Protest gegen Landespolizeigesetze: Mit aller Macht gegen den Verdacht
„Freiheit stirbt mit Sicherheit“: In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen protestieren Tausende gegen geplante Polizeigesetze.
Das geplante Gesetz wäre ein weiterer Schritt auf dem Weg in einen autoritären Polizeistaat, der die Bürgerrechte einschränke, sagte eine Sprecherin vom Bündnis „#NoNPOG“ in Hannover dem epd. Dort hatte ein Bündnis aus rund 150 Partnern zu den Protesten aufgerufen, darunter Gewerkschaften, Umweltgruppen, antifaschistische Initiativen, Parteien wie die Linke und die Grünen und deren Jugendorganisationen.
Die Grünen-Landesvorsitzende Anne Kura sagte, das neue Gesetz verletze die Grundrechte, ohne einen Sicherheitsgewinn zu versprechen. „Schon der bloße Verdacht soll ausreichen, damit die Polizei Telefone überwachen und E-Mails abfangen kann.“
Niedersachsen habe im vergangen Jahr die geringste Zahl registrierter Straftaten seit zehn Jahren verzeichnet und habe die zweithöchste Aufklärungsquote, sagte Kura. „Unsere Gesellschaft ist so sicher wie lange nicht.“ Nötig sie vielmehr eine bessere Ausstattung der Polizei.
In Niedersachsen gehört die Erneuerung des Polizeigesetzes zu den zentralen Vorhaben der rot-schwarzen Regierungskoalition. SPD und CDU hatten in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, das Gesetz bis zum Ende des Jahres zu verabschieden.
Angriff auf die Freiheit und Grundrechte
In NRW wollen CDU und FDP mit ihrer Regierungsmehrheit den inzwischen mehrfach veränderten Gesetzentwurf schon in der kommenden Woche durch den Landtag bringen. Bei der Auftaktkundgebung am Samstag warnten Sprecher des veranstaltenden Komitees für Grundrechte und Demokratie vor einer künftigen „Kriminalisierung von Protesten“ und einem „Untergang der freien Gesellschaft“.
Die Demonstranten warfen der NRW-Landesregierung vor, mit den vorgelegten Änderungen am geplanten Gesetz nur Augenwischerei zu betreiben. Das neue Polizeigesetz soll die Befugnisse der Polizei etwa bei der Überwachung von digitaler Kommunikation und dem Umgang mit Gefährdern deutlich ausweiten. Die NRW-Landesregierung hatte nach Kritik am Entwurf bereits die ursprüngliche Verabschiedung im Landtag verschoben und Änderungen im Oktober vorgelegt.
Auf Transparenten und Plakaten der Demonstranten hieß es unter anderem „Freiheit stirbt mit Sicherheit“. Fahnen und Plakate der Friedensbewegung, der Kernkraft- und Kohlegegner, Flüchtlingsinitiativen, Gewerkschaften und der globalisierungskritischen Organisation Attac waren zu sehen.
Befürchtet werde weiterhin eine „massive Vorverlagerung polizeilicher Eingriffsschwellen“ und eine künftig mögliche „anlasslose Erweiterung polizeilicher Befugnisse“, hieß es in den Reden. Nach wie vor lehne man die Pläne als Angriff auf die Freiheit und Grundrechte ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett