Proteste gegen die IAA: Präventionshaft für Abseilaktion
Neun Aktivist*innen müssen bis zum Ende der Automesse in Haft. Es soll außerdem zu einem Übergriff durch einen Polizisten gekommen sein.
Über der A94, in der Nähe von Markt Schwaben, sagte Quentin Walter (Name geändert) der taz am Rande der Abseilaktion, die Gruppe sei hier für eine „echte Mobilitätswende“. E-Mobilität sei eine Scheinlösung. Gefährlich sei das Klettern nicht, denn es werde professionelles Equipment verwendet und darauf geachtet, nicht in dem so genannten Lichtbild der Brücke, also viel mehr an, als unter der Brücke zu hängen.
Über Stunden dauerten polizeiliche Sperrungen an. Die Staukarte von Google Maps färbte sich tiefrot. Erst um kurz vor zwölf waren die meisten Straßen zunächst wieder frei. Dann gelang einer Kleingruppe eine weitere Aktion in unmittelbarer Messenähe. Die Gruppe, die sich “Das blaue Wunder“ nennt, nahm die so genannte Blue Lane ins Visier, die die Veranstaltung auf dem Messegelände mit der Innenstadt verbindet. Die Aktivist*innen machten ihre Kletterseile und ein Banner fest und schwangen sich über das Geländer, während darunter schwere LKWs hindurchdonnerten. „Egal ob grün oder blau..“ und „Nächste Ausfahrt Klimakrise“, stand auf den Transparenten. Auch hier sperrte die Polizei die Straße und räumte die Gruppe.
Das Polizeipräsidium München schreibt, im Rahmen der Aktionen sei von insgesamt 26 Personen die Identität festgestellt worden, und es werde unter anderem wegen Nötigung ermittelt. Mehrere Aktivist*innen wurden etwa wegen „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“ Haftrichter*innen vorgeführt. Neun Aktivist*innen müssen bis zum Ende der IAA wegen drohender Gefahr in Präventionshaft, heißt es vom zuständigen Amtsgericht Erding. Möglich macht das das bayerische Polizeiaufgabengesetz.
Aktivist berichtet von Übergriff
Hanky Müller (Name geändert), der sich an einer Aktion an der A8 beteiligte und gegen den nun auch ermittelt wird, berichtet der taz am Telefon außerdem von einem Übergriff durch einen Polizeibeamten. Weil der Aktivist eine abgeseilte Person versorgen wollte – wie er sagt in vorheriger Absprache mit einem Kommunikationsbeamten – soll ein Polizist auf seine Hand gestiegen und ihm Schuhe und Socken ausgezogen haben. Unvermittelt und ohne Begründung soll der Beamte in zivil auf der Autobahnbrücke dann in seine Unterhose gegriffen und seine Genitalien „grob abgetastet“ haben. Danach habe der Beamte die Unterhose heruntergezogen.
Als er sich lautstark wehrte, weil zahlreiche Personen um ihn herumstanden und der Verkehr vorbeifuhr, erzählt Müller, sei der Kommunikationsbeamte wieder dazugekommen und habe sich für das Verhalten seines Kollegen entschuldigt. Würde, Schikane und Unverhältnismäßigkeit, habe sich der Aktivist als Schlagworte nach dem Übergriff notiert. „Es ist ein Ohnmachtsgefühl, niemanden zu haben, an den man sich wenden kann, wenn Polizist*innen übergriffig sind.“
Von der Polizei München heißt es, der Sachverhalt sei bislang nicht bekannt gewesen und der Betroffene werde geben sich an eine Polizeidienststelle zu wenden bzw. Anzeige zu erstatten.
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