Prognose über Wohnungsnot: Fast 540.000 Wohnungslose bis 2018
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe wirft der Regierung Untätigkeit vor. 2018 werde es über eine halbe Million Menschen ohne Bleibe geben.
Der BAGW-Jahresschätzung zufolge schliefen 2014 knapp 40.000 Obdachlose auf der Straße, weil auch die Aufnahmeeinrichtungen vieler Kommunen überfüllt waren. „Wir stellen fest, dass mindestens 2,7 Millionen Kleinwohnungen mit einem bis drei Zimmern fehlen“, sagte der BAGW-Vorsitzende Winfried Uhrig in Berlin. 400.000 neue Wohnungen jährlich seien „dringend nötig“, gerade das Angebot an preiswertem Wohnraum und Sozialwohnungen „völlig unzureichend“.
Uhrig warf der Bundesregierung und ihren Vorgängerregierungen vor, das Thema vernachlässigt zu haben. Der Verkauf von öffentlichen Wohnungsbeständen an private Investoren habe sich ungünstig für sozial Schwächere ausgewirkt. Außerdem gebe es nicht genügend „Fachstellen zur Verhinderung von Wohnungsverlusten“, die gefährdete Haushalte unterstützen könnten.
Die Arbeitsgemeinschaft forderte die Regierung auf, Wohnungsbau stärker zu fördern und die Verwendung der Mittel auch zu kontrollieren. Die Regierung dürfe Wohnungspolitik weder an die Länder delegieren noch dem Markt überlassen, sagte Uhrig. BAGW-Geschäftsführer Thomas Specht nannte es „unverständlich“ und „einen Skandal“, dass es keine bundeseinheitliche Berichterstattung über Wohnungsnotfälle gebe. Laut BAGW erhebt nur Nordrhein-Westfalen eine entsprechende Statistik.
Die Arbeitsgemeinschaft geht in ihrer Jahresschätzung von gut zwei Millionen Zuwanderern bis Ende 2018 aus. „Ich glaube, das ist machbar“, sagte Specht. Auch Konflikte zwischen Flüchtlingen und in Deutschland obdachlos Gewordenen seien nicht zwangsläufig. „Ob es Verteilungskämpfe geben wird, hängt davon ab, wie die Bundesregierung reagiert.“ Entscheidend sei, dass „die Anstrengungen für alle Gruppen gleichermaßen gemacht werden“. Laut BAGW wird etwa die Hälfte der Flüchtlinge eine Wohnung finden. Um der verstärkten Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen, hält Specht kurzfristig auch die Beschlagnahmung von Gewerbeimmobilien und leer stehenden Privatwohnungen für möglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé