Protest vor Privathaus hat Folgen: Prozess wegen Corona-Aufmarsch

Nach einer unangemeldeten Demo vor dem Haus von Winfried Kretschmann steht ein Mann vor Gericht. Ihm droht eine Geld- oder Haftstrafe.

Windfried Kretschmann spricht beim Empfang der Grünen in Ostfildern

Demos vor Privathäusern von Politikern „gehen mal gar nicht“, sagt Winfried Kretschmann Foto: imago

STUTTGART taz | Nach unangemeldeten Kundgebungen vor dem Privathaus des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann am 13. und 14. Februar muss sich am Montag ein 52-jähriger Mann vor dem Sigmaringer Amtsgericht verantworten. Er soll den Aufmarsch in Kretschmanns Wohnort geleitet haben. Da die Versammlung nicht angemeldet war, wirft ihm die Staatsanwaltschaft Hechingen vor, gegen das Versammlungsverbot verstoßen zu haben.

Ihm droht bei einer Verurteilung entweder eine Geld- oder eine Haftstrafe bis zu einem Jahr. Die Staatsanwaltschaft hatte nach einem schnellen Ermittlungserfolg ein beschleunigtes Verfahren gegen den Mann eingeleitet. Als Begründung für die schnelle Anklage verwies ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hechingen auf die bundesweiten Demonstrationen von Impfgegnern vor den Wohnhäusern von Politikern. Dem wolle man Einhalt gebieten, so der Sprecher.

In der Vergangenheit hatten Gegner der Coronamaßnahmen schon öfter Proteste vor Privathäusern von Politikern organisiert, etwa bei Bürgermeistern wie Boris Palmer (Grüne) in Tübingen oder Julian Vorarb (parteilos) in Gera. Für bundesweite Empörung hatte im Dezember ein Fackelzug vor das private Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) gesorgt.

Innenminister Strobl spricht von Psychoterror

Am 13. und 14. Februar hatten dann auch Kritiker der Coronamaßnahmen in Kretschmanns Wohnort Sigmaringen versucht, vor dem Privathaus des baden-württembergischen Ministerpräsidenten zu demonstrieren. Einmal überwanden sie eine Absperrung. Die Polizei konnte sie jedoch stoppen. Der Aufmarsch blieb gewaltfrei. Kretschmann war zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause. Seine Frau, die gerade nach Hause kam, war von der Polizei informiert worden. Der Ministerpräsident hatte danach betont, Demonstrationen vor Privathäusern von Politikern „gehen mal gar nicht“, damit sei eine rote Linie überschritten.

Politiker der schwarz-grünen Koalition in Baden-Württemberg hatten die Demonstrationen scharf verurteilt. Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) nannte Aktionen vor den Privathäusern von Politikern „Psychoterror“. Das Landratsamt Sigmaringen rechnet ungeachtet der Lockerungen der Coronamaßnahmen und des schnellen Prozesses mit weiteren unangemeldeten Demonstrationen. Deshalb hat es ein Versammlungsverbot im näheren Umfeld von Kretschmanns Privathaus erlassen. Bei Verstößen müssen Demonstranten mit Strafen von bis zu 500 Euro rechnen.

Die Demonstrationen sind auch in Kreisen von Impfkritikerinnen umstritten. In der Chatgruppe „Sigmaringen Direkt“ kündigten einzelne Teilnehmer an, an den Kundgebungen nicht mehr teilzunehmen, wenn sich die Aktionen gegen das Privathaus des Ministerpräsidenten richten.

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