" (Moodys Baa3. Stand 27.05.2013). Viele Grüße an die Welt da draußen und zu hause... Erdogan ist und bleibt Premier. Den Denkenden sei Dank!

  • J
    joia

    das ist schön gedacht und sehr psycho-logisch. hoffentlich funktionierts - denn: vor diesem schritt kommt der eigentliche erste und da wirft sich die frage auf: was für alternativen gibt es neben erdogan?

    meine 16jährige tochter findet die bewegung in der türkei toll, ich und viele andere unserer freunde auch - aber "liberale" alternativen fehlen - so meine tochter und ich finde, sie hat recht.

    hier werden schlicht in zwangloser vorfreude gläser in steingärten geworfen.

  • J
    Jule

    THESE:

     

    "10.000 bis 15.000 DemonstrantInnen in einer Stadt mit fast 15 Mio. EinwohnerInnen sind kein Beleg für das nahende Ende einer bestimmten Politik. Ein Aufstand der Massen sähe anders aus."

     

    Nur mal so als These eingeworfen. Ich bin absolut begeistert über die Proteste und sie sind wichtig und richtig. Allerdings habe ich wieder ein wenig das Gefühl, dass medial die ganze Sache doch etwas aufgebläht und nach eigenen Wunschvorstellungen gedeutet wird. Ob es wirklich die einschneidende Wende in der Türkei bringen wird, steht noch völlig offen. Die Mehrheit der Bevölkerung hat ihn gewählt und grade in den ländlichen Regionen steht sie anscheinend immer noch hinter ihm.