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Präsidentschaftskandidat Joe BidenKandidat Kellerkind

Dank Corona kann Joe Biden keinen Wahlkampf führen, sondern sitzt zu Hause. Und jetzt gibt es neue Indizien für frühere sexuelle Übergriffe.

Wo Biden eigentlich gerade wäre: auf den ganz großen Bühnen Foto: Charlie Neibergall/ap

In normalen Zeiten wäre Joe Biden, der designierte Kandidat der US-Demokrat*innen für die Präsidentschaftswahl Anfang November, jetzt auf Wahlkampftour. Er würde nach dem Verzicht seines letzten verbliebenen Kontrahenten, Bernie Sanders, eine Siegesrunde durch verschiedene Bundesstaaten drehen und Spenden einsammeln. Er würde so viele Hände schütteln wie möglich. Er würde auf großen Bühnen unter lautem Jubel die Unterstützung ehemaliger Kon­kurrent*innen entgegennehmen.

Vielleicht würde er einige europäische Hauptstädte besuchen, um sich auf internationalem Parkett als Staatsmann zu präsentieren. Und er würde sich genau überlegen, wie die Nominierung einer Vizepräsidentschaftskandidatin – Biden hat schon vor Wochen angekündigt, es werde eine Frau – möglichst spektakulär zu inszenieren wäre, um so viel Fernsehberichterstattung zu generieren wie irgend möglich.

Aber nichts ist normal. Joe Biden, 77, zur Risikogruppe für die Covid-19-Krankheit gehörend, geht nirgendwo hin. Er sitzt im Keller seines Landhauses, den er leidlich als Studio für Interviews und Videokonferenzen hergerichtet hat. Zwei seiner Enkelkinder, die nicht weit weg wohnen, kommen ab und an vorbei und er unterhält sich von der Veranda aus mit ihnen, auf Abstand.

In der Berichterstattung der Medien taucht Biden fast überhaupt nicht auf. Die Coronakrise ist die Zeit der Exekutive, und im direkten Vergleich mit dem US-Präsidenten ist der Anteil an Sendeminuten derzeit 9:1 für Donald Trump. Mit dem für Biden nicht wirklich schmeichelhaften Ergebnis, dass er in den Umfragen in wichtigen Swing States wie Pennsylvania, Michigan und Florida eine deutliche Führung vor Trump aufgebaut hat. Wenn Biden still ist, kann er gewinnen.

Bedrängt und zwischen die Beine gefasst

Da kommt die Nachricht davon, dass sich Berichte über sexuelle Übergriffe des damaligen Senators Biden im Jahr 1993 erhärten, nicht so gut. Tara Reade, damals 29, hatte zwischen 1992 und 1993 im Stab des damaligen Senators Joe Biden in Kalifornien gearbeitet. Im März dieses Jahres berichtete sie, Biden habe sie damals bedrängt, sich an ihr gerieben, sie zwischen die Beine gefasst. Schließlich wurde sie gefeuert. Bidens Wahlkampfteam wies die Vorwürfe rundheraus zurück – nichts von alldem sei wahr. Biden selbst hat sich bisher nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert.

Tara Reade ­­berich­tete, Biden habe sie 1993 bedrängt

Aber zumindest für Tara Reade – bis heute Mitglied der Demokratischen Partei, aktiv in verschiedenen NGOs und Expertin für häusliche Gewalt – waren die Ereignisse real. Sie sagt jetzt, unmittelbar danach ihrer Mutter davon erzählt zu haben. Die, eine engagierte Feministin, habe ihr geraten, zur Polizei zu gehen, was Reade aber nicht wollte. Und auch an die Presse wollte sie sich nicht wenden. Die Geschichte konnte zunächst nicht bestätigt werden: Reades Mutter starb vor einigen Jahren.

Jetzt aber tauchte, angeregt durch Reades Erinnerungen und nach Recherchen des Enthüllungsmagazins The Intercept, ein Video aus der damals auf CNN ausgestrahlten „Larry King Show“ auf. Eine anonyme Anruferin berichtet in der Sendung mit dem Thema „Grausames Washington“ über das Dilemma ihrer Tochter, der im Büro eines prominenten Senators Schlimmes widerfahren sei. Was man denn anderes tun könne, als zur Presse zu gehen, wollte die Frau wissen. Es war Tara Reades Mutter. Und auch eine ehemalige Nachbarin erinnert sich jetzt, 1995, zwei Jahre nach den Ereignissen, darüber mit Reade gesprochen zu haben.

Unter normalen Umständen wäre das jetzt ein Riesenthema. Die Biden-Kampagne würde alles daran setzen, den Vorwurf schnell vom Tisch zu bekommen, damit er schon zum Nominierungsparteitag (vermutlich) im August, erst recht aber im November, kein Thema mehr ist. Die Republikaner, ausgerechnet mit einem Kandidaten Trump, dem selbst sexuelle Übergriffe in viel größerem Maßstab zugeschrieben werden, würden die Grenzen testen, bis zu denen sie die Geschichte ausnutzen können.

Aber nichts ist normal in diesem Zeiten. Biden sitzt weiter in seinem Keller. Und Trump redet sich um Kopf und Kragen.

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23 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wenn die Demokraten schlau sind, senden sie ab ende des Lockdowns bis zur Wahl auf allen Kanälen, die von potenziellen Trump-Wählern geschaut werden, stückchenweise ein "Best Of" von Trumps peinlichsten Auftritten und gröbsten Fehleinschätzungen während der Coronakrise. Garniert man das dann noch mit einem kleinen Wink für die Zukunft, z. B. etwas wie "Donald Trump ist überzeugt, dass er in der Krise sein Bestes gegeben hat - wir auch.", lässt sich das noch eine ganze Weile melken. Joe Biden muss erst wieder auf der Bühne erscheinen, wenn Trump in ruhigerem Fahrwasser ist und sich nicht mehr täglich einmal selbst versenkt.

    Und genau das dürfte auch die Strategie sein, die Biden mit den Missbrauchsvorwürfen fährt: Jetzt lieber alle Bälle flachhalten und nach einem ruhigen Ausgang suchen, derweil Trump als bestes Argument für Biden arbeiten lassen. Trump hat auch seinen "Grab'em by the pussy"-Skandal überstanden, indem er ihn einfach lang genug hat laufen lassen, bis er yesterday's news war.

  • Wer erinnert sich noch an den Aufschrei unter den Demokraten als Trumps "Grab them by the pussy" öffentlich wurde. Und nun stellt diese Partei einen Kandidaten auf, der seine weiblichen Angestellten tatsächlich dort berührt hat. Doch Biden hat damit nie geprahlt, sondern einfach nur darüber geschwiegen. Und das ist dann auch schon der Hauptunterschied zwischen Demokraten und Republikanern. Es sind nicht die verwerflichen Handlungen, sondern wie darüber gesprochen wird.

  • Armes US Amerika, das die Wahl hat zwischen Pest oder Cholera.

  • Sorry, aber das hier ist nur eine Turnübung die dabei herauskommt, wenn man als jemand gelten will, der solche Vorwürfe ernst nimmt, auch sie ihm nicht passen.

  • Super. Am Besten jetzt ein Riesenthema daraus machen, um den presidential pussy grapper womöglich noch im Amt zu halten. Manchen Leuten fehlt jegliches Gefühl für den richtigen Zeitpunkt: 17 Jahre zu spät oder 7 Monate zu früh.

    • @Eibi:

      17 Jahre? Sie meinen 27 Jahre, richtig?

    • @Eibi:

      Glauben Sie etwa, das war Ungeschick oder Zufall?

    • @Eibi:

      Man hätte vor nem Monat n Thema draus machen sollen, als die Story rausgekommen ist. Aber da musste ja sichergestellt werden, dass Bernie verliert und da konnte man nicht drüber berichten, weil ja sichergestellt werden muss, dass die ökonomische Ungleichheit weiter auseinandergetrieben wird. Die Vorwürfe gibt es nicht jetzt und das sie erst jetzt gecovert werden zeigt eindeutig, wer für die Medien, Politiker und natürlich Wirtschaftselite wirklich untragbar ist: Der Pro-Arbeiterklasse-Kandidat, nicht Donald Trump

      • @Member0815:

        Nein. Sie hätte vor 27 Jahren ein Thema daraus machen sollen (@ SAILE: danke für die Rechenhilfe ;-) Oder vor 12 Jahren, als Biden zum Vizeprasidentschaftskandidat ernannt wurde. Oder, oder, oder. Aber nicht zur Unzeit.

        • @Eibi:

          Tara Reade kann nicht darüber entscheiden ob die Medien daraus ein Thema machen. Die Vorwürfe sind jedenfalls von ihr während der 27 Jahre immer wieder erhoben worden. Es hat die Medien halt nicht interessiert. Das Opfer da zu beschuldigen ist schäbig.

        • @Eibi:

          Wie hätte das Opfer den vor 27 jahren daraus ein Thema machen können? Wie hätten den die Frauen, die von Weinstein vergewaltigt wurden ein Thema drauß machen können als er noch groß im Geschäft war? Bei solch Mächtigen Leuten braucht es schon Unterstützer in den Medien, die einem Helfen und die hat das Opfer von Biden lange Zeit nicht finden können (es wurde massiver Druck auf Institutionen ausgeübt, die ihr helfen wollten und CNN usw. wollen davon ja immer noch nix wissen)

  • "Wenn Biden still ist, kann er gewinnen."

    Man kann es auch so sehen: Wenn er Trump reden läßt, dann redet der sich um Kopf und Kragen.

  • "Die Republikaner, ausgerechnet mit einem Kandidaten Trump, dem selbst sexuelle Übergriffe in viel größerem Maßstab zugeschrieben werden"

    Ist ja Richtig, aber nur weil die Wähler von Trump das so akzeptiert haben und ihn trotzdem gewählt haben, heißt das noch lange nicht, das die Wähler der Demokraten, dass ähnlich handhaben.

    Wer aus dem liberalen Hollywood oder anderen Milieus, kann denn ohne sich selbst komplett unglaubwürdig zu machen, für so jemanden aktiv Wahlkampf machen?

    • @Sven Günther:

      "Wer aus dem liberalen Hollywood oder anderen Milieus, kann denn ohne sich selbst komplett unglaubwürdig zu machen, für so jemanden aktiv Wahlkampf machen?"

      Na, z.B. Alyssa Milano. Sie ist eine der "metoo" Initatorinnen und hat sich trotzdem bereits für Biden ausgesprochen. Und sie ist beiweiten nicht die einzige.

      Es ist wirklich unglaublich.

      So gibt es z.B. nur 9 Richter am SC. Und zwei von ihnen, Thomas und Kavanaugh, und isgesammt nicht nur sie, reiben sich angesichts dieser unfassbaren Heuchlei verwundert die Augen.

      "Belive all women"? Reine Fassade!

      Nur dazu da, um bei Bedarf den politischen Gegner restlos zu zerstören. Treffen die Anschuldigungen aber einer politischen Verbündeten, dann gilt Ruck zuck "belive all women, except........"

  • Was ist gewonnen wenn der eine Sexist/ Plutokrat einen anderen Sexisten/ Plutokraten ablöst? Deprimierend.

    • @Paul Eisenhauer:

      noch ist Biden nicht der Kandidat, die Vorwahl ist gestoppt und man er könnte auf die Kandidatur verzichten. Wird er nicht machen, weil sonst niemand Bernie besiegen konnte und niemand der für soziale Gerechtigkeit steht in der korrupten Partei akzeptiert werden würde, aber an sich wäre die Lösung einfach. Dazu müsste man aber eben als Medien den Job machen und zwar vor einem Monat, nicht erst jetzt. So alt ist die Story nämlich, aber solange Bernie im Rennen ist musste man das ja von der Öffentlichkeit geheim halten: www.youtube.com/watch?v=ZUDKM7dh1bs

  • Na Großartig, nun haben die Amerikaner die Wahl zwischen einem Sexualstraftäter und einem debilen Diktator mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung.

  • Indizien? Es war schon immer bekannt was für ein Kerl Biden ist. Die "Dems" haben sich mit massiver Ansage ein gewaltiges Eigentor geschossen. Es war schon immer klar das Biden ein leichtes Ziel für diverse Angriffe ist. Nicht nur seine offensichtliche Demenz, seine Übergriffigkeit gegenüber Frauen und die Geschichte mit der Ukraine und seinem Sohn.

    Es war klar das dies im Falle einer ernsthaften Kandidatur von Biden passieren wird. Die Reps waren nur klug genug damit zu warten bis ihre größte Gefahr aus dem Feld geräumt worden ist. Das war Sanders und der wurde wie zu erwarten mit jedem Mittel das den so genannten Demokraten "recht" ist aus dem Feld geworfen.

    Biden ist nun zum Abschuss freigeben. So wird man den Diktator Trump mit Sicherheit nicht los.

    4 more years.

    • @Megatronic:

      Genau das befürchte ich auch......

    • @Megatronic:

      Die Kirche im Dorf lassen

      Zitat @MEGATRONIC: „So wird man den Diktator Trump mit Sicherheit nicht los.“

      Bei aller Antipathie gegen den ungehobelten Trump als jemand, der (politisch) keine Manieren hat und nicht mit Messer und Gabel essen kann, und auch sonst wohl nicht alle Tassen im Schrank hat, ihn als „Diktator“ zu bezeichnen, ist dann doch wohl hanebüchen. Bei aller Kritik an der lagerübergreifenden „Manifest Destiny“-Doktrin der USA im Allgemeinen und der Politik der Trump-Administration im Besonderen, die Check-and-Balance-Architektur der Amerikanischen Verfassungen des Bundes wie der Einzelstaaten sorgt dafür, daß kein Präsident letztlich gegen den substantiellen Willen der Wählermehrheit und noch weniger gegen denjenigen des Dark State und der Wallstreet als „Diktator“ im semantisch korrekten Sinne des Wortes regieren kann. Man sollte also auch bei der Trump-Kritik die Kirche im Dorf lassen.

  • 2020 wird die nächste US-Präsidentschaftswahl unter dem Motto: "Wer ist das kleinere Übel?"



    Das wird langsam zur Tradition.