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Proteste gegen die IAAPräventionshaft für Abseilaktion​

Neun Ak­ti­vis­t*in­nen müssen bis zum Ende der Automesse in Haft. Es soll außerdem zu einem Übergriff durch einen Polizisten gekommen sein.

Protest gegen die IAA: Ein Aktivist hängt bei einer Banneraktion an einer Schilderbrücke über der A9 Foto: dpa

München taz | Mitten im morgendlichen Berufsverkehr haben Ak­ti­vis­t*in­nen der “Aktion Autofrei“ am Dienstag, wenige Stunden vor Beginn der Internationalem Automobilausstellung (IAA Mobility) in München, die Ankündigung #BlockIAA ernst gemacht. An fünf großen Zubringerautobahnen der bayerischen Landeshauptstadt seilten sich Ak­ti­vis­t*in­nen von Schildern und Brücken ab, hielten Transparente und gestalteten Wegweiser neu. Den Ak­ti­vis­t*in­nen ging es, laut eigener Aussage, vor allem darum, möglichst viele Menschen zu erreichen.

Über der A94, in der Nähe von Markt Schwaben, sagte Quentin Walter (Name geändert) der taz am Rande der Abseilaktion, die Gruppe sei hier für eine „echte Mobilitätswende“. E-Mobilität sei eine Scheinlösung. Gefährlich sei das Klettern nicht, denn es werde professionelles Equipment verwendet und darauf geachtet, nicht in dem so genannten Lichtbild der Brücke, also viel mehr an, als unter der Brücke zu hängen.

Über Stunden dauerten polizeiliche Sperrungen an. Die Staukarte von Google Maps färbte sich tiefrot. Erst um kurz vor zwölf waren die meisten Straßen zunächst wieder frei. Dann gelang einer Kleingruppe eine weitere Aktion in unmittelbarer Messenähe. Die Gruppe, die sich “Das blaue Wunder“ nennt, nahm die so genannte Blue Lane ins Visier, die die Veranstaltung auf dem Messegelände mit der Innenstadt verbindet. Die Ak­ti­vis­t*in­nen machten ihre Kletterseile und ein Banner fest und schwangen sich über das Geländer, während darunter schwere LKWs hindurchdonnerten. „Egal ob grün oder blau..“ und „Nächste Ausfahrt Klimakrise“, stand auf den Transparenten. Auch hier sperrte die Polizei die Straße und räumte die Gruppe.

Das Polizeipräsidium München schreibt, im Rahmen der Aktionen sei von insgesamt 26 Personen die Identität festgestellt worden, und es werde unter anderem wegen Nötigung ermittelt. Mehrere Ak­ti­vis­t*in­nen wurden etwa wegen „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“ Haft­rich­te­r*in­nen vorgeführt. Neun Ak­ti­vis­t*innen müssen bis zum Ende der IAA wegen drohender Gefahr in Präventionshaft, heißt es vom zuständigen Amtsgericht Erding. Möglich macht das das bayerische Polizeiaufgabengesetz.

Aktivist berichtet von Übergriff

Hanky Müller (Name geändert), der sich an einer Aktion an der A8 beteiligte und gegen den nun auch ermittelt wird, berichtet der taz am Telefon außerdem von einem Übergriff durch einen Polizeibeamten. Weil der Aktivist eine abgeseilte Person versorgen wollte – wie er sagt in vorheriger Absprache mit einem Kommunikationsbeamten – soll ein Polizist auf seine Hand gestiegen und ihm Schuhe und Socken ausgezogen haben. Unvermittelt und ohne Begründung soll der Beamte in zivil auf der Autobahnbrücke dann in seine Unterhose gegriffen und seine Genitalien „grob abgetastet“ haben. Danach habe der Beamte die Unterhose heruntergezogen.

Als er sich lautstark wehrte, weil zahlreiche Personen um ihn herumstanden und der Verkehr vorbeifuhr, erzählt Müller, sei der Kommunikationsbeamte wieder dazugekommen und habe sich für das Verhalten seines Kollegen entschuldigt. Würde, Schikane und Unverhältnismäßigkeit, habe sich der Aktivist als Schlagworte nach dem Übergriff notiert. „Es ist ein Ohnmachtsgefühl, niemanden zu haben, an den man sich wenden kann, wenn Po­li­zis­t*in­nen übergriffig sind.“

Von der Polizei München heißt es, der Sachverhalt sei bislang nicht bekannt gewesen und der Betroffene werde geben sich an eine Polizeidienststelle zu wenden bzw. Anzeige zu erstatten.

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9 Kommentare

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  • Vielen Dank und Respekt für die Proteste gegen die IAA nach München!



    Shame on Polizei



    shame on BR24, die nur aus Sicht des Ministeriums und der Firmen "für einen störungsfreien Ablauf" berichtet.



    Ich werde täglich von Abgasen und Lärm gestört, weil ich im Erdgeschoss wohne.

  • PAG Bayern - jetzt ist die Gelegenheit für eine weitere Verfassungsbeschwerde.



    Allerdings sind die Aussichten gering, denn das BVerfG ist natürlich Spiegelbild der Stimmung der staatstragenden Schicht. Und da selbst die Grünen inzwischen "Sicherheits"- und Kriegs-Partei sind, stehen die Aussichten schlecht.

  • Hier eine Wortmeldung von Sand im Getriebe:

    twitter.com/Sand_i...434604277935353862

    Schön formuliert.

    Die Autoindustrie eine Klimakillerindustrie? Das ist bitter, aber wahr. Denn es geht nur darum, mit grünlackierter Werbung zu weiter zu machen wie bisher, und der Verkehr verursacht viel zu viele unnötige Emissionen. Und die werden, das wissen wir jetzt mit wissenschaftlicher Schärfe, verheerende Auswirkungen haben auf viele Generationen nach uns.

    Man muss sich mal rein tun, dass allein die Einsparungen an CO2, die bei einem Tempolimit von 130 auf Autobahnen und 30 in Städten erzielt würden - über zwei Millionen Tonnen - , jährlich etwa so viel CO2 einsparen würden, wie die 58 Länder mit dem geringsten CO2-Ausstoss jeweils insgesamt produzieren. Eine Maßnahme, die uns praktisch nichts kostet, und sogar ganz nebenbei zahlreiche Unfalltote verhindern würde und unsere Städte wieder lebenswerter machen würde. Und die Autoindustrie arbeitet, schmiert und betrügt dagegen. So viel ist ihr das Klima wert.

    Was die Polizei angeht - die sollte sich aus ungelösten politischen Konflikten raus halten und sich nicht unnötig zum Büttel von Industrieinteressen machen. Das hat schon bei der Kernenergie und der Endlagerung nicht geklappt. Die Polizei verspielt so nur das Vertrauen, dem Interesse der Menschen in einer Demokratie zu dienen. Denn die Mehrheit in Deutschland will, dass was gegen die Klimakatastrophe getan wird. Die jungen Leute sprechen nur aus, was ganz viele denken.

    • @jox:

      1990 forderten die Grünen Tempo 100 auf allen Autobahnen.

      • @nzuli sana:

        Ich persönlich bin für Tempo 100 auf Autobahnen, Tempo 30 auf zwischen Verkehrsmitteln geteilten Strassen in Städten, und Tempo 50 auf Landstrassen ohne abgetrennte Fahrradwege.

  • Ei, und wieder versaut ein Einzeltäter den Ruf aller Polizisten!



    Wieviele Einzeltäter braucht es eigentlich, um auf ein größeres Problem bei der Polizei aufmerksam zu werden?

  • Elektroautos alleine werden es nicht bringen - sie sind praktisch erst mal nur ein Werbegadget, und zum anderen sollen sie auch noch massiv vom Steuerzahler subventioniert werden. Neben den für unsere Zivilisation und auch zahllose Arten auf dem Planeten lebensbedrohlichen CO2-Emissionen würden Elektroautos aber auch nur weiter zum Verkehrskollaps und zu komplett unbewohnbaren und zersiedelten Städten beitragen. Ich frage mich, wie Kinder heute sich fühlen, wenn man ihnen erzählt, dass vor gerade mal dreißig Jahren es noch vollkommen üblich war, dass Kinder allein auf der Straße gespielt haben, ohne zu sehr durch Autos bedroht zu sein.

    Eine echte Mobilitätswende sähe dagegen aus, wie hier in einem Interview mit Hermann Knoflacher beschrieben:

    www.moment.at/stor...trassen-mehr-bauen

    • @jox:

      Oder wie sie sich fühlen, wenn sie hören, dass wir schon vor über dreißig Jahren sicher wussten, dass es eine Klimakatastrophe geben würde, wenn man nichts dagegen unternimmt.