piwik no script img

Proteste in HongkongZusammenstöße an Heiligabend

Selbst an Weihnachten kommt Hongkong nicht zur Ruhe. In Einkaufsvierteln kam es am Dienstag zu Protestaktionen. Die Polizei ging mit einem Großaufgebot dagegen vor.

In den Shopping Malls von Hongkong ist dieser Tage eher die Polizei als der Weihnachtsmann unterwegs Foto: reuters

HONGKONG dpa | Neue Proteste und Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizei haben den Heiligabend in Hongkong überschattet. Die Einsatzkräfte gingen mit Tränengas, Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen Aktivisten vor. Die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungsregion verurteilte am Mittwoch die Gewalt und Randale. Unruhestifter hätten Straßen blockiert, Geschäfte in Einkaufszentren beschädigt, Brände gelegt und Polizeibeamte angegriffen. Die soziale Ordnung und auch die Feiertagsstimmung seien „ernsthaft gestört“ worden, was „unverschämt“ sei, hieß es weiter.

Die Ausschreitungen dauerten bis in die Morgenstunden an. Aktionen gab es in mehreren Stadtteilen, unter anderem in den populären Einkaufs- und Touristenzielen Tsim Sha Tsui und Mong Kok. Augenzeugen berichteten, Demonstranten seien singend durch Einkaufsviertel gezogen und hätten gezielt Läden attackiert, die geschäftliche Beziehungen zur Volksrepublik unterhalten. Die Proteste weiteten sich auf die Straßen aus. Die Polizei ging mit einem Großaufgebot vor.

Trotz Aufforderungen der Einsatzkräfte lösten sich die Menschenmengen nicht auf. Gegen Mitternacht wünschten die Demonstranten der Polizei sogar ein lautstarkes „Frohe Weihnachten“, ehe kurz darauf Brandsätze geworfen wurden. Auf der Straße vor dem historischen „Peninsula“-Hotel ging die Polizei erstmals in diesem Monat wieder mit Tränengas gegen Demonstranten vor. Auch Pfefferspray wurde eingesetzt.

An einem Eingang zur U-Bahnstation Mong Kok sei Feuer gelegt worden, berichtete die Polizei. Mehrere U-Bahnhöfe hätten aus Sicherheitsgründen geschlossen werden müssen. Es seien auch Brandsätze auf die Polizeistation in Mong Kok geworfen worden. Auf der großen Verkehrsader Nathan Road seien Straßenblockaden errichtet worden und beliebige Gegenstände in Brand gesetzt worden.

Die Demonstrationen in Hongkong waren vor einem halben Jahr ursprünglich aus Ärger über ein geplantes Gesetz für Auslieferungen von Verdächtigen an China entbrannt. Danach entwickelte sich der Protest zu einer breiteren Bewegung gegen die Hongkonger Regierung und den zunehmenden Einfluss der kommunistischen Führung in Peking. In den vergangenen Wochen waren die Proteste etwas abgeflaut. Doch gibt es im Internet Aufrufe zu weiteren Aktionen über die Feiertage, um die Bewegung in Schwung zu halten.

Seit der Rückgabe 1997 an China wird die frühere britische Kronkolonie nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger genießen – anders als die Menschen in der Volksrepublik – viele Rechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Die Hongkonger fürchten aber zunehmend um ihre Freiheiten. Auch fordern sie echte Demokratie, wie es ihnen beim Souveränitätswechsel auch in Aussicht gestellt worden war.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Ich finde dieses "nicht mal zu Weihnachten"-Narrativ eigentlich ziemlich eurozentristisch (mir fällt gerade kein besserer Begriff ein). Nur 10% der Hongkonger Bevölkerung sind Christen, Weihnachten dürfte also kaum das zentrale kulturelle Phänomen sein,dass es hierzulande darstellt.

  • Rechtfertigt der Anspruch, Demokrat zu sein, das Zerstören von privatem und öffentlichem Eigentum sowie Gewalt gegen Polizei und andere Personen, die sich so gar nicht für den heiligen Zerstörungsakt begeistern lassen?



    Sollte sich Carrie Lam dem Druck der gewalttätigen Minderheit beugen und was sollte sie dann bitte machen? Zurücktreten und dem rechten Mob die Herrschaft über die Stadt überlassen?



    An Weihnachten als Fest des Friedens und der Versöhnung wäre es vielleicht sinnvoll, aufeinander zuzugehen, aber doch nicht mit allerlei waffenähnlichem Zeugs auf die Ordnungskräfte, um sie zu Gegenmaßnahmen zu provozieren! Andererseits: wie kommt man ansonsten noch als Polithasardeur noch in die westlichen Schlagzeilen?