Pro- und antirussische Demos in Berlin: Kein Autofahren für Putin-Freunde
Ein prorussischer Autokorso am Sonntag wurde abgesagt. Exilrussen hatten zu Gegenprotesten aufgerufen.
Berlin taz | Ein für Sonntag angekündigter Autokorso von Putin-Anhängern durch Berlin fand nicht statt. Auch bereits erfolgte Anmeldungen solcher Korsos für die kommenden Sonntage wurden zurückgezogen. Vor drei Wochen waren 900 Menschen mit 450 Autos mit russischen und sowjetischen Fahnen und kriegsverherrlichenden Symbolen von Ahrensfelde aus durch ganz Berlin in einem „Autokorso der Schande“ gefahren.
Angemeldet war der Korso am Sonntag nach Polizeiangaben vom S-Bahnhof Ahrensfelde zum Alexanderplatz mit Zwischenkundgebung am Treptower Park und einer Abschlusskundgebung an der Weltzeituhr. In sozialen Netzwerken war er beworben worden als Aktion für den Frieden, gegen Faschismus, Rassenhass, Russophobie und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine.
In der Nacht zum Sonntag hatte der Anmelder selbst, eine Einzelperson, seine Anmeldung zurückgezogen und eine Verschiebung auf die Zeit nach dem 9. Mai angekündigt. Auf Youtube begründete er das mit Sicherheitsproblemen. „Der wichtigste Grund ist, dass verschiedene Ermittlungsbehörden, Ermittlungsgruppen im Internet, straftatsuchende Gruppen usw. uns haben Informationen zukommen lassen, dass seitens ukrainischer Gruppen, ukrainischer Bürger (…) sehr viel Provokationen betrieben wird bis hin zu Molotowcocktails, bis hin zu Morddrohungen.“
Für die Berliner Polizei weist Sprecher Hartmut Paeth solch eine Bedrohungsinformation zurück. „Vielmehr haben wir dem Anmelder Auflagenbeschränkungen gemacht. Dagegen hat er vor Gericht geklagt. Nachdem das Gericht seine Klage zurückgewiesen hatte, erfolgte in der Nacht zum Sonntag der Rückzug der Anmeldung.“ Verboten hat die Polizei eine ganze Liste: Es durften keine Uniformen oder Uniformteile getragen, keine sowjetischen Fahnen oder Fahnen der sogenannten Volksrepubliken gezeigt werden. Verboten war auch das Georgsband, eine militärische Auszeichnung aus dem Zarenreich, die heute als Unterstützung des militärischen Kurses Putins dient und an dem sich Putin-Anhänger auch in Deutschland gegenseitig erkennen. Damit waren den Putin-Anhängern sämtliche identitätsstiftenden Darstellungen untersagt mit Ausnahme der russischen Staatsflagge. Das Zeigen von Flaggen von Staaten, zu denen Deutschland diplomatische Beziehungen hat, kann man nicht verbieten.
Die exilrussische Gruppe Demokrati-Ja (Demokratie-Ich) hatte zu Gegenkundgebungen in Ahrensfelde und an der Weltzeituhr aufgerufen. Die fanden trotz Absage des Autokorsos statt. Polizei und Veranstalter gaben die Teilnehmerzahlen übereinstimmend mit „jeweils mehr als 100“ an.
Demokrati-Ja organisiert für den 8. und 9. Mai ein zweitägiges Gedenken am Sowjetischen Ehrenmal am Tiergarten. „Das Gedenken an die gefallenen Soldaten und die anderen Opfer des Zweiten Weltkrieges wollen wir nicht den Putinisten und den offiziellen Vertretern des russischen Staates überlassen“, sagt eine Sprecherin der taz.
Leser*innenkommentare
Machiavelli
Auto-Korsos generell verbieten für Demos, Hochzeiten, Fußball whatever das ist idiotisch und in Zeiten des Klimawandels einfach nur verantwortungslos. Wer demonstrieren will soll das zu Fuß tun, ist eh gesünder.
Mirko Klemm
Ein Autokorso hat aus Sicht der Veranstalter*innen den Vorteil, dass die Breitenwirkung bei einer kleinen Teilnehmer*innenzahl sehr viel größer ist, als bei einer Demo zu Fuß oder einer Kundgebung.
300 Autos können ganze Landstriche lahmlegen, 300 Leute auf irgendeinem Platz in einer Stadt sehen aber mickrig aus. Das ist den Leuten, die so etwas organisieren, durchaus bewusst.
Und ich frage mich, warum das bisher in dieser Form überhaupt erlaubt wurde. Das Versammlungsrecht gilt meiner Kenntnis nach ja nicht für Autos, sondern nur für Menschen. Man hatte also auch durchaus schon viel früher darauf bestehen können, dass solche Demos nur zu Fuß stattfinden. Da wäre der Eindruck doch deutlich anders gewesen.
nzuli sana
In Bremen hat die Einzelne Privatperson den Auto-Korso zum 9. Mai auch abgesagt. Weil der Vorschlag vom Ordnungsamt mit einer Kundgebung nicht so toll wäre. und weil es 2 Gegendemos gibt: eine russische und eine ukrainische.
Spannend!