Private Unterbringung von Flüchtlingen: „Ein gutes und warmherziges Signal“
Wer Flüchtlinge aufnehmen will, steht vor hohen Hürden. Für den Vorschlag, diese abzubauen, erhält CDU-Mann Patzelt viel Unterstützung.
BERLIN taz | Für seinen Appell, notleidende Bürgerkriegsflüchtlinge auch in Privathaushalten aufzunehmen, erhält der Brandenburger CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt viel Zuspruch aus anderen Parteien. Wer ein ungenutztes Gästezimmer oder ein nicht mehr benötigtes Kinderzimmer besitze, solle darüber nachdenken, ob er darin nicht Flüchtlinge einquartiere, hatte der ehemalige Oberbürgermeister von Frankfurt an der Oder vorgeschlagen. Dies müsse aber „im Einvernehmen mit der Ausländerbehörde“ geschehen, betonte Patzelt am Dienstag gegenüber der taz.
Sein Vorschlag beinhaltet, dass sich der Staat aus der Finanzierung privat untergebrachter Flüchtlinge nicht mehr zurückziehe, sondern weiter für den Unterhalt und die Gesundheitsversorgung aufkomme.
In diesem Jahr haben bis zum vorigen Monat bereits über 97.000 Menschen in Deutschland einen Asylantrag gestellt – so viele wie seit den Neunzigerjahren nicht mehr. Die Asylsuchenden können ihren Wohnort dabei nicht frei wählen, sondern werden zentral auf die einzelnen Bundesländer verteilt. Die Kommunen kommen kaum hinterher, neue Unterkünfte zu schaffen. Die jüngste Ankündigung der Stadt Duisburg, Flüchtlinge in Zelten unterzubringen, hatte Partzelt empört.
Eine Debatte über die private Unterbringung von Flüchtlingen gab es in Deutschland zuletzt während des Bosnienkriegs in den 1990er Jahre. Einem Aufruf des Vereins „Den Krieg überleben“ folgten damals Tausende Privatpersonen, die sich jedoch verpflichten mussten, für sämtliche anfallende Kosten aufzukommen. Insgesamt konnten damals 8.000 Bürgerkriegsflüchtlinge so in Sicherheit gebracht werden.
Unterstützung von Aydan Özoguz
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), begrüßt Patzels Vorschlag als „tolles Zeichen für Menschlichkeit und Empathie“. Grundsätzlich sei es schon jetzt in einigen Bundesländern möglich, dass Bürgerinnen und Bürger sich auf diese Weise engagieren, sagte sie der taz.
„Man darf aber nicht vergessen, dass es hierfür Regeln gibt, die erfüllt sein müssen.“ Sollten die Privatpersonen Miete verlangen, so müsse die Wohnung geeignet sein und sich im Rahmen der Kosten bewegen, die das Sozialamt erstattet. „Und ganz wichtig: Es muss ausgeschlossen sein, dass hier jemand mit der Unterbringung von Flüchtlingen Geschäfte machen kann“, erklärte die Staatsministerin.
Auch die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, nennt Patzelts Vorschlag „ein gutes und warmherziges Signal“. Aber: „Ein Ersatz für die Schaffung humaner Aufnahmebedingungen kann das nicht sein“, sagte sie der taz. Wegen der Verteilung von Flüchtlingen auf die Bundesländer sei es noch immer viel zu kompliziert, sie etwa bei Verwandten in Deutschland unterzubringen. „Vor allem an diesem Punkt sind deutliche Erleichterungen überfällig.“
Eine temporäre Unterbringung bei Privatleuten sei auch keine Patentlösung, betont Bernd Mesovic von Pro Asyl. „Wir müssen weg von den Provisorien und Notbehelfen, hin zu dauerhaften Lösungen. Denn ein großer Teil der Flüchtlinge wird auf Dauer hier bleiben“, prophezeit er.
„Langfristig führt kein Weg daran vorbei, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren“, so Mesovic. Sein Verband habe in letzter Zeit häufiger Anfragen von Bürgern erhalten, die Flüchtlinge bei sich unterbringen wollen. „Abraten würden wir niemanden davon", sagte Mesovic der taz, empfiehlt aber den Abschluss eines Mietvertrages.
Nur mit Billigung, nur bei Kostenübernahme
Luise Amtsberg, die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, bezeichnet den Vorstoß von Patzelt als „sehr sympathisch“, sagt aber: „Der Staat trägt die Verantwortung für die Sicherheit und das Wohlergehen der Flüchtlinge, er muss für ihre medizinische Versorgung und Angebote wie Sprachkurse sorgen.“
Menschen, die Flüchtlingen helfen wollen, sollte man aber bestärken, sagt sie, und fordert ein Konzept zur privaten Aufnahme von Flüchtlingen, um die rechtlichen Fragen, die damit verbunden sind, zu regeln. „Der Staat sollte auch Strukturen schaffen, um die Leute zusammenzubringen“, schlägt sie vor. Mit ihrem CDU-Bundestagskollegen Martin Patzelt will sie sich demnächst treffen, um sich auszutauschen.
Patzelt selbst hat im vergangenen Jahr zwei nigerianische Frauen und deren Kinder vom Berliner Oranienplatz kurzzeitig bei sich zu Hause im brandenburgischen Briesen aufgenommen. Er fordert, die Verwaltungsvorschriften so zu verändern, dass die Ausländerbehörden den Lebensunterhalt und die Kosten der Krankenversicherung der Flüchtlinge übernehmen. Dann würde er wieder Platz zur Verfügung stellen. Dafür plant Patzelt nach der Sommerpause mit seinen Kollegen im Bundestag ins Gespräch zu kommen.
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