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Proteste am WochenendeDemo gegen Krieg und Kohle

Im Kraftwerk Datteln IV wird russische Kohle verbrannt. Um­welt­schüt­ze­r:in­nen fordern die sofortige Stilllegung. Am Wochenende sind Proteste geplant.

Kohlekraftwerk Datteln IV Foto: David Inderlied/Kirchner-Media/imago

Bochum taz | „Keine Kohle für Putins Krieg“ – das ist das Motto, mit dem Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen und Um­welt­ak­ti­vis­t:in­nen am Samstag gegen das umstrittene Kohlekraftwerk Datteln IV demonstrieren wollen. „Bis zu 50 Prozent der dort verfeuerten Steinkohle stammen aus Russland“, schätzt Dirk Jansen, Geschäftsleiter des Umweltverbands BUND in Nordrhein-Westfalen. Der finnische Energiekonzern Fortum, der den riesigen Ofen über seine deutsche Tochter Uniper im nördlichen Ruhrgebiet betreibt, finanziere so „Putins brutalen Krieg in der Ukraine“ direkt mit, klagt deshalb Roland Schumann vom „Netzwerk Datteln IV stoppen wir“.

Bei der Demo, die am Samstag um 14 Uhr am Dattelner Neumarkt beginnt, wird auch der Träger des alternativen Nobelpreises, Wladimir Sliwjak, sprechen. Der Co-Vorsitzende der russischen Umweltorganisation Ecodefense fordert schon seit Kriegsbeginn ein Ende der Energieimporte aus seiner Heimat: „Mit den milliardenschweren Zahlungen aus dem Westen werden die Kugeln, Raketen und Granaten bezahlt, mit denen die Ukraine beschossen wird“, sagte der nach Deutschland geflohene Sliwjak der taz.

Dazu kämen massive Umweltschäden, kritisiert auch die Co-Chefin von Ecodefense, Alexandra Koroleva: Teile der russischen Förderregion Kuzbass in Sibirien glichen Mondlandschaften, im Winter falle „schwarzer Schnee“. Die Lebenserwartung im Kuzbass liege bis zu vier Jahre niedriger als im restlichen Russland.

Nötig sei, Energie zu sparen, wo es nur gehe, schreibt das Bündnis in seinem Demo-Aufruf – etwa durch ein Tempolimit. Außerdem müssten die Energielieferanten Sonne und Wind endlich massiv ausgebaut werden – doch die würden von der schwarz-gelben NRW-Landesregierung ausgebremst, erklärt Umweltschützer Jansen: „Noch immer blockieren CDU und FDP den Ausbau der Windkraft über die 1.000-Meter-Abstandsregelung selbst zu kleinsten Weilern, noch immer gibt es nicht einmal auf den Dächern neuer Industrieanlagen eine solare Baupflicht.“

Stattdessen setze Andreas Pinkwart, FDP-Landesminister für Wirtschaft und Energie, „auf Kohle, Gas und Atom“ – und auf Wasserstoff, von dem aber nicht klar sei, woher er importiert werden solle. Jansen geht persönlich weiter als sein Verband, der Putins Energielieferungen möglichst schnell durch Einsparungen und Erneuerbare ersetzen will: „Ich persönlich“, so Jansen zur taz, „bin für ein sofortiges Ende aller Energieimporte aus Russland“ – auch wenn das zu einem Einbruch des Wirtschaftswachstums führen könne.

Polen hatte bereits am Dienstag einen Importstopp für russische Kohle angekündigt.

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11 Kommentare

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  • Politik und Gesellschaft haben nichts aus der Geschichte gelernt. Man lese nur die Zeitungen und Kommentare von 1973 zur Ölkrise.



    Heute steht Deutschland genau da, wo es vor 50 Jahren stand. Traurig. Mit Kernenergie, Solar und Wind hätte Deutschland schon vor über 20 Jahren klimaneutral und somit auch unabhängig von den Putins und anderen Despoten sein können. Leider und paradoxerweise trägt auch die "grüne" Bewegung daran Schuld.

  • Im Zuge der Selbstvergötzung scheint logisches Denken Luxus zu sein.



    Wer mir heute z.B. erklären will, dass das Regime in Katar besser ist als das in Russland, der Krieg in der Ukraine schlimmer als der im Jemen ist, entblödet sich nicht, die Welt rein ideologisch zu betrachten.

  • Demo gegen Krieg und Kohle ist wichtig. Denn so manchem Verwaltungsmenschen (hier BAFA) ist noch immer nicht klar wo es lang gehen muß. Und mal wieder ein Mitarbeiter von Hrn. Habeck!

    Christian Maaß, Abteilungsleiter Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), kündigte auf der Wärmekonferenz des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) am vergangenen Mittwoch in Berlin an, dass die Förderung der Pelletheizung vor dem Aus steht. Biomasse sollte einer kaskadenförmigen Nutzung zugeführt und so häufig wie möglich stofflich verwendet werden. Erst am Ende könne eine energetische Verwertung stehen.



    „Die Pelletheizung weiter nach vorn zu stellen ist nicht das Ziel“, so Maaß.



    Bioenergie sollte auf die Anwendungen beschränkt werden, wo es keine anderen Lösungen gäbe. Deswegen werde es für Pelletheizungen weniger Förderungen geben, während sie in anderen Fällen fortgesetzt würde.

    Entweder hat der Abteilungleiter noch immer nicht kapiert wie Pellet geht, oder es ist eine absichtliche Behinderung regenerativer Energien bei der Substitution der fossilen Energien im Wärmebereich. Und das zu einem Zeitpunkt bei dem jeder Wärmeerzeuger mit fossilen Brennstoff möglichst gestern als heute abgeschaltet werden sollte.

    Da frägt man sich ernsthaft, ob Hr. Maaß die kostenlosen Häbchen sich auf der Wärmekonferenz auch wirklich verdient hatte. Oder wurde er übersehen bei der Neubesetzung. War er gar seit Amtswechsel noch nicht zurück, von seinen Messe- und Konferenztourneen, in der Amtsstube und trägt noch den letzten "Knaller" von Hrn. Altmaier mit sich rum?

  • "Polen hatte bereits am Dienstag einen Importstopp für russische Kohle angekündigt."



    Naja, Polen hat's aber auch leicht, die verheizen dann eben ein bisschen mehr eigene Kohle. Die polnischen Bergbaufirmen wird's freuen.

  • Datteln IV liefert mit ca 40% seiner Kapazität Bahnstrom. Im Gegensatz zum üblichem Strom mit 50 Hz hat dieser eine Frequenz von 16 2/3 Hz. Bei einer Stilllegung fehlt dieser Strom der Bahn, der vom Volumen einem Großteil des gesamten Bahnstroms ausmacht. Die Folgen wären gravierend!

    • @Critikus:

      Das mit dem Energie sparen ist schon alt. Kein Mensch verprasst Energie weil die auch schon letztes Jahr etwas kostete. Und manche derjenigen die da demonstrieren reduzieren Energie gerade mal auf die Stromproduktion (die nur 20% der gesamten verbrauchten Energie ausmacht).

    • @Critikus:

      Danke!



      Das dürfte nur den wenigsten bekannt sein.

  • "...über die 1.000-Meter-Abstandsregelung selbst zu kleinsten Weilern, ..."

    Über die Abstandsregel kann man streiten, man kann es aber nicht an der Anzahl der direkt betroffenen Personen festmachen. Oder man steht dazu, dass manche eben doch mehr wert sind, als andere.

    • @fly:

      Wenn man die Zahl der von einer Baumaßnahme betroffenen Menschen versucht zu minimieren, dann ist das keine Diskriminierung der dann letztendlich Betroffenen. Ansonsten müsste man neue Straßen schnurgerade zwischen A und B planen, denn jede Berücksichtigung von großen Siedlungen bei der Trassenplanung wäre dann eine Diskrimierung der Dorfschaften, die dadurch näher an der Trasse lägen.