Proteste in Iran: Umjubelte Rückkehr
Sportkletterin Elnas Rekabi ist nach Teheran zurückgekehrt und wird gefeiert. Ihre staatstragenden Statements sind wohl unter Druck zustande gekommen.
Bei einem Durchgang im Kletterwettbewerb hatte Rekabi nur ein Band im Haar getragen, wie auf den Videobildern der Internationalen Föderation der Sportkletterer (IFSC) zu sehen war. Dies widerspricht den Kleidervorschriften der Islamischen Republik, nach denen iranische Sportlerinnen nicht nur im eigenen Land, sondern auch im Ausland die Haare bedecken müssen. Dass Rekabi ohne Kopfbedeckung kletterte, wurde als Zeichen der Unterstützung für die Massenproteste im Iran gedeutet.
Auch nachdem die 33-Jährige sich am Flughafen vor Staatsmedien erklärt hatte, nur versehentlich keine Kopfbedeckung getragen zu haben, ist ihr die Unterstützung der Protestierenden gewiss. Viel spricht dafür, dass sie das Statement unter Druck ihres Verbandes und der Sicherheitsbehörden im Iran abgegeben hat. Die BBC hatte zuvor berichtet, ihr sei schon unmittelbar nach dem Wettkampf das Mobiltelefon und der Pass abgenommen worden. Ihr Statement auf Instagram, in dem sie auch davon spricht, versehentlich ohne Kopftuch geklettert zu sein, würde demnach nicht von ihr selbst stammen.
Die Protestierenden im Iran jedenfalls glauben nicht an diese offizielle Version des Vorfalls beim Kletterwettbewerb. „Elnas ist eine Heldin“, skandierten die Menschen vor dem Terminal. Sie umringten einen weißen Transporter und ein Auto, von dem sie annahmen, dass sich die Sportlerin und das weitere Kletter-Team darin befanden. Einige der anwesenden Frauen trugen keine Kopfbedeckung. Es war unklar, wohin Elnas nach ihrer Ankunft am Flughafen fuhr.
Die International Federation of Sport Climbing veröffentlichte derweil ein Statement, nach dem sie Kontakt zu Rekabi aufgenommen hat und über ihre Rückkehr in den Iran informiert sei. Das Hauptaugenmerk liege auf der Sicherheit der Athletin. Die IFSC steht voll und ganz zu den Rechten der Athleten auf eigene Entscheidungen und freie Meinungsäußerung. Eindeutigere Aussagen aus der Welt des Sports gibt es bislang nicht – weder zum Fall Rakabi noch zu den Massenprotesten im Iran überhaupt
Die seit Wochen andauernden Massenproteste im Iran hatten sich am Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini entzündet. Die 22-Jährige war am 16. September in Teheran ums Leben gekommen, nachdem sie von der Sittenpolizei festgenommen worden war. Sie hatte ihr Kopftuch angeblich nicht vorschriftsgemäß getragen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe