piwik no script img

Protest bei Neonazi-Demo in SchwedenEine Frau gegen 300 Rassisten

Tess Asplund stellte sich im schwedischen Borlänge mit erhobener Faust einer Neonazi-Demo in den Weg. Ein Bild davon geht nun um die Welt.

„Hommage an Nelson Mandela“: Tess Asplund vor der Neonazi-Demo Foto: David Lagerlöf / Picture Alliance

Stockholm taz | „Das war meine Hommage an Nelson Mandela“, sagt Maria-Teresa „Tess“ Asplund. Ein Foto mit der 42-jährigen Schwedin hat sich, seit es am Dienstag auf der Website der antirassistischen Stiftung Expo veröffentlicht wurde, über Twitter und Facebook weltweit verbreitet. Mittlerweile wird es bereits als „Bild des Jahres“ und als „ikonisch“ gefeiert.

Es zeigt eine Asplund, die gerade vom Bürgersteig auf die Straße getreten ist und nun mit erhobener Faust mitten vor einer Truppe von rund 300 uniformierten Anhängern von Schwedens derzeit gewaltsamster Neonazigruppe steht, die „Volksverräter“ skandierend auf sie zukommen. Deren Anführer starrt sie verdattert an, bevor ein Ordner sie wegschubst und ein Polizist sie zur Seite nimmt. Der Fotograf David Lagerlöf hält die Szene fest.

Der Vorfall geschah bereits am 1. Mai in Borlänge in der schwedischen Provinz Dalarna. Ausgerechnet in dieser traditionellen Arbeiterstadt hatte die „Nordische Widerstandsbewegung“ ihre zentrale Kundgebung abgehalten. Eine Provokation, gegen die auch eine Gegendemonstration organisiert worden war. Die Kirchenglocken läuteten aus Protest, und Antirassisten verteilten eine Fuhre Stallmist auf dem Sammelplatz der Neonazis, „damit die in der Scheiße stehen“.

„Ich fand, das reichte alles nicht“, begründet Tess Asplund ihre Aktion: „Als ich sie ankommen sah, dachte ich: Die haben hier absolut nichts verloren.“ Einem Impuls sei sie gefolgt: „Ich bin eine friedliche Person, mit meinen 163 Zentimetern und 50 Kilo ja auch nicht gerade imposant, aber ich wollte zeigen, dass man etwas wagen muss.“

Hoffnung auf mehr Widerstand

Asplund ist Sprecherin des antirassistischen Netzwerks „Fokus afrofobi“, arbeitet in der freiwilligen Flüchtlingshilfe, beteiligte sich wiederholt an Aktionen, mit denen versucht wurde, Abschiebungen Asylsuchender zu verhindern. Politisch aktiv sei sie, seit sie als 16-Jährige aus der mittelschwedischen Provinz nach Stockholm kam, erzählt Asplund: „Das erste waren Schlägereien mit Skins.“

Seit 26 Jahren engagiere sie sich jetzt gegen Rassismus: „Die jetzige Aufmerksamkeit macht mich stolz, aber geniert mich auch. Ich hoffe, dass nun mehr Widerstand wagen. Es geht einfach nicht an, wie derzeit Faschisten auf unseren Straßen herumspringen dürfen.“ Ein Symbol will sie dennoch nicht sein. „Nein, das sollen die Leute nicht in mir sehen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Ein Mensch, der die zu späte Einsicht Bonhoeffer's verinnerlicht hat und also handelt.

    Wären's doch bloss Millionen!

  • Ja, unser, mein schönes Bild von Schweden = IKEA ;-) - es hängt nicht erst seit gestern schief - Wiki hängt es etwas gerader:

    ............... https://de.wikipedia.org/wiki/Ingvar_Kamprad#Verh.C3.A4ltnis_zum_Nationalsozialismus

  • Ich liebe zierliche Frauen wie diese "„Ich bin eine friedliche Person, mit meinen 163 Zentimetern und 50 Kilo ja auch nicht gerade imposant, aber ich wollte zeigen, dass man etwas wagen muss.“

    Es kommt weder auf den grossen Körper noch den grossen Mund an, sondern auf das Herz hin zu schauen und die große Persönlichkeit seine Meinung deutlich zu äussern! Super, diese Aussage hat nichts mit dem Körpergewicht zu tun!

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Diese Frau verdient allerhöchsten Respekt.

  • "Damit die in der Scheiße stehen",hahaha großartig!

    Das wünschte ich mir für Samstag auch in Mitte.

    • @Markus Müller:

      nein, was redest Du da! Schau, dass Du Deinen Beitrag dazu leistest, dass es so couragiert und würdig wird wie es Tess Asplund vormachte...

       

      Denn die "Pack-Äußerung" unseres drahtigen Arbeiterführers hat schon genug versemmelt.