Protest am Berliner Flughafen Tegel: Last-Minute-Abschiebung verhindert
Er saß schon im Flieger: Ein pakistanischer Flüchtling sollte nach Ungarn abgeschoben werden. Protest im Terminal und ein rebellischer Fluggast verhinderten das.
BERLIN taz | Protest am Donnerstag am Flughafen Tegel: Rund 50 Flüchtlingsaktivisten demonstrierten am Morgen im Terminal gegen die Abschiebung eines pakistanischen Asylbewerbers. Mit Erfolg: Die Ausreise fand nicht statt.
Uzman M. saß am Morgen schon im Air-Berlin-Flieger, der kurz von neun Uhr nach Budapest abheben sollte. Zuvor aber hatten die Demonstranten Fluggäste um Solidarität mit dem Flüchtling gebeten und ein Transparent entrollt: „Abschiebung ist Mord“. Als der Flieger schon anrollte, stand ein kanadischer Fluggast nach eigener Auskunft auf und sagte, er werde sich nicht eher setzen, bis der Abzuschiebende freigelassen werde. Darauf soll der Pilot das Flugzeug gestoppt haben, Beamte holten den Pakistaner und den Kanadier aus der Maschine.
„Der Mann wurde in Ungarn misshandelt und sollte nun dorthin zurück, das ist Irrsinn“, sagte der Fluggast der taz. Laut Unterstützern war Uzman M. vor den Taliban aus Pakistan geflohen und war in Ungarn gelandet. Dort soll der 27-Jährige in einem Asylheim von Unbekannten angegriffen worden sein und schwere Kopfverletzungen erlitten haben. M. floh erneut und wurde im Mai im sächsischen Pirna aufgegriffen. Brandenburg nahm ihn in "Amtshilfe" in Eisenhüttenstadt in Abschiebehaft. Von dort sollte er zurück ins Ersteinreiseland Ungarn. Stattdessen landete er am Donnerstag nach der gestoppten Abschiebung erneut im Gewahrsam.
Demonstrant Claudio Feliziani berichtete, dass der Protest danach bereits erledigt gewesen sei. „Wir haben nur noch ein paar Slogans gerufen. Dann kam die Polizei.“ Mit Pfefferspray und Fastschlägen seien Protestierer angegangen worden. Feliziani spricht von „völlig überzogener Härte“.
Die Polizei begründete ihren Einsatz damit, dass Demonstranten überprüft werden sollten, da ihr Protest nicht angemeldet war. Dagegen hätten sich Teilnehmer gewehrt, ein Protestler habe versucht, die Dienstwaffe eines Beamten zu entwenden. Zwei Polizisten seien verletzt worden, fünf Demonstranten festgenommen.
Beim für die Abschiebung zuständigen Bundesamt für Migration wollte man sich am Donnerstag nicht zu dem Einzelfall äußern. „Überstellungen“ nach Ungarn würden „sorgfältig geprüft“, seien aber rechtmäßig, sagte eine Sprecherin. Die Asylpolitik habe sich in dem Land zuletzt positiv entwickelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass