Pro & Contra zum Radweg am Elbstrand: Strand oder Strecke?
In Hamburg-Altona werden in dieser Woche die Wahlunterlagen für einen Bürgerentscheid verschickt: Für oder gegen einen Radweg auf dem Elbstrand.
In dieser Woche werden in Hamburg-Altona die Wahlunterlagen verschickt: Die Bürger*innen können für oder gegen einen Radweg auf dem Elbstrand abstimmen. Am 15. September wird entschieden. Hier schon mal die Argumente: Soll wirklich Asphalt über einen Teil des Strands?
Ja! Wir brauchen einen Radweg
Am Övelgönner Elbstrand kommt es seit Langem zu Platzproblemen, denn Radfahrer können unten am Strand nicht fahren und am oberen Weg bei den ehemaligen Lotsenhäusern dürfen sie nicht, was geflissentlich ignoriert wird. Das Problem lässt sich nur mit einem Radweg lösen.
Es ist schwierig zu verstehen, wie sich inmitten der Dieselkrise eine Opposition zu Radwegen bilden kann. Aber es wird sich quer gestellt, als müsse der Strand dafür komplett zubetoniert werden. Die Argumente gegen die 900-Meter-Strecke sind nicht stichhaltig.
Es wird behauptet, den Weg könne man nicht an der Mauer langlaufen lassen, weil die Anwohner sich dagegen sperren. Aber die Interessen der Anwohner sind den Interessen der Allgemeinheit unterzuordnen, nicht andersherum. Niemand verliert an Lebensqualität, weil unterhalb seines Gartens jemand Fahrrad fährt. Die Häuser werden nicht an Wert verlieren. Kein Anwohner wird Opfer des Radweges.
Ein weiteres Argument ist, dass der Weg den Strand wie eine Schneise durchbrechen würde. Allerdings bildet ein Weg, der eben mit dem Strand ist, keine Schneise. Der geplante Radweg wird nichts teilen, genauso wenig wie der aktuelle Betonplattenweg den Strand teilt.
Das wohl abstruseste Argument der Gegner ist, dass die Radfahrer die Erholung der Strandbesucher stören würden. An einem sonnigen Wochenende liegen Tausende Menschen an dem Strand. Sie unterhalten sich, grillen, hören Musik, gehen baden, Kinder spielen mit Sand, regelmäßig fahren große Schiffe vorbei. Es ist schwer vorstellbar, dass Fahrräder bei der Kulisse ein Störfaktor sein können.
Der Radweg würde das Verkehrsnetz erweitern und Spaziergänger bei den Lotsenhäusern davor bewahren, paranoid über die Schulter zu blicken, weil doch jemand radelt. Eine sechs Meter breite „Fahrradautobahn“ mitten auf dem Strand ist sicherlich keine geeignete Lösung, aber Kompromisse müssen gefunden und diskutiert werden. Sich vehement gegen den Radweg zu stellen, sollte mit guten Argumenten begründet werden. Aber die gibt es zurzeit bei den Gegnern nicht. Philipp Steffens
Nein! Ein Radweg macht den Strand noch schmaler
Klar, Hamburg ist nicht Rio de Janeiro und der Övelgönner Elbstrand ist nicht die Copacabana. Aber der Elbstrand ist eben das, was es hier im mittleren Norden so an Strand gibt, und dafür ist er gar nicht mal so schlecht. Immerhin: Man kann im Sand liegen und baden, während die Schiffe langsam an einem vorbeiziehen. Das macht schon ganz schön viel Lebensqualität aus.
Leider ist der Strand ziemlich schmal und wenn die Flut kommt, bleibt kaum etwas übrig vom trockenen Sand. Den ohnehin schmal Sandstreifen nochmals zu verkleinern, indem man einen Betonstreifen drauf klatscht, nur damit Radfahrer*innen schneller von A nach B kommen, ist die dümmste Idee seit langem. Wieso können die nicht die Elbchaussee entlang fahren? Die Sache ist doch klar: Oben die Straße, unten der Strand.
Das Argument, Övelgönne sei die einzige Stelle, an der der europäische Elberadweg, der von Tschechien nach Cuxhaven führt, unterbrochen wird, ist das Überflüssigste aller Argumente. Wofür ist es wichtig, dass der 1.250 Kilometer lange Radweg keine Lücke aufweist? Wie schlimm ist es, mal abzusteigen und 900 Meter zu schieben? Und wie oft nutzen die Radweg-Befürworter*innen den europäischen Elberadweg? Alle paar Jahre, ein Mal im Jahr?
Die Pendler*innen, die im Westen wohnen und in der Innenstadt arbeiten, pendeln ohnehin nicht mit dem Fahrrad. Das würden sie auch nicht, wenn sie am Wasser entlang fahren könnten, denn das wäre ganz schön nervig. Ständig würden ihnen Kinder und Hunde vor das Rad laufen, Menschen im Weg stehen oder sitzen, der Weg wäre sandig und manchmal voller Scherben – so ist das halt an belebten Orten. Schnell vorankommen würde man weiterhin nur auf der Elbchaussee.
Oder man steigt eben ab und schiebt den kleinen Weg vor den Lotsenhäuschen entlang. Das nervt Spaziergänger*innen und Anwohner*innen? Tja. Das Leben in der Großstadt ist schon hart. Aber hier ein Tipp zur Entspannung: Wenn das nächste Mal die Sonne scheint, kaufen Sie sich ein Alsterwasser und legen Sie sich an den Elbstrand. Das kann Wunder wirken. Katharina Schipkowski
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund