Präsidentschaftskandidaten in Frankreich: Hoffnungsträger der Sozialisten
Bei den Sozialisten zieht Benoît Hamon gegen Manuel Valls in die interne Stichwahl. Mit ihm drängt eine neue Generation in die Parteiführung.
Harmlos wie ein daherflatternder Schmetterling sieht der Überraschungssieger der ersten Runde bei den Vorwahlen der französischen Sozialisten zwar nicht aus, doch man hatte ihn bestimmt unterschätzt, und so schmerzhaft wie ein Bienenstich muss es für Manuel Valls sein, von diesem vermeintlichen Außenseiter auf den zweiten Platz verwiesen zu werden.
Hamon hat seine Kampagne nach dem Motto des Schwergewichtsboxers geplant. Die wenigsten hätten ihm noch vor zwei Wochen eine Chance gegeben, es am kommenden Sonntag auch nur in die Stichwahl zu schaffen. Doch im Unterschied zu den übrigen sechs Konkurrenten hat er in den Fernsehdebatten überzeugt.
Hamon kommt aus Saint-Renan bei Brest in der Bretagne, wo es sein Vater vom einfachen Arbeiter bis zum Ingenieur gebracht hatte. Noch als Student der Geschichte trat er den Sozialisten bei. Trotz Differenzen stieg Hamon als Spezialist für Jugendfragen in die Parteispitze auf. Nach der Wahl von Präsident Hollande wurde er delegierter Minister für Konsum und solidarische Wirtschaft, und 2014 für ein paar Monate Erziehungsminister, bevor er aus der Regierung ausschied.
Der 49 Jahre alte Hamon gehört zu dieser Kategorie französischer Politiker, die davon überzeugt sind, dass sie eines Tages ganz groß herauskommen müssen. In seiner Partei wurde der „kleine Benoît“ dabei meistens unterschätzt. Er hat es verstanden, dies in einen taktischen Vorteil zu verwandeln. Neben dem viel prominenteren Arnaud Montebourg galt auch er stets als Vertreter des linken Flügels.
Im Unterschied zu Montebourg ist es Hamon jedoch gelungen, mit neuen Ideen wie dem Vorschlag eines Grundeinkommens oder seinem Umweltengagement zu punkten.
Wahrscheinlich weiß auch Hamon, dass er diese Wahl kaum gewinnen kann. Mit ihm drängt jedoch eine neue Generation an die Parteiführung. Auch wäre es nicht das erste Mal, dass ein Kandidat eine Niederlage zuletzt doch noch in eine Etappe auf dem Weg zur Macht verwandelt. Das hatten sowohl François Mitterrand als auch Jacques Chirac vorgemacht, die beide erst beim dritten Anlauf Präsident wurden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit