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Pränataltests auf das DownsyndromTrügerischer Bluttest

Seit Juli zahlen die Krankenkassen einen Pränataltest auf das Downsyndrom. Welche Folgen hat das für die Schwangeren?

Die von der Kasse bezahlten Bluttests werden von vielen Frauen in Anspruch genommen Foto: Andrew Brookes/picture alliance

Bremen taz | Seit Juli zahlen die gesetzlichen Krankenversicherungen die Kosten des nichtinvasiven Pränataltests (Nipt) auf das Downsyndrom. Er wird seit zehn Jahren in Deutschland angeboten und musste bisher selbst bezahlt werden. Jetzt scheint sich zu bewahrheiten, wovor nicht nur Behindertenverbände, sondern auch Prä­na­tal­dia­gnos­ti­ke­r:in­nen im Vorfeld gewarnt hatten: Der Test wird reihenweise angewendet, ohne ausreichende Aufklärung über die Risiken.

Welt-Down-Syndrom-Tag

Der Welt-Down-Syndrom-Tag wird jährlich am 21. März begangen. Die Vereinten Nationen hatten den Welttag im Jahr 2011 ausgerufen. Das Datum greift symbolisch die Tatsache auf, dass bei Personen mit Down-Syndrom das Chromosom Nr. 21 dreimal vorkommt.

Der Nipt, bei dem das Blut der Schwangeren untersucht wird, kann zwar die Trisomie 21 (Downsyndrom) mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Aber in 30 Prozent der Fälle gibt es ein falsch-positives Ergebnis. Je jünger die schwangere Person, desto höher das Risiko für eine Falschaussage. Das war vor der Kassenzulassung bekannt und steht auch in der Broschüre des Gemeinsamen Bundesausschuss für Patientinnen, die aber offenbar zu selten gelesen oder verstanden wird.

„Viele hören von der hohen Falsch-positiv-Rate zum ersten Mal, wenn sie bei uns sind“, sagt Birgit Völlmecke, die als Ärztin in einer von zwei großen Praxen für Pränataldiagnostik in Bremen arbeitet. Dahin werden Schwangere überwiesen, wenn ihre Gy­nä­ko­lo­g:in einen auffälligen Befund im Spezial-Ultraschall abklären lassen will. Völlmecke hat im Januar an einem Austausch zum Nipt teilgenommen, organisiert vom Bremer Landesbehindertenbeauftragen und der Landesfrauenbeauftragten. Die Teilnehmenden waren sich einig, heißt es in einem Protokoll, dass Schwangeren selten klar sei, wann der Test sinnvoll ist.

„In der Beratung lassen sich viele überzeugen, ihn nicht grundlos zu machen, einfach nur weil er ‚umsonst‘ ist“, sagt die Ärztin Völlmecke. Denn um sicher zu wissen, ob tatsächlich eine Trisomie 21 – die Trisomien 13 und 18 sind im Ultraschall viel auffälliger – vorliegt, muss in der Regel das Fruchtwasser untersucht werden oder ein Teil der Plazenta. Dies geschieht mittels Punktion der Bauch­decke und birgt ein Fehlgeburtsrisiko von 0,5 bis 1 Prozent.

Die Zahl solcher invasiven Untersuchungen sollte der Nipt eigentlich senken, lautete das Versprechen der Pharma­unternehmen. Doch nach den Erfahrungen aus Bremen ist das Gegenteil eingetreten. „Wir machen das nun häufiger – aufgrund des positiven Nipt“, sagt Völlmecke. Dies bestätigen auch Kol­­le­g:in­nen aus Bremen, Hannover und Münster. Konkrete Zahlen können sie nicht nennen, zumal es sich jeweils um kleine Mengen handelt. Auch die Krankenversicherungen haben noch keine Auswertung.

Späte Abbrüche

Es gibt ein weiteres Problem mit dem Test. Denn dieser würde von vielen Schwangeren so verstanden, dass er ihnen eine Aussage darüber liefert, ob ihr Kind gesund sein wird, sagt die Pränataldiagnostikerin Völlmecke. „Nach dem Motto ‚Das ist ein moderner Bluttest, den mach ich mal und dann weiß ich Bescheid.‘“

Dabei kann dieser ausschließlich etwas über Chromosomen-Aberrationen sagen, die nur etwa 5 Prozent aller Fehlbildungen ausmachen. Das führt nach Beobachtung der Prä­na­tal­dia­gnos­ti­ke­r:in­nen dazu, dass Schwangere auf weitere Diagnostik in der Frühschwangerschaft verzichten – und nicht alle Gy­nä­ko­lo­g:in­nen sie darauf hinweisen, dass der Nipt nur etwas über Trisomien aussagt.

In der Folge werden weitere Fehlbildungen des Skeletts oder der Organe erst bei späteren Ultraschall-Untersuchungen um die 20. Woche erkannt. „Dann hat das Kind vielleicht kein Downsyndrom, aber es fehlt das Gehirn“, bringt es ein Arzt drastisch auf den Punkt.

„Wir sehen jetzt häufiger Frauen erst zu einem sehr späten Zeitpunkt in der Schwangerschaft“, sagt Pränatal­diagnostikerin Völlmecke – eine Beobachtung, die auch andere Kol­le­g:in­nen machen. Das bedeutet, dass auch die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch sehr spät fällt, unter Umständen erst nach der 24. Schwangerschaftswoche, wenn das Kind außerhalb des Mutterleib mit medizinischer Hilfe lebensfähig wäre und vor der Geburt mit einer Kaliumchloridspritze ins Herz getötet wird.

In der Statistik bildet sich das noch nicht ab. Im dritten Quartal 2022 gab es sogar weniger dieser ganz späten Abbrüche als im Vorjahreszeitraum.

Der Test an sich sei nicht das Problem, sagt Völlmecke. So könne er nach einem auffälligen Ultraschallbefund zunächst anstelle einer Fruchtwasseruntersuchung eingesetzt werden, um eine Trisomie 21 auszuschließen. Aber dadurch, dass die Kassen ihn finanzieren, würde suggeriert, er wäre ein geeignetes diagnostisches Instrument.

Besser wäre es, wenn die Kassen stattdessen wie in anderen Ländern eine Organdiagnostik per Ultraschall am Ende des ersten Trimenons finanzieren würden, um auch andere Fehlbildungen erkennen zu können. Die Kosten liegen etwa gleich hoch. „So würde auch nicht die Botschaft transportiert, das Downsyndrom sei das Riesenproblem, das unbedingt ausgeschlossen werden muss.“

Ob der Nipt dazu führen wird, dass noch weniger Kinder mit dem Downsyndrom zur Welt kommen werden als bisher, ist unklar. Denn auch vor der Kassenzulassung wurde schon nach der Trisomie 21 gesucht, vor allem bei Schwangeren über 35, da das Risiko mit zunehmendem Alter der Mutter steigt. Durchschnittlich weisen hierzulande 0,2 Prozent aller Föten eine Trisomie 21 auf. Bei 800.000 Schwangerschaften – jährlich werden etwa 700.000 Kinder in Deutschland geboren und 100.000 Schwangerschaften abgebrochen – würden also 1.600 Kinder mit Downsyndrom geboren.

Systematische Abbruch-Anlayse gibt es nicht

Nach einer älteren britischen Studie werden bis zu 90 Prozent aller Schwangerschaften bei einem bestätigten Verdacht auf eine Trisomie abgebrochen. Eine systematische Analyse, wie viele Schwangerschaften aufgrund dieser Diagnose abgebrochen werden, gibt es in Deutschland nicht. Nach dem Fehlbildungsregister Sachsen-Anhalt wurde das Downsyndrom im Jahr 2021 35 Mal nachgewiesen, in 19 Fällen wurde die Schwangerschaft abgebrochen.

Auch die verfügbaren Zahlen des Statistischen Bundesamts liefern keinen eindeutigen Anhaltspunkt für einen Zusammenhang zwischen dem Nipt und Schwangerschaftsabbrüchen. Zwar gab es im 3. Quartal 2022 – also dem Vierteljahr nach Kassenzulassung – 16,7 Prozent mehr Schwangerschaftsabbrüche als im Vergleichszeitraum 2021. In absoluten Zahlen: 3.785 Abbrüche mehr. Aber zum einen waren im ganzen Jahr 2021 die Abtreibungen überdurchschnittlich gesunken. Zum anderen waren es auch im ersten und zweiten Quartal 2022 mehr als im Vergleichszeitraum.

Der Bluttest allein kann für den Anstieg nicht verantwortlich sein. Denn die Abbrüche haben auch vor der vollendeten 10. Schwangerschaftswoche zugenommen, also zu einem Zeitpunkt, an dem in Ausnahmefällen gerade einmal das erste Test­ergebnis vorliegt, da der Nipt erst ab Beginn der zehnten Woche aussagekräftig ist.

Um Klarheit zu schaffen, will das Bundesland Bremen – aufgescheucht durch die Einschätzungen der Fachleute – die Bundesregierung auffordern, ein Monitoring zu den Folgen des Tests einzuführen, um belastbare Daten zu haben. Zudem solle ein Ex­per­t:in­nen­gre­mi­um „die rechtlichen, ethischen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung des Nipt“ prüfen. Einen entsprechende Bundesratsinitiative will das Bremer Landesparlament diese Woche mit den Stimmen von SPD, Grünen, Linken, CDU und FDP auf den Weg bringen. Einen Tag nach dem Welt-Downsyndrom-Tag am Dienstag.

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21 Kommentare

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  • Die zunehmenden Pränataltests machen mir grundsätzlich bedenken. Was ist denn wenn wir in Zukunft auch feststellen können ob ein Kind möglicherweise homosexuell oder transsexuell wird? Ob es vielleicht einen niedrigen IQ haben wird? Ob es kränklich wird? Undsoweiter?



    Werden wir dann eine Gesellschaft von heterosexuellen markellosen hochintelligenten Menschen die aussehen als kämen sie alle vom Laufband aus einer Fabrik? Mir grauts davor.

  • "... nicht routinemäßig durchgeführt werden, sondern kann bei besonderen Risiken ... Auffälligkeiten ...in Frage kommen"



    Danke für die Klarstellung.

    Ich hatte das (mit) als "medizinische Notwendigkeit" verstanden.

  • "Der Nipt, bei dem das Blut der Schwangeren untersucht wird, kann zwar die Trisomie 21 (Downsyndrom) mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Aber in 30 Prozent der Fälle gibt es ein falsch-positives Ergebnis."

    Diese Formulierung finde ich sehr problematisch, da sie auf den ersten Blick den Eindruck vermittelt, dass 30% aller Testergebnisse falsch-positiv ausfallen, während sich der Wert von 30% in Wirklichkeit auf den Anteil der falsch-positiven an den wenigen positiven Ergebnissen bezieht. Da ein positives Ergebnis insgesamt sehr selten ist, liegt die Gesamtwahrscheinlichkeit einer schwangeren Frau, Opfer eines falsch-positiven Ergebnisses zu werden, bei gerade mal 0,05%.

    • @Daniel Hartmann:

      Heißt konkret, jede 2.000 Schwangere ist davon betroffen = 400 Kinder pro Jahr.

      • @Horst Flugfeld:

        Deswegen kann für die Erzielung eines eindeutigen Befundes jedes positive Testergebnis durch eine Fruchtwasseruntersuchung abgeklärt werden. Es ist nicht vetpflichtend sich testen zu lassen oder gar die Schwangerschaft nach einem positiven Test abzubrechen. Hinzuzufügen ist noch,dass es sich um Embryonen handelt.

  • Ich halte diese Art der Pränataldiagnostik für fundamental unethisch. Wenn diese Tests frei zur Verfügung stehen, braucht man sich nicht zu wundern, wenn trotz aller Inklusionsvorgaben und Behindertenrechtskonventionen das Leben für Eltern von Kindern mit Down-Syndrom eher schwieriger wird, weil ein Rechtfertigungsdruck für etwas entsteht, was selbstverständlich sein sollte.

  • Der Test muss doch sicher vom Arzt verordnet werden wie andere Laboruntersuchungen auch.

    Also nach medizinischer Notwendigkeit.

    Und da liegt der Hase im Pfeffer.

    • @Bolzkopf:

      Medizinische Notwendigkeit ist keine Voraussetzung für den Test; ohne Test kann man ja schwerlich feststellen, ob der Test "notwendig" ist. In der gesetzlichen Krankenversicherung gelten die Mutterschafts-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ( www.g-ba.de/downlo..._iK-2022-01-01.pdf ). Danach soll der Test nicht routinemäßig durchgeführt werden, sondern kann bei besonderen Risiken oder zur Abklärung von Auffälligkeiten im Einzelfall "in Frage kommen" (Buchstabe B Nr. 3 Absatz 1 der Richtlinien).

      So die Theorie. Wie viele Gynäkologen in der Praxis den Schwangeren, die den Test unbedingt machen wollen, dies verweigern, weil die o. g. Voraussetzungen nicht erfüllt seien, ist freilich eine andere Frage.

  • Die Informationen auf der Website der hier zitierten Ärztin Fr. Völlmecke sind übrigens falsch. Die von ihr genannten Voraussetzungen sind durch die aktuelle Mutterschaftsrichtlinie nur noch theoretisch gültig. In der Praxis kann auch eine 20 Jährige ohne erhöhtes Risiko das Screening bekommen. Vorraussetzung ist, dass die Schwangere dementsprechend beraten wurde und der Arzt der Untersuchung zustimmt. Das muss er nicht, kann er aber. In dem Fall ist es völlig unerheblich ob irgendwelche Kriterien erfüllt werden.

  • Was für ein tendenziöser Artikel! Es handelt sich mitnichten um einen Test auf das Downsyndrom. Das Screening auf Trisomie 21 ist nur ein Teil des Verfahrens und kann bei Inanspruchnahme von den Schwangeren auch rausgenommen werden. Dies ist im GenDG eindeutig geregelt. Keine Schwangere die dies nicht möchte muss durch diesen Test erfahren ob bei dem ungeborenen Kind eine Trisomie 21 vorliegt.



    Für die 30% Falsch-Positiven hätte ich gerne eine Quelle: die Zahl ist vollkommen falsch, zumindest wenn man alle Altersgruppen betrachtet.

  • Ist es nicht vollkommen irrelevant, warum ein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen wird ?



    Entweder man ist für ein liberales Abtreibungsrecht, bei dem die Frau alleine die Entscheidungsgewalt hat.



    Oder man ist für staatliche Repression.



    Aber ein Abbruch wegen Trisomie 21 ist genau so legitim wie jeder andere Grund.

    • @Don Geraldo:

      Inzwischen gibt es aber durch die neue Diagnostik immer weniger Menschen mit Trisonomie21. Wir haben ein solches Kind in der Verwandschaft. Es gibt inzwischen bereits Blicke in Restaurants in denen das "Warum wurde nicht abgetrieben" relativ deutlich rüberkommt. Menschen mit Trisonomie21 können ein glückliches und erfülltes Leben führen. Die Pränataldiagnostik in dem Bereich ist dann aber zu über 90% ein Todesurteil. Natürlich soll es aber im Endeffekt jede Frau selbst entscheiden können. Ungeborenes Leben allerdings ausschließlich wegen möglicher genetischer Vorbelastung auszusortieren öffnet bei der stetig voranschreitenden Diagnostik die Büchse der Pandora.



      Weltweit beispielsweise ist der mit Abstand häufigste Abtreibungsgrund das weibliche Geschlecht des Kindes. Halten Sie das ebenfalls für einen legitimen Grund?

      • @Šarru-kīnu:

        1. Die berüchtigten Blicke (und Sprüche) gab es früher auch schon. Es gibt ja schon seit vielen Jahrzehnten die kassenfinanzierte Fruchtwasseruntersuchung, über die sich niemand aufregt.

        2. Der wirkliche Grund für eine Abtreibung wegen Trisomie 21 dürfte ohnehin nicht behindertenfeindlicher sozialer Druck sein, sondern die Befürchtung der betroffenen Frauen, jahrzehntelang ein behindertes und hochgradig krankheitsanfälliges Kind pflegen zu müssen. Und die Wahrscheinlichkeit hierfür ist recht hoch, wenn sie auch nicht bei 100 % liegt.

        3. Nach geltendem Abtreibungsrecht muss ein Schwangerschaftsabbruch nach Beratung bis zur 12. Schwangerschaftswoche nicht begründet werden. In der Zeit danach ist eine mögliche Behinderung des Kindes formell ebenfalls kein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch, sondern nur indirekt: Nach § 218a Absatz 2 StGB ist der ärztlich vorgenommene Abbruch nicht rechtswidrig, wenn er "nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann." In der Praxis kann der Abbruch im Falle einer Behinderung des Kindes auf diesen Grund gestützt werden. Das Geschlecht des Kindes ist nach dieser Regelung aber kein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch.

        4. Wieso ist es ein Argument gegen den Test, dass es weniger Menschen mit Trisomie 21 gibt als früher? Ist denn eine höhere Häufigkeit von Trisomie 21 per se erstrebenswert? Bei Maßnahmen, die z. B. gegen Adipositas gerichtet sind (wie das von Özdemir geplante Verbot der an Kinder und Jugendliche gerichteten Werbung für Süßigkeiten), macht sich niemand Sorgen, dass es dann vielleicht bald kaum noch dicke Menschen geben werde. Nur bei Abtreibungen werden Menschen mit bestimmten Krankheiten oder Behinderungen oft ähnlich angesehen wie eine vom Aussterben bedrohte Art.

        • @Budzylein:

          Je weniger Menschen mit Trisonomie 21 es im Alltag gibt umso weniger sind andere Menschen bereit Einschränkungen aus Rücksicht auf die Betroffenen zu akzeptieren. Wir kommen doch gerade aus einer Pandemie als ein nicht kleiner Teil der Bevölkerung hier Willens war, die Schwächsten der Gesellschaft ohne mit der Wimper zu zucken zu opfern.



          Uns haben die Ärzte das Geschlecht der Kinder immer erst nach der Frist gesagt, weil wenn es vorher genannt wird es öfter zu Abtreibungen kommt bei Mädchen. In vielen Teilen der Welt ist das auch immer noch der häufigste Abtreibungsgrund. Allein in Indien und China betrifft das Millionen jedes Jahr.

          • @Šarru-kīnu:

            Und umgekehrt versucht eine Minderheit der Mehrheitsgesellschaft ihre eigene (Moral)vorstellung "aufzudrücken". Sollte man der Mehrheit die Möglichkeit des "Wissens" nehmen nur damit sich eine Minderheit "besser" fühlt?

          • @Šarru-kīnu:

            Meinen Sie ernsthaft, die Gesellschaft werde dadurch humanisiert, dass es mehr Kranke und Behinderte gibt? Behinderte sind Menschen und keine Anschauungsobjekte. Sie sind nicht dazu da, die Nichtbehinderten zu besseren Menschen zu machen.

            Und: Nach Ihrer Logik könnte man auch Contergan wieder als Beruhigungsmittel für Schwangere zulassen, damit die bereits vorhandenen Contergan-Geschädigten nicht so allein sind. Und wenn es eine Therapie gegen Trisomie 21 (nicht "Trisonomie", wie Sie immer schreiben) oder deren Folgen gäbe, müsste man nach dieser Logik den Betroffenen diese Therapie vorenthalten, damit die Nichtbehinderten weiter lernen können, im Alltag Rücksicht zu nehmen. Das ist doch abwegig.

            • @Budzylein:

              Ich empfehle mal die Doku Tod der Downs über die Situation in Dänemark. Dort machen etwa 97% der Mütter die pränatale Diagnostik. Bei 95% der möglichen Verdachtsfälle wird dann abgetrieben. Im Ergebnis werden inzwischen kaum noch solche Menschen geboren. Wir haben es also mit einer Eliminierung einer ganzen Gruppe zu tun. Wenn es kaum noch Behinderte gibt, warum sollten wir dann noch spezielle Einrichtungen und Angebote für Behinderte haben? In Amerika wird bereits offen diskutiert die pränatale Diagnostik verpflichtend zu machen um Folgekosten in der Gesundheitsbehandlung behinderter Menschen zu sparen. Wie lernen Kinder Rücksichtnahme und den Umgang mit Betroffenen wenn sie nie auf welche treffen? Wird es auch hier bald einen Rechtfertigungsdruck für Eltern geben die sich für das Leben entscheiden?

      • @Šarru-kīnu:

        Die Blicke dieser Menschen sind das allerletzte.

        Wir standen Gott sei Dank nicht vor dieser Entscheidung, wir hätten ein behindertes Kind nicht bekommen. Das mögen Sie verurteilen oder es nicht.

        Ich denke, ein behindertes Kind verlangt von allen viel mehr ab, Beziehungen scheitern, Geschwisterkinder werden vernachlässigt,… Dies geschieht wohl kaum, wenn das Kind nur das „falsche“ Geschlecht hat.

        Schauen Sie mal Tim Mälzer „zum Schwarzwälder Hirsch“. Diese Reihe empfand ich als sehr ehrlich, nicht beschönigend.

        Und mir ist durchaus klar, dass viele Behinderungen erst im Laufe des Lebens auftreten.

        Eine Bekannte hat zwei Kinder mit Chorea Huntington, für sie wäre es ein Segen gewesen, sie hätte es vorher gewusst und die Schwangerschaften abbrechen können.

        • @KeineHeldin:

          Ich urteile nicht und jede Frau soll frei entscheiden. Die Diagnostik führt aber im Ergebnis zum Verschwinden dieser Menschen. Je weniger die "Normalen" aber im Alltag Kontakt zu Menschen mit Einschränkungen haben umso weniger Akzeptanz gibt es dann auch.

      • @Šarru-kīnu:

        Das sehe ich genauso. Man muss sich auch fragen, was in Zukunft noch alles "selektiert" werden soll. Vermutlich wäre ich (mit LKG-Spalte) von manchen auch abgetrieben worden. Ich, alt, hatte aber ein schönes und erfülltes Leben.

        • @resto:

          Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist aber in Deutschland keine Indikation für einen Abbruch und wird auch nicht durch eine genetische Testung identifiziert. Wenn, dann schon eher durch eine Feinultraschalluntersuchung.



          Soll man das jetzt vielleicht verbieten? Ich weis auch nicht was der Begriff "Selektion" hier soll, oder wollen Sie einfach nur Paare polemisch diffamieren die ein solche Screening Methode nutzen?