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Pro und Contra AbrisspolitikKann der Koloss an der Urania weg?

Der einstige Sitz des Landesrechnungshofs in Schöneberg gilt als Ikone der Nachkriegsmoderne und soll demnächst abgerissen werden. Muss das sein?

Schmuckloser Klotz oder städtebauliche Perle? Der Düttmann-Bau An der Urania 4–10 Foto: Ralf Pollack/Imago

J a

Hier also soll Wohnungsbau in großem Stile auch nicht möglich sein. Diesmal nicht wegen Artenschutz oder Freizeitfläche, sondern weil angeblich eine „Ikone der Berliner Architektur“ verloren zu gehen droht, die unbedingt zu erhalten sei. Schauen wir doch mal vorbei an der Urania 4–10 im nördlichen Schöneberg: zehn Stockwerke und das, was sich durchaus als schmucklose Fassade bezeichnen ließe – wobei „schmucklos“ natürlich genauso interpretierbar ist wie der Begriff „Ikone“.

Hätte Berlin Platz für Wohnungsbau im Überfluss, könnte man es sich vielleicht leisten, auch an derartige Architektur zu erinnern. Berlin hat diesen Platz aber nicht. Oder genauer: nur in beschränktem Maße. Ja, man könnte ihn Privaten wegzunehmen versuchen, könnte enteignen. Doch für Wohnungen stünde dieser Platz, wenn überhaupt, erst nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten zur Verfügung.

Auf dem Gelände an der Urania ist das anders: Es gehört dem Land, niemand ist rauszuklagen oder rauszukaufen. Auf einen zügigen Abriss soll schnell auch eine Wohnbebauung folgen. Die Berliner Immobilienmanagement (BIM), eine Art Kümmerin für die rund 1.800 landeseigenen Immobilien, hat vor einigen Wochen sehr anschaulich gemacht, dass nur ein kleiner Teil der geplanten Wohnungen entstehen könnte, bliebe das Ex-Bürogebäude stehen.

Es wirkt in aktuellen Debatten nicht so, als sei Wohnungsnot wirklich berlinweit als das die meisten Menschen der Stadt bewegende Thema anerkannt. Bausenator Christian Gaebler (SPD) bekam jüngst vom Umweltverband Nabu vorgehalten, er wolle die „Axt an das Naturschutzrecht legen“. Tatsächlich bastelt die schwarz-rote Koalition an einem Schneller-bauen-Gesetz und will nach eigener Aussage bloß Landesrecht der Bundesgesetzgebung angleichen, was schnelleres Planen und Bauen ermöglichen soll.

An der Urania 4–10

Demonstration Ein Bündnis aus Architekt:innen, Stadt­pla­ne­r:in­nen und Umweltschützer:innen demonstrierte am Samstag gegen den geplanten Abriss des ehemaligen Bürohauses An der Urania 4–10 in Schöneberg.

Leerstand Der 1967 fertiggestellte Stahlbetonkoloss geht auf Entwürfe von Werner Düttmann zurück, einem wichtigen Vertreter der Westberliner Nachkriegs­moderne. Später wurde festgestellt, dass der Bürokomplex schadstoffbelastet ist. Seit dem Auszug des Rechnungshofs Mitte 2017 steht er leer.

Sanierung Das Gebäude gehört dem Land Berlin, nach Abschluss der rund 600.000 Euro teuren Schadstoffsanierung soll es nun für 1,5 Millionen Euro abgetragen werden. Für die Abrissgegner:innen auch ein architekturpolitischer Frevel. Sie sprechen von einer „Ikone der Berliner Architektur“.

Schutz Die Finanzverwaltung betonte Anfang 2023 hingegen, dass der einstige Verwaltungskasten weder unter Denkmalschutz stehe noch „besondere Merkmale schützenswerter Gebäudeteile“ aufweise.

Neubau An der Urania 4–10 sollen – basierend auf Plänen von 2018 – unter Federführung der landeseigenen Degewo Büros und Wohnungen errichtet werden. (rru)

Und wenn das Tempelhofer Feld tatsächlich auch am Rand unbebaut bleiben soll, wofür es viele Gründe gibt, dann muss dieses Bauen anderswo möglich sein. Wenn dann keine oder möglichst wenige andere Grünflächen dazu dienen sollen, sind innerstädtische Grundstücke mit seit Jahren ungenutzten Gebäuden eine zwangsläufige Alternative. Wenn sich nutzen lässt, was darauf steht – umso besser. Aber auf möglichst viel Wohnbebauung auf nicht üppig vorhandenen schnell verfügbaren Grundstücken zu verzichten, um an Bausünden der Vergangenheit zu erinnern, das kann und darf sich Berlin nicht leisten. Stefan Alberti

Nein

Wenn im April wie geplant die Bagger anrücken, um den Stahlskelettbau An der Urania 4–10 abzureißen, werden wohl nur wenige dem Klotz nachtrauern. Das Bündnis Urbane Praxis, das am Samstag gegen den Abriss demonstrierte, dürfte eher die Ausnahme sein. Der schmucklose, aber architektonisch wertvolle Stil der Nachkriegsmoderne wird in Berlin kaum wertgeschätzt.

Dabei sollte der Abriss alle auf die Palme bringen. Seit Jahren fordern kritische Ar­chi­tek­t:in­nen und Klimaaktivist:innen, keine Bestandsgebäude ohne Not zu schleifen. Das ewige Spiel aus Abriss und Neubau ist tödlich fürs Klima, allein die Produktion von Beton stößt gewaltige Mengen CO2 aus. 13.000 Tonnen könnten gespart werde, wenn das Verwaltungsgebäude aus den 60ern nicht abgerissen wird, rechnet Urbane Praxis vor. Das entspricht in etwa der Menge CO2, die der Tiergarten in 27 Jahren absorbieren kann. Aber der Senat weigert sich, eine Machbarkeitsstudie für den Erhalt durchzuführen, und verweist zugleich auf die Schadstoffbelastung, die das Gebäude unsanierbar machen soll.

Das ist nicht nur wegen der nie durchgeführten Machbarkeitsstudie unglaubwürdig, sondern auch weil der Senat sich nirgendwo sonst für den Erhalt von Bestandsgebäuden einsetzt. Das ehemalige Sport- und Freizeitzentrum SEZ ist ein anderes Beispiel, bei dem der Senat ein im Grunde funktionsfähiges Gebäude abreißen will. Hier wie dort soll mit der Abrissbirne Platz geschaffen werden für neue Wohnungen.

In Zeiten der Klimakrise muss Klimaschutz auch in der Stadtentwicklungspolitik oberste Priorität haben. Das Argument, es handele sich hier um einen Zielkonflikt, weil Berlin ja dringend Wohnraum benötigt, ist nur vorgeschoben. Schließlich ließe sich der ehemalige Verwaltungsbau An der Urania auf viele Arten sinnvoll nutzen, neben Wohnraum braucht es auch Platz für Bildung, Kultur und soziale Infrastruktur.

Zudem lässt sich bezahlbarer Wohnraum nicht nur durch Neubau schaffen, sondern auch durch gerechtere Verteilung des bestehenden Angebots, ob durch Verbot von Zweitwohnungen oder Mietobergrenzen. Eine Perspektive, die der Senat komplett ignoriert, weil er sich weigert, in Eigentumsverhältnisse einzugreifen.

Mit dem Erhalt des Gebäudes An der Urania könnte der Senat einen Beitrag leisten zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Um mit Blick auf die ohnehin unrealistischen Neubauziele am Ende etwas besser dazustehen, setzt man stattdessen auf den klimapolitischen Wahnsinn eines Abrisses. Jonas Wahmkow

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Jonas Wahmkow
Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.
Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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20 Kommentare

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  • Abriss und 0815-Einheitsbauten hinsetzen macht Berlin eben vielfältiger. Nach uns die Sintflut. Besser wäre es, erst eine n e u e Gestaltungsidee zu haben, ehe abgerissen wird.

  • Ach irgendwer findet sich immer, der was erhalten will auch wenn es keiner mehr braucht. Siehe Mäusebunker, SEZ.Die Häuser sind energetisch grottig, teilweise extrem hässlich, Umbauten sind aufwändig und teilweise nur schlechte Kompromisse., mal ganz davon abgesehen, dass sie oft durch den jahrelangen Leerstand noch weiter runter gewirtschaftet sind.

  • Ich mag solche Kolosse aus der Nachkriegszeit, und ich finde, man sollte Bestandsbauten wenn irgend möglich nutzen und nicht abreißen. Also würde ich das Ding stehen lassen und Wohnungen reinbauen. Aber die Bauverwaltung wird sich das schon überlegt haben. Im Grunde geht mich das auch gar nichts an, weil ich da nicht wohne.

  • Versteh ich nicht. Kann man nicht einfach ein paar Wände reinkloppen, Wohnungen schaffen ? Was ist das denn nu wieder für ein kompliziertes, unnötiges deutsches Gedöns ?! Wahrscheinlich gibt es wieder eines von 1 Mio Unfugsgesetzen, die praktisches und realistisches Wirtschaften verhindern...

    • @RefugeeFromGermany:

      Ein Bürogebäude in ein Wohngebäude umzubauen, ist schwierig. Nur mit zusätzlichen Trennwänden ist es da nicht getan.



      Sie müssen das alte Gebäude vollständig entkernen, Wasser- und Abwasserleitungen legen (in Büros sind Toiletten und Küchentrakte anders verteilt als in Wohnungen, und Gemeinschaftstoiletten, Duschen und Küchen sind heute nicht mehr zeitgemäß), neue Stromkreise (jede Wohnung getrennt mit eigenem Zähler), und ganz wichtig: Feuerschutz.

      Abgesehen davon, dass hier die Vorschriften laufend verschärft wurden: in Büros wird nicht geschlafen, die Türen sind nicht verschlossen und die Räume nicht so verwinkelt. Somit geht die Alarmierung der Leute bei Gefahr schneller und die Kontrolle, ob sich noch jemand im Gebäude aufhält, ist einfacher. Dazu breitere Flure, größere Treppenhäuser - die Räumung ist in einem Bürogebäude viel schneller durchzuführen als in einem Wohnhaus. Deswegen braucht es dann im Wohnhaus andere Rettungswege, Notausgänge etc...



      Und ein knapp 60 Jahre altes und schon 7 Jahre leerstehendes Bürogebäude dürfte auch umwelttechnisch (Stichworte Heizung und Wärmedämmung) auf völlig veraltetem Stand sein.



      Insgesamt gesehen ist da ein Neubau wohl deutlich billiger und besser.

      • @Offebacher:

        da bürobauten i.d.r aus stützen-plattensystemen mit nichttragenden wänden bestehen und viele davon über installationsböden bzw. abgehängte decken verfügen, ließen sich manche der schwierigkeiten, die sie benennen, relativ einfach bewältigen.

        dass die entfluchtungsmöglichkeiten in bürogebäuden im vergleich zu wohngebäuden sogar eher überdimensioniert sind, schreiben sie ja selbst und was die alarmanlagen angeht: jeder wohnraum hat heute ein rauchmeldesystem eingebaut, nach baunvo werden an beide gebäudekategorien mehr oder weniger diesselben harten kriterien zum brandschutz angelegt und ob wohnräume verwinkelt sind oder nicht hängt doch stark vom entwurf und der grundrisstypologie ab und ist keine zwangsläufigkeit, nur weil die berliner mietskaserne des 19. jahrhunderts das suggeriert.

        das argument mit dem alter der häuser erscheint mir nicht sehr valide: ein großteil der berliner wohnbaubestands ist zwischen 60 bis 150 jahre alt und zwischenzeitlich irgendwann mal modernisiert worden, warum also sollte das bei leerstehenden bürogebäuden nicht möglich sein.

        das größte problem scheint mir der umgang mit den fassaden zu sein, die häufig einer anderen systematik folgen.

        aber auch dafür gibt es lösungen – wie gebaute bauspiele in dt. oder der westschweiz zeigen...

        • @Pflasterstrand:

          Wenn die von Ihnen beschriebenen Nichtragenden Wände, abgehängten Decken und Installationsböden vorhanden sind, habe Sie das Problem, keine Wände einziehen zu können, die dem heutigem Standard entsprechen. Hier macht dann die Statik nicht mit. Bürogebäude aus den 60ern wurden anders gebaut als Wohngebäude von 1870 oder bis in die "Neuzeit.

          • @Tze Lu-:

            das muss sicherlich immer von fall zu fall betrachtet werden. aber natürlich besteht die möglichkeit, nichttragende wohnungtrennwände einzuziehen, die den zeitgenössischen anforderung an schall- und brandschutz genügen. ich verstehe nicht, worauf ihre behautptung gründet.

        • @Pflasterstrand:

          Lösbar ist alles, fragt sich nur, zu welchem Preis. In Offenbach hat ein Investor den Umbau eines alten Bürokomplexes zu kombinierten Wohn- und Gewerbegebäuden 2018 versucht und ist gescheitert, seit 2022 ist das eine Bauruine. Jetzt hat der nächste Investor Pläne für Studentenwohnungen, mal sehen, was daraus wird.

          Was Grundrisse angeht: ein klassisches Bürogebäude hat links und rechts vom Flur große Zimmer, und das wars. Eine Tür vom Büro zum Flur. Eine klassische Wohnung in einem Mehrfamilienhaus oder einer Wohnanlage hat hinter der verschlossenen Wohnungstür einen Flur, von dem die anderen Zimmer (Schlafzimmer, Bad, Küche, Wohnzimmer ...) abgehen. In jedem Büro gibt es Räumungsbeauftragte, die im Notfall die Büros abklappern sollen; Durch den Flur gehen, einen Blick in die Büros werfen und weiter zum nächsten Büro. In einem Wohngebäude geht das nicht: es gibt keine Räumungsbeauftragten, die Wohungstüren sind verschlossen, und während die Leute im Büro üblicherweise wach sind und einen Alarm hören würden, schlafen in Wohngebäuden nachts (und manchmal auch tagsüber) Menschen. Hier werden dann schon andere Forderungen an den Brandschutz, an Warnanlagen oder Rettungswege gestellt (nicht nur wie groß und breit, sondern auch wie lange Feuer- und vor allem rauchsicher).



          Sie müssen auch jede einzelne Wohnung "entrauchen" können, Bürogebäude sind nicht so kleinteilig, da geht dies einfacher.

          • @Offebacher:

            die beschreibung "klassischer" büros und wohnungen läuft ersten an der real existierenden vielfalt von wohnformen vorbei und widerspricht zweitens nicht meinen oben geäußerten argumenten zur grundrissflexibilität von gebauden in stützen-plattenbauweise.

            ihre vorstellungen zur räumung brennender gebäude sind interessatn, für die plaungsrechtliche genehmigungsfähigkeit sind jedoch eher die bestimmungen des baugb und der baunvo relevant.







            sie müssen wohnungen nicht einzeln "entrauchen" können. sie müssen dafür sorgen, dass für jede wohnung zwei bauliche rettungswege existieren

            ich habe den eindruck, wir reden aneinander vorbei.

  • Durch Mietobergrenzen wird kein zusätzlicher Wohnraum geschaffen oder besser genutzt. Wenn sich der Wohnraum künstlich verbilligt wird eher mehr Wohnraum gemietet, von Menschen, die es sich dann leiten können.

    Zweitwohungen werden sich kaum verbieten lassen, da diese konkret benötigt werden (in der Regel aus beruflichen Gründen).

    Zielführend wären allenfalls Belegungsobergrenzen für Mietwohungen in Mangelgegenden.

    • @DiMa:

      Mietobergrenzen schaffen tausende von bezahlbaren Wohnungen.

      Zweitwohnungen "benötigt" kein Mensch. Sie sind eine verzichtbare Annehmlichkeit.

      Belegungsobergrenzen lösen das Problem großer Haushalte, die keinen geeigneten, bezahlbaren Wohnungen finden nicht, sondern verschärfen es in der aktuellen Situation zusätzlich.

      • @Pflasterstrand:

        Ebend, der Wohnraum wirs bezahlbar. Mein Schwager hat sich im Zeiten des Mietendeckels als Single eine 120 qm Wohnung im bester Lage angemietet. Fitness- und Hobbyraum inklusive. Bei günstigen Mieten wird sich der Vermieter weiterhin für den solventesten Bewerber entscheiden und der nutzt das Überangebot dann natürlich.

        Und wenn man einen Familienwohnsitz in Buchsdehude hat und unter der Woche in Berlin arbeitet, wird man ganz bestimmt nicht das Häuschen jwd verkaufen oder dauerhaft in Berlin im Hotel unterkommen.

        • @DiMa:

          ihr solventer schwager ist eine schöne anekdote fürs anekdotenbuch, aber jenseits des anekdotischen gilt es doch festzuhalten: bis in die 1980er jahre hinein gab es bundesweite kappungsgrenzen für mietwohnraum, und wohnen war für breite bevölkerungsschichten bezahlbar. dann kamen in den 1990er und 2000er jhren die die privatisierungswellen und die finanzialisierung des wohnungswesens, es folgten anfang der 2010er jahre die finanz- und eurokrise, die milliarden als privates anlagekapital auf den bereits in großen teilen privatisierten berlinerwohnungsmarkt spülten und jetzt schauen breite bevölkerungsschichten dort in die röhre.

          wenn sie mal hochrechnen, wie viele familienwohnsitze in buchsdehude et. al. es so gibt, von denen menschen täglich den weiten weg auf sich nehmen um in berlin zu arbeiten, dann werden sie merken, dass ihr argument weder hand noch fuß hat. aber ja, tatsächlich: selbst wenn es derer zehntausende wären, so braucht doch kein mensch einen zweitwohnsitz in berlin. diese menschen könnten doch super in den von Ihnen hochgeschätzen neu hochgezogenen kurzzeitwohnburgen a la "the circus" unterkommen.

          haben sie denn ein paar belastbare statistische daten zu ihren geschichten? das wäre sehr hilfreich...

          • @Pflasterstrand:

            Das Problem ist doch nicht das zu geringe Einkommen der Bürger oder die angeblich zu hohe Miete, sondern der enorme Zuwachs in den Ballungsgebieten gepaart mit dem Zuwachs des Wohnraumbedarfs des Einzelnen. In Berlin kommt erschwerend hinzu, dass immer mehr als Single leben.

            Dies führt zu einer Verringerung des Angebotes und damit zu einer Steigerung der Miete.

            Begrenze ich die Höhe der Miete, bekomme ich a) weder mehr Wohnraum, noch schränke ich b) die Auswahl des Vermieters in irgendeiner Form ein. Das Wohnraumproblem wird damit überhaupt nicht gelöst. Die Höhe der Miete ist nicht das Problem, sondern lediglich die Folge oben stehender Entwicklungen.

            Zur Statistik:



            Einwohnerentwicklung: www.demografie-por...gszahl-berlin.html



            Wohnfläche pro Kopf: www.faz.net/aktuel...-hat-18998105.html

            Sie beheben nicht die Ursache eines Problems, indem Sie lediglich eine Folge bekämpfen. Die müssen schon ran an die Ursachen.

            • @DiMa:

              "Sie müssen ran an die Ursachen". Endlich mal ein guter Vorschlag! Ich fürchte nur, dass wir darunter wieder sehr verschiedene Dinge verstehen. Ich würde mich ja an Ihrer Stelle mal mit der Frage der Kapitalverhältnisse beschäftigen. Denn alles, was sie für Ursachen der Wohnungskrise halten, sind sind lediglich Symptome einer auf kapitalistischen Eigentumsverhältnissen beruhenden Wohnungswirtschaft, die exklusive Zugangsrechte zu einem nicht reproduzierbaren Gut (Grund und Boden) definiert und deren Wirkungszusammenhang sie fälschlicherweise für ein Naturverhältnis halten: Die Miete steigt bei Verringerung des Angebotes nämlich nur dort, wo ein privates Verwertungsrecht an Wohnraum besteht. In den Genossenschaften oder den Beständen der landeseigenen Wohnungsunternehmen begründet sich aus einer Angebotsverknappung keine Mietsteigerung. Spätestens da wird dann deutlich, das Sie eine falsche Ableitung unternommen haben.

              Ich bin übrigens auch der Meinung, dass mehr Wohnraum gebaut werden muss, allerdings sollte das eben bezahlbarer Wohnraum sein. Davon sollten sie sich allerdings keinen trickle-down-Effekt versprechen, der die Kostensituation im Bestand entschärft. Solche Vorstellungen sind wirklich Hirngespinste.

              Ich hatte gehofft, dass Sie Statistiken zu den tausendfachen Pendlerbewegungen aus weit entfernten Gegenden nach Berlin liefern, die eine Zweitwohung unumgebar erscheinen lassen. Oder zur Zahl der Mietwohnungen, die während der kurzen Geltungsdauer des Mietendeckels an solvente Mieter*innen vermietet wurden. Einfach, damit mal eine statistische Belastbarkeit an die Stelle des Anekdotischen tritt.

              Nach der demografischen Entwicklung oder dem Pro-Kopf-Verbrauch an qm (der übrigens nicht durch Belegungsobergrenzen, sondern nur durch deren Gegenteil angegangen werden könnte) habe ich nicht gefragt.

              • @Pflasterstrand:

                Nochmals, die Höhe der Miete ist nicht das Problem (siehe bereits mein ursprünglicher Beitrag), sondern der knappe Wohnraum. Der wird nicht mehr, wenn die Höhe der Miete sinkt (sondern wie dargelegt eher das Gegenteil). Eine Absenkung der Mieten mag schön und gut sein für Haushalte, die heute "zu viel bezahlen". Dadurch wird der vorhandene Wohnraum jedoch nicht besser genutzt.

                Die Entfernung bei Zweithaushalten wird schlichtweg statistisch nicht erfasst und auch nicht die Fehlentwicklungen des Mietendeckels, was jedoch nicht bedeutet, dass es sie nicht gibt.

                Und selbstverständlich wird die Überbelegung von Mietwohnraum durch Fehlbelegungsabgaben gesteuert. Wenn für jeden qm über einer bestimmten Fläche pro Person eine Abgabe von 5 bis 10 Euro zu zahlen ist, gibt es ganz schnell eine entsprechende Marktbewegung. Die Einnahmen aus der Abgabe können dann gerne im sozialen Wohnungsbau eingesetzt werden. Von Mietern für Mieter.

          • @Pflasterstrand:

            Hab trotz Ihrer Ausführungen noch nicht begriffen, wie Mietobergrenzen "tausende" von Wohnungen herzaubern.

            • @Tze Lu-:

              Sie müssen einfach genau lesen, dann verstehen sie es: "Mietobergrenzen schaffen tausende von bezahlbaren Wohnungen". Das bedeutet: Aus tausenden von Wohnungen, die vorher unbezahlbar waren, werden tausende von Wohnungen, die nun bezahlbar sind.

              • @Pflasterstrand:

                Die Frage der Bezahlbarkeit des Wohnraumes ist nicht das Thema des von mir eröffneten Threads. Wie bereits im ersten, dieser Diskussion zugrunde liegenden Beitrag dargelegt, geht es darum, dass durch die vom Autoren genannten Maßnahmen überhaupt kein zusätzlicher Wohnraum entsteht und dass sich im Falle der Verbilligung Fehlentwicklungen gefördert werden, wodurch der vorhandene Wohnraum durch weniger Menschen genutzt werden wird.