Preis der Ludwig-Erhard-Stiftung: Merz lehnt Auszeichnung ab
Der ehemalige CDU-Spitzenmann Friedrich Merz will den Preis der Ludwig-Erhard-Stiftung nicht. Er will sich wohl nicht mit Roland Tichy sehen lassen.
Mit Provokationen am rechten Rand des politischen Spektrums hatte Friedrich Merz in der Vergangenheit kein allzu großes Problem: Als CDU-Bundestagsabgeordneter hat er schon im Jahr 2000 vor der „Integrationsunwilligkeit“ von Muslimen gewarnt, im Jahr 2008 plädierte er für einen Hartz-IV-Satz von 132 Euro.
Dem rassistischen US-Präsidenten Donald Trump traute Merz, der sich 2009 aus der Politik zurückgezogen hat und seitdem als Anwalt, Finanzmanager und Lobbyist tätig ist, noch Ende letzten Jahres „positive Überraschungen“ zu. Und in diesem Jahr griff der ehemalige CDU-Spitzenmann die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel als „keine besonders überlegte“ Position an.
Doch auch ein Friedrich Merz hat beim Populismus offenbar Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Das wurde deutlich, als ihm der Preis der Ludwig-Erhard-Stiftung zugesprochen wurde. Die ist zwar benannt nach dem ordoliberalen ehemaligen CDU-Kanzler, wird aber seit 2014 von Roland Tichy geleitet, der auf seinem Blog Tichys Einblick regelmäßig rechtspopulistische Thesen im AfD-Jargon verbreitet. Nach einiger Bedenkzeit habe Merz den Preis abgelehnt, bestätigten mehrere Mitglieder der Jury der taz – und zwar wegen des Stiftungsvorsitzenden Roland Tichy.
Über die Ablehnung des Preises hatte am Montag zuerst das Handelsblatt berichtet. In einer E-Mail der Jury, aus der die Zeitung zitiert, heißt es, Merz habe erklärt, dass er „nicht mit dem Vorsitzenden der Stiftung auf einer Bühne auftreten wolle“. Das wurde der taz aus der Jury bestätigt. Merz selber äußerte sich nicht zu dem Streit. Über seine Beweggründe kann darum nur spekuliert werden. Neben inhaltlicher Distanz zu den rechten Thesen Tichys dürfte auch die Sorge um die Reputation der Unternehmen eine Rolle gespielt haben, für die Merz arbeitet.
Weitreichende Folgen für die Stiftung
Der 62-jährige Sauerländer ist Aufsichtsratschef der Deutschlandtochter des US-Investmenthauses Blackrock, des größten Vermögensverwalters der Welt. Daneben gehört er dem Aufsichtsrat der HSBC-Bank an und vertritt als „Senior Counsel“ der internationalen Anwaltskanzlei Mayer Brown zahlreiche Konzerne. Eine Nähe zu Nationalpopulisten dürfte in diesen Kreisen nicht zwingend hilfreich sein.
Weitreichende Folgen hat die Preisverweigerung durch Merz für die Ludwig-Erhard-Stiftung selbst: Als Konsequenz traten fünf von zehn Jurymitgliedern zurück. Die Journalisten Rainer Hank (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung), Nikolaus Piper (Süddeutsche Zeitung), Ursula Weidenfeld (früher Tagesspiegel, jetzt freiberuflich) und Ralf-Dieter Brunowsky (früher Capital) sowie der Leiter der Kölner Journalistenschule, Ulric Papendick, wollen das Amt künftig nicht mehr ausüben.
Dass ein so idealtypischer Erhard-Preisträger wie Friedrich Merz die Ehrung wegen des umstrittenen Vorsitzenden ablehne, delegitimiere die Arbeit der Jury, hieß es. Eine offizielle Äußerung der Ausgetretenen gibt es derzeit nicht; an diesem Dienstag ist in Bonn eine Aussprache vorgesehen.
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