Stichwahl der Sozialisten: Kandidaten mit echten Alternativen
Manuel Valls? Benoît Hamon? Beim Fernsehduell vor der Stichwahl am Sonntag zeigen sich klare Unterschiede zwischen den Sozialisten.
Hamon vom linken Flügel ist für ein universelles Grundeinkommen und die Teilung der Arbeit, die mit der digitalen Revolution nicht wachsen werde. Valls plädiert „pragmatisch“ für eine „Gesellschaft der Arbeit“ und der Kaufkraft. Hamon ist für das Recht, ein islamisches Kopftuch zu tragen. Valls für eine strikte Laizität, um die Geschlechtergleichheit gegen den politischen Islam der Salafisten zu verteidigen.
Valls möchte Solidarität und Haushaltsdisziplin kombinieren, Hamon sieht in der Defizitbekämpfung keine Priorität. Laut einer Umfrage empfanden die Zuschauer Hamon als überzeugender. Er gilt als Favorit. Doch Valls scheint einer Mehrheit eher das Format eines Staatschefs zu haben.
Der Sieger soll danach am 23. April die derzeitige Regierungspartei bei den Präsidentschaftswahlen als Kandidat repräsentieren. Anders als 2011, als François Hollande bei einer solchen Selektion das Rennen machte und danach die Präsidentenwahl 2012 gewann, ist heute von einem solchen Optimismus wenig zu spüren. Statt zu mobilisieren, scheinen diese Vorwahlen zu demoralisieren.
Das hängt nicht nur damit zusammen, dass alle Umfragen der Parti Socialiste eine Wahlschlappe voraussagen und erwarten lassen, dass ihr Kandidat – sei es Valls oder Hamon – bei den Wahlen im Frühling hoffnungslos abgeschlagen auf dem vierten oder fünften Platz landen werde.
Das ist nicht sehr motivierend und erklärt die vergleichsweise schwache Beteiligung beim ersten Wahlgang und das relativ geringe Interesse für die Fernsehdebatten dieser linken Kandidaten. Verantwortlich für das miese Klima sind die Sozialisten selber. Die Organisatoren haben zusätzlich Misstrauen geschaffen mit einem chaotischen Ablauf des ersten Durchgangs am letzten Sonntag.
Erst vier Tage später waren die Verantwortlichen in der Lage, eine „offizielle“ Zahl der TeilnehmerInnen zu nennen. Noch am Montag gab es völlig unterschiedliche Angaben. Die Zahlenakrobatik mit prozentualen Anteilen und angeblich ausgezählten Stimmen weckte unweigerlich den Verdacht, dass da jemand die Teilnehmerzahl künstlich aufblähen wolle, um dem Ganzen mehr Gewicht und Legitimität zu geben.
Am Wahlabend war von zwei Millionen Abstimmenden die Rede, schließlich waren es nun aber 1.655.919. Das Misstrauen ist damit nicht aus der Welt, es könnte manche sogar davon abhalten, bei dieser Stichwahl noch einmal mitzumachen.
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