Proteste bei Umweltstaatssekretär: Initiativen zerpflücken Pläne für Umgang mit Atommüll
Wohin mit dem radioaktien Müll aus alten AKWs? Die Bundesregierung muss das planen – doch Initiativen kritisieren einen „Flickenteppich“.
Im nach EU-Vorgaben alle zehn Jahre fälligen NaPro erläutert die Bundesregierung ihre Pläne für die Entsorgung des atomaren Abfalls. Noch in diesem Jahr muss die Regierung das fertige Papier nach Brüssel schicken. Der Entwurf war in den vergangenen Wochen öffentlich einzusehen.
Ein Bündnis von Atomkraftgegner:innen um die Organisationen ausgestrahlt, den BUND und die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad hat Stellungnahmen von Interessierten und mit dem Thema befassten Aktivist:innen dazu gesammelt. Ein wesentlicher Kritikpunkt: Die tatsächlichen Zeitstränge der Endlagersuche und die sich daraus ergebenden Probleme bei der Zwischenlagerung würden im NaPro nicht benannt. Statt wie gesetzlich festgeschrieben bis 2031, steht ein Endlagerstandort für den hochradioaktiven Atommüll frühestens Mitte dieses Jahrhunderts fest.
Bis das Lager genehmigt, gebaut und befüllt ist, werden weitere Jahrzehnte vergehen. Die 16 Zwischenlager, in denen die hochradioaktiven Abfälle derzeit aufbewahrt werden, aber nur für einen Zeitraum von 40 Jahren genehmigt. Für das Zwischenlager Gorleben läuft die Genehmigung bereits 2034 aus. Nötig sind für alle Standorte also neue auf aufwändige Genehmigungsverfahren.
„Flickenteppich als Atommüllprogramm“
Mit dem NaPro habe die Bundesregierung „einen Flickenteppich als Atommüllprogramm vorgelegt“, sagt Helge Bauer von ausgestrahlt: „Kein Wort dazu, wie die jetzt schon ständig auftretenden rostenden Fässer in den Zwischenlagern in Zukunft verhindert werden sollen. Kein Wort zu den vielen geplanten, gefährlichen und vor allem unsinnigen Castortransporten, die noch quer durch die Republik gehen sollen.“
„Die Probleme durch alte Lagergebäude, Behälter und die darin gelagerten Brennelemente wachsen, geopolitische Bedrohungen verändern sich“, sagt BUND-Atomexpertin Juliane Dickel. Doch das alles bilde das Programm nicht ab.
Weitere Kritik richtet sich gegen das in Bau befindliche Endlager Schacht Konrad in Salzgitter. Es soll laut Genehmigung bis zu 303.000 Kubikmeter schwach und mittel radioaktive Abfälle aufnehmen und ist damit viel zu klein konzipiert. Für die aus dem havarierten Bergwerk Asse zu bergenden Fässern und die Rückstände aus der Urananreicherung in Gronau wäre in Konrad gar kein Platz. Zudem klagen BUND und NABU auf Rücknahme der Baugenehmigung, diese entspreche nicht mehr dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik.
Staatssekretär Flasbarth sagte am Donnerstag zu, das Ministerium werde die Stellungnahmen sorgfältig durcharbeiten und im NaPro berücksichtigen. Er selbst zeigte sich unzufrieden, dass sich die Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll um Jahrzehnte verschieben wird. Mit Blick auf die ungelöste Endlagerfrage kritisierte Flasbarth zugleich Diskussionen über einen Wiedereinstieg in die Atomkraft. An dem geplanten Endlager wolle die Bundesregierung allerdings festhalten.
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