Proteste im Gazastreifen: „Hamas raus“, rufen sie
Im Gazastreifen demonstrieren Hunderte für ein Ende des Krieges. Es sei wichtig, dass die Menschen zusammenstünden, schreibt ein taz-Kontakt.

Die Proteste, schreibt der Kontakt im Gazastreifen, seien ein Ausdruck der Frustration, die in dem Gebiet herrsche: „Seit Langem ertragen wir hier unerträgliche Bedingungen“ – und nachdem sich die Situation nach dem erneuten Ausbruch des Krieges wieder verschärft hatte, falle es den Menschen immer schwerer, so weiterzuleben. „Sie fordern ein Ende der Hamas-Herrschaft“, schreibt der Kontakt.
Bereits am Dienstag kam es zu ersten Protesten: Im nördlichen Beit Lahia, einem der Orte, die vom Krieg besonders gezeichnet sind, demonstrierten nach Angaben der Nachrichtenagentur AP zunächst nur ein paar Menschen zusammen. Die Menge sei dann auf über 2.000 Beteiligte angeschwollen. Auch Plakate hielten manche hoch, darauf Sätze wie „Wir weigern uns zu sterben“. Ein Demonstrant erklärte AP: Die Hamas sei die einzige Partei in dem Konflikt, auf die man Einfluss nehmen könne. „Proteste werden die Besatzung (Israel, Anm. d. Red.) nicht stoppen, aber sie können die Hamas beeinflussen.“
Dass die Demonstrationen neben der Hamas vor allem auch Israel gelten, erklärt ebenso die Quelle der taz in Gaza: „Viele machen die Hamas für die Situation verantwortlich.“ Andere glaubten wiederum, dass die derzeitigen Geschehnisse im Gazastreifen letztlich außerhalb deren Kontrolle lägen. Zwar trage die Hamas eine Verantwortung für den Krieg in Gaza – „doch die aktuelle Welle des Tötens und der Zerstörung richtet sich gegen die gesamte Bevölkerung – nicht nur gegen die Hamas“. Und: „Wir sind eine vereinte Nation, unabhängig von politischer Zugehörigkeit.“ Auch laut AP sagt ein Teilnehmer der Demonstrationen: Bei dem Protest gehe es nicht um Politik, sondern um das Leben der Menschen.
„Gaza vom Krieg befreien“
Der Protest in Beit Bahia hält derweil an. Ein anderer Kontakt der taz sendet am Mittwochnachmittag Bilder: Es scheinen sich noch mehr Menschen als am Dienstag versammelt zu haben. Vor einer Kulisse beschädigter Gebäude stehen sie eng gedrängt zusammen. Auch schriftlich gibt es Protest: In den sozialen Netzwerken kursiert etwa ein Dokument, zugeschrieben wird es lokalen Stammesführern in Südgaza. Geteilt hatte es unter anderem ein Korrespondent des israelischen TV-Senders i24News. Es ruft zum Widerstand auf, zum „Marsch des Zorn“. Der Gazastreifen werde von der Hamas als Geisel gehalten, so das Dokument. Dessen Echtheit lässt sich nicht unabhängig bestätigen.
Aktivist Hamza Howidy
Oppositionelle Gazaner im Ausland, etwa der mittlerweile in Deutschland lebende Hamza Howidy, reagieren erfreut auf die Proteste. Er schreibt auf X: „Jetzt, wo ich sehe, wie die Menschen auf die Straße gehen und alles riskieren, um Freiheit zu fordern, spüre ich eine unbestreitbare Anziehungskraft – ich möchte an ihrer Seite stehen. Um Gaza vom Krieg zu befreien. Um Gaza von denen zu befreien, die seine Zukunft gekapert haben. Um das, was zerstört wurde, wieder aufzubauen.“
Und er übt Kritik an der Berichterstattung zu den Protesten: „Plötzlich berichtet Al Jazeera nicht mehr über Gaza.“ Der katarische Sender stand wiederholt in der Kritik, Narrative der Hamas wiederzugeben. Die als Hamas-nah geltende Nachrichtenagentur Gaza Now stellt die Proteste auf ihrem Telegram-Kanal derweil ganz anders dar: Israel bedrohe die Bewohner Nordgazas mit dem Tod, sollten sie nicht an den Demonstrationen teilnehmen.
Ein Kontakt der taz schreibt: „Die Demonstranten rufen die Menschen dazu auf, zusammenzustehen“. Nur so könne der Krieg beendet werden.
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